Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene
Drogen und S e x und all d e n anderen sünd i gen Dingen, von den e n m a n mit z w a nz i g nicht g e nug bek o mm e n kann. A ber nun fand i c h die Stadt selts a m e r m üd e nd. Die Amste r da m er sind ihrer traditionell e n T oleranz treu geblieben, w i e L e ute, die e i ne politische Hal t ung ann e hm e n und sie dann ihr Leb e n l a ng verteidigen, e gal w i e unhaltbar sie i m L a ufe der Zeit g e w orden i st. Weil sie sich selbst seit Jah r hunderten zu i hrer intell i g e nt e n T oleranz beglück w ünsch e n, können sie nun ni c ht anders, als sich Gr a ffiti und ausgebrannten Hippies und Hundescheiße und Mü l l g e g e nüber großmüt i g und nachsi c ht i g z u verhalten. Es ist na t ürlich m ö gli c h, daß ich die Situation völl i g fa l sch eins c hätze. Viellei c ht m ö g e n sie Hundesch e iße und Müll. Jedenfal l s hoffe ich das für sie, denn sie haben w i r kli c h m e hr als genug davon. Von Zeit z u Zeit k a m i c h a n e i n e m dringend reparaturbedürft i gen Haus vorbei, das mit Balk e n abges t ützt w erd e n mußte. A msterd a m w urde auf Sum p fland erbaut, und es i st e ine ni c ht e nden w oll e nde Aufgabe, die Häuser an den G rachten davor zu b e w a hren, i m Morast zu vers i nken. Der Bruder m e ines Koll e gen bei der Times hatte an einer der kleineren Gra c hten ein Haus g e kauft und mußte, nachd e m er eingezog e n w ar, fes t stell e n, daß die P fähle, auf denen man es vor 300 Jahren errichtet hatte, f a st w egg e fault w ar e n. D a s H a us versank so s c hne l l i m Schl a mm, d a ß sich inne r halb kürzester Zeit ein Stock w erk na c h d e m a nderen in e i n Ke ll ergeschoß ve r w a n d elt hätte. Ein m e hrere T onnen sch w eres Bau w e r k m i t n e uen P fählen abzus t ützen ist e i n w a hres Kuns t stü c k, das ihn s c hlie ß lich fast doppelt so teuer zu steh e n k a m w ie der Kauf des Hauses. Das liegt nun e t w a z w a nzig Jahre zurück, und noch i mmer k a nn sich der Bruder m e i nes Koll e g e n vor lauter Schuld e n keine n e u e n So c ken leist e n.
Ve r m utli c h hab e n die B e w o hner z a hlloser H ä user überall in der Stadt diese Erfahrung g e m a cht, so daß die gut e n Amsterda m er unsere B e w underung verdien e n, w eil sie e s g e sch a fft hab e n, daß ihre Häuser no c h i mmer steh e n, und vor all e m w e i l sie dafür s o rgen, daß die Straßen entlang der Grachten Wohngebiete bl e iben. In Großbritannien hätt e n sich i n den Erdg e schoss e n längst Kebab-Läden breitg e ma c ht oder Bausparkass e n oder ch e mis c he Reinigung e n, und a lle hätt e n sie ries e ngroße Fenster, als würde si c h irgend je m and dafür interess i eren, w a s i m Inneren e i ner Rein i gung oder einer Bausparkasse vor sich g e ht. D a her rechne i c h es d e n Holländern hoch a n, daß sie ihre s c hönst e n Straßen e r hal t en, d a mit die Mens c hen darin w o hn e n.
T rifft m a n dann j edoch auf e ine der un r ühmli c h e n A usnah m e n, ist der Unmut um so größer. A l s i c h das E nde des Ni e u w ezi j ds Voorburg w al errei c ht ha t te, erhob sich dort, w o einst e i n prächtig e s Giebelhaus gest a nden hab e n muß, ein n e ues Holid a y I nn. Das Bau w e r k w ar so häßli c h, so nichtssag e nd, so plump, daß i c h abrupt steh e nblieb und es ungl ä ub i g anstarrte. A lles a n dies e m Bau w ar billig und e i nfallslos - die k a stenart i ge B a u w eise, die ka c kbraun e n Zi e ge l steine, die leer e n, star r enden F e nster, das Vordach aus A c r yl über d e m Eing a ng, die grünen P last i ks c hilder, die an den Außen w ä nden a ngebracht e n K a m eras, die j eden P assant e n unter die Lupe n a h m e n. Es sah a us w ie ein P arkh a us. M a n hatte sich nicht die geringste Mühe gegeb e n, d e m Gebäude w e n i gst e ns ein e n H auch von Stil zu verle i hen.
In der U m ge b ung e i nes F l ugh a f e ns w äre e i n solcher B au s c hon ärgerlich g e nug, aber dies e r Klotz st a nd i m Herzen einer der großartigst e n Städte Europas, in e i ner Straße, die ansonst e n nur von schön e n P atrizierh ä use r n ges ä umt w ar. Wie kann e in A rchi t ekt dur c h eine solche Stadt laufen und gl a uben, ein so ges c hmackloses Bau w e r k dort hinsetz e n z u dürfen? Weshalb lassen die Behörden so e t w a s zu? Wie kann j e m a nd darin schl a f e n? Ich ertappte m i ch dabei, w ie ich mich sprachlos na c h den anderen P assanten um w a ndte, als w ollte ich sag e n
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