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Streng vertraulich

Streng vertraulich

Titel: Streng vertraulich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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die Weißen benehmen muß, als hätte er jemals eine Chance gehabt, ‘n kleiner Neger aus dem Ghetto. Hat versucht, mir mit einem Unterlassungsurteil zu kommen. Mir! Sollte mich von meinem eigenen Kind fernhalten, damit sie ihm den ganzen Scheiß über den amerikanischen Traum eintrichtern konnte. Schwachsinn. Für einen Nigger ist der amerikanische Traum, wenn ein Playboybild in der Zelle hängt. Ein Schwarzer ist in dieser Welt doch nur was, wenn er gut singen oder tanzen kann oder den Football weit wirft, damit ihr Weißen glücklich seid.« Er nahm noch einen Zug aus der Pfeife. »Ihr guckt euch nur gerne Nigger an, wenn ihr im Publikum sitzt. Und Jenna, die dumme Kuh, will meinem Jungen diesen ganzen Schwachsinn eintrichtern, daß Gott für uns sorgt. Scheiß drauf. Der Mensch macht in dieser Welt, was er will, und das war’s. Da sitzt oben kein Buchhalter und macht sich Notizen, egal, was die Priester sagen.« Er schlug sich mit der Pfeife kräftig gegen das Bein, so daß die Asche und das Harz herausfielen, sein Kopf war rot. »Los komm, Kenzie, gib mir den Scheiß, dann läßt Roland dich in Ruhe. Ich auch.«
Das bezweifelte ich. Socia würde mich erst in Ruhe lassen, wenn er in Sicherheit war, falls das jemals der Fall sein würde. Dann würde er anfangen, über all die Leute nachzudenken, die etwas gegen ihn in der Hand hatten, die ihn betteln gesehen hatten. Und er würde uns alle auslöschen, um seine Illusion von sich selbst zu bewahren.
Ich sah ihn an und konnte mich noch immer nicht zu der Entscheidung durchringen, daß ich keine andere Möglichkeit hatte, als sein Angebot anzunehmen. Er starrte zurück. Eugene trat einen Schritt von ihm weg, einen kleinen nur, mit der rechten Hand kratzte er sich auf dem Rücken.
»Los komm, gib sie her!«
Ich hatte keine Wahl. Roland würde mich auf jeden Fall kaltmachen, wenn ich es nicht tat. Ich griff mit der freien Hand in die Tasche und zog den Papierordner hervor.
Socia beugte sich leicht vor. Eugene kratzte sich noch immer mit der rechten Hand den Rücken, mit dem linken Fuß tippte er auf den Boden. Ich händigte Socia den Ordner aus, während Eugenes Fuß immer schneller auf und ab tippte.
Socia öffnete die Klammern und trat unter das Licht einer Straßenlaterne, um sein Handwerk zu begutachten. »Kopien«, bemerkte er.
»Stimmt. Die Originale bleiben bei mir.«
Er sah mich prüfend an, erkannte, daß es nichts zu verhandeln gab, und zuckte mit den Achseln.
Er sah sich eine Aufnahme nach der anderen an und ließ sich Zeit dabei, so als seien es alte Postkarten. Mehrere Male kicherte er vor sich hin.
Ich begann: »Socia, es gibt da etwas, das ich nicht verstehe.«
Er lächelte sein gespenstisches Lachen. »Du verstehst ‘ne Menge nicht, weißer Junge.«
»Na, was ich jetzt im Moment nicht verstehe.«
»Und das wäre?«
»Hast du die Fotos von einem Videofilm geschossen?«
Er schüttelte den Kopf. »Achtmillimeterfilm.«
»Wenn du also den Originalfilm hast, warum müssen die ganzen Leute dann sterben?«
Er lächelte. »Hab’ ich ja nicht.« Dann zuckte er mit den Achseln. »Das erste Haus, das Rolands Jungen hochgenommen haben, war eine Wohnung von mir auf der Warren Street. Sie haben eine Brandbombe reingeworfen, dachten, ich wäre drin. War ich aber nicht.«
»Aber der Film!«
Er nickte und sah sich dann wieder die kopierten Fotos an.
Eugene beugte sich vor und reckte den Hals, um einen Blick über Socias Schulter zu werfen. Seine rechte Hand war nun ganz hinter dem Rücken verschwunden, mit der linken kratzte er sich wütend die Hüfte. Sein dünner Körper zitterte, und ich nahm ein Summen aus seinem Mund wahr. Ich schätze, er merkte es gar nicht. Was auch immer er vorhatte, es stand jetzt nah bevor.
Flach atmend machte ich einen Schritt nach vorne.
Socia fragte: »Also, was hältst du davon? Der Junge hätte ein Filmstar werden können. Was, Eugene?«
Eugene handelte. Er schnellte nach vorne, stolperte fast dabei, und ließ die Hand mit einer Pistole hinter dem Rücken hervorkommen. Er riß den Arm hoch, doch stieß er damit gegen Socias Ellenbogen. Socia wandte sich ab, während ich einen Schritt auf die beiden zu machte, mich drehte und Eugene am Handgelenk packte, wobei ich ihm den Rücken zuwandte. Socias Knöchel drehte sich gegen das Pflaster. Er fiel zu Boden, und in der stillen, feuchten Luft knallte die Pistole zweimal los. Ich ließ meinen Ellenbogen nach hinten in Eugenes Gesicht schnellen und hörte Knochen krachen.
Socia kam wieder vom

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