Streng vertraulich
Boden. Sie drehte sich auf ihrem Stuhl um. »Wir sind Detektive, die einen ziemlich guten Draht zu den Bullen haben, und ich frage mich nur, warum wir den aufs Spiel setzen, indem wir ihnen nichts von den Beweisen in einem schlimmen Mordfall erzählen.«
»Was für Beweise?« Ich beugte mich vor und nahm den Ball auf.
»Das Bild von Socia und Paulson.«
»Das beweist gar nichts.«
»Das können sie ja entscheiden. Es war jedenfalls das letzte, was dir das Mordopfer gab, bevor es umgebracht wurde. Deshalb sind sie mit Sicherheit daran interessiert.«
»Und?«
»Und deshalb sollte diese Untersuchung zweigleisig laufen. Wir sollten ihnen sagen, daß wir uns Jennas Auto angucken wollen. Wir sollten die Bullen nach ihrem Nummernschild fragen und nicht den armen George die Computer bei der Meldestelle anzapfen lassen.«
»Und wenn sie die Beweise, die wir finden sollen, vor uns finden?«
»Dann werden sie sie an uns weiterreichen, sobald sie damit fertig sind.«
»Einfach so?«
»Einfach so.«
»Und wenn sie belastend sind? Wenn es den Interessen unserer Auftraggeber zuwiderläuft, daß die Polizei das sieht? Was ist dann? Was ist unser Büro dann noch wert? Wenn Mulkern gewollt hätte, daß die Polizei nach diesen ›Unterlagen‹ sucht, dann hätte Mulkern sich an sie gewandt. Statt dessen hat er uns beauftragt. Wir sind nicht der lange Arm des Gesetzes, Angie, wir sind Privatdetektive.«
»Ja, Scheiße, Sherlock. Aber…«
»Aber was? Was zum Teufel soll das jetzt? Du hörst dich an wie ein Anfänger!«
»Ich bin kein Scheißanfänger, Scooter. Ich finde nur, daß du deine Motive mit deiner Kollegin abstimmen solltest.«
»Meine Motive. Und was sind meine Motive, Ange?«
»Du willst nicht, daß die Polizei dabei mitmischt, weil du Angst hast, daß sie vielleicht nichts macht. Nicht weil du Angst hast, daß sie was Falsches macht. Du hast Angst, daß es so schlimm ist, wie Jenna gesagt hat, und daß jemand im State House den Hörer hochnimmt und die Beweise verschwinden läßt.«
Ich knetete den Schaumstoffball in meiner Hand. »Du willst sagen, daß meine Motive den Interessen unserer Auftraggeber entgegengesetzt sind?«
»Das hast du verdammt noch mal richtig verstanden. Wenn diese ›Unterlagen‹ so schlimm sind, wie Jenna sagte, wenn sie Paulson oder Mulkern belasten, was willst du dann machen? Hm?«
»Das wird sich zeigen.«
»Blödsinn, das wird sich zeigen. Blödsinn. Dieser Auftrag sollte eine halbe Stunde, nachdem wir Jenna in Wickham gefunden hatten, erledigt sein. Aber du wolltest dem Ganzen nachgehen, wolltest dich als Sozialarbeiter engagieren. Wir sind Privatdetektive. Vergessen? Keine Sitten Wächter. Unsere Aufgabe ist es, die Sachen, die zu finden wir beauftragt wurden, den Leuten zu überreichen, die uns damit beauftragt haben. Und wenn sie die Sache unter den Teppich kehren, wenn sie die Polizei bestechen, okay. Denn wir haben nichts mehr damit zu tun. Wir tun unsere Arbeit und werden dafür bezahlt. Und wenn…«
»Wart mal kurz…«
»… du das nicht tust, wenn das hier für dich mit Mulkern als Stellvertreter für deinen Vater eine Art privater Rachefeldzug gegen ihn wird, dann können wir uns von unserem Büro und unserer Partnerschaft verabschieden.«
Ich beugte mich vor und kam ihr ganz nahe. Ich fragte: »Mein Vater? Mein Scheißvater? Was hat der damit zu tun?«
»Er hat was damit zu tun. Er ist Mulkern, er ist Paulson, er ist jeder Politiker, den du mal kennengelernt hast, der dir die Hand schüttelt und dir mit der anderen Hand das Messer in den Rücken sticht. Er ist…«
»Red du nicht über meinen Vater, Angie.«
»Er ist tot«, schrie sie. »Tot. Und es tut mir leid, dir das zu sagen, aber das, was du mit ihm machen wolltest, hat der Lungenkrebs vor dir geschafft.«
Ich kam noch näher. »Bist du jetzt mein Psychiater, Ange?« Mein Gesicht war heiß, das Blut rauschte mir durch die Arme, kitzelte in den Fingern.
»Nein, ich bin nicht dein verdammter Psychiater, Patrick, und warum verpißt du dich nicht, verfluchte Scheiße?«
Ich bewegte mich nicht. Meine Wut war plötzlich verraucht, ich starrte sie an. Ihre Augen sprangen böse blitzend hin und her. Ich wehrte mich: »Nein, Angie, verpiß du dich jetzt, verdammt noch mal, und nimm deine Billigpsychologie und deine Meinung über meinen Vater mit. Vielleicht verkneife ich es mir dann auch, deine Beziehung zum Ehemann des Jahres zu analysieren, der dich so gut behandelt.«
Das Telefon klingelte.
Keiner von uns bewegte sich. Keiner von
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