Streit Ist Auch Keine Loesung
planen den kommenden Tag. Sie erledigen zusammen den Einkauf. Markus kocht Ines einen Tee, den er ihr bringt, während sie die Zeitung liest. Sie küssen sich öfter, nehmen sich in den Arm. Ihren Konflikt aber besprechen sie nicht.
Signalisieren Sie Zusammengehörigkeit.
Zur Tagesordnung überzugehen, das bedeutet nicht, still nebeneinanderher zu leben oder gar grummelnd vor sich hinzubrüten. Gemeint sind vielmehr konkrete Schritte, sich dem anderen im Alltag wieder zuzuwenden oder dem anderen durch Gesten der Zuwendung Zusammengehörigkeit zu signalisieren. Das stärkt das Bindungsgefühlund senkt die Ängste vor einer Trennung. Worüber freut sich Ihr Partner oder Ihre Partnerin? Was könnten Sie für ihn oder für sie tun? Was zählt, sind alltägliche Zuwendungen, nicht die Größe der Versöhnungsgeste mit roten Rosen oder gar Diamantringen. Etwas kochen, das er gerne isst. Ihr den Einkauf abnehmen. Ihm über den Rücken streicheln. Ihr ein Kompliment machen.
Nach einem Streit zur Tagesordnung überzugehen – ein solches Vorgehen bringt das Blut eines jeden Kommunikationsexperten in Wallung. „Aber zunächst müssen die beiden doch miteinander reden!“, sagen sie. „Aber wozu denn das?“, halte ich dagegen. Glauben Sie mir: Zur Tagesordnung überzugehen ist ein Vorgehen, das sich in der Praxis bestens bewährt hat.
Markus und Ines machen das schon seit Jahren so. Am nächsten Tag oder einige Tage darauf reden sie dann oft auch über den Streit und versuchen sich zu einigen. Oft. Aber beileibe nicht immer. Manchmal lassen Ines und Markus den Streit auch einfach Streit sein – und wenden sich den angenehmen Seiten ihrer Beziehung zu. Was ich für eine ausgesprochen gute Idee halte. Das hat mit den physiologischen, also körperlichen, Folgen zu tun, die das Sich-einander-Zuwenden, das Sich-Entschuldigen, die Berührungen und die Blicke nach sich ziehen. Und diese körperlichen Auswirkungen wollen wir uns jetzt einmal näher anschauen.
Die Physiologieder Versöhnung
Ob Sie sich nach einem Streit nun für eine Entschuldigung entscheiden oder dafür, zur Tagesordnung überzugehen, meinetwegen auch für beides – beide Vorgehensweisen sind deshalb so wirksam, weil sie sich im Einklang mit der menschlichen Biologiebefinden. Die gute Stimmung, die sowohl das eine als auch das andere hervorruft, geht nämlich mit körperlichen Veränderungen einher.
Wer sich gestritten hat, der hat eine hohe Dosis an Stresshormonen im Blut, die ihn unter Anspannung setzen und wenig versöhnungsbereit machen. Das ist der entscheidende Grund, weshalb Gespräche direkt nach einem Streit oft nicht viel bringen. Der Körper beruhigt sich anschließend nur langsam wieder. Hinzu kommt: Die Erinnerung an die gerade erlebte Auseinandersetzung vermag den Strom der Stresshormone immer wieder in Gang zu bringen.
Positive Zuwendung als Stresskiller
Was passiert nun, wenn wir uns entschuldigen, wenn Gesten der Versöhnung, Augenkontakt und Berührungen einsetzen? All dies setzt einen wahren Engelskreis in Gang, eine positive Aufwärtsspirale, bei der ein positives Gefühl unmittelbar das nächste nach sich zieht. So wie der Streit ein Paar immer weiter auseinandertreibt, je länger er dauert – ein echter Teufelskreis eben –, so wirken positive Zuwendungen auch körperlich als Stresskillerund damit als Liebesgarant. Sie setzen im Körper eine völlig andere Dynamik in Gang. Der Körper produziert nun Oxytocin, das auch gerne als Bindungshormon bezeichnet wird. Denn es kommt immer wieder ins Spiel, wenn menschliche Nähe behagliche Gefühle erzeugt. Oxytocin ist mit von der Partie, wenn eine Mutter ihr Neugeborenes stillt. Und Oxytocin strömt durch unsere Adern, wenn wir eine Liebesbeziehung eingehen.
Der Körper, genauer gesagt unser Gehirn, produziert Oxytocin schon bei nonverbalen Annäherungen wie Blicken, Berührungen und Umarmungen. Er tut es bei Zuwendungen durch den Partner. Deshalb läuft es nach einem Streit auch dann schon deutlich besser, wenn die Partner anfangen, sich wieder in die Augen zu sehen, sich anzufassen oder in den Arm zu nehmen.
Wir fühlen uns mit dem Partner wieder besser, verhalten uns zugewandter – was die Ausschüttung von Oxytocin durch die Hirnanhangsdrüse, die Hypophyse, erhöht. Die positive Grundstimmung sorgt für noch mehr Gesten der Zuwendung – was die Ausschüttung von Oxytocin wiederum erhöht. Immer nur in kleinen, aber doch spürbaren Mengen. Und ehe wir uns versehen, sind wir wieder
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