Streng vertraulich
Brennpunkt Brooklyn gesehen. Ich schaute hinein - vielleicht auch nicht.
Angie tat dasselbe auf der Fahrerseite. Als sie sie entfernt hatte, stieß sie keine »Heureka«-Rufe aus, so daß sie wohl genauso erfolglos war wie ich. Wir suchten und suchten, bis plötzlich jemand sagte: »Sind die beiden nicht süß?«
Ich setzte mich auf, griff nach meiner Pistole und erblickte das Mädchen, das beim letzten Mal, als ich hier war, auf den Stufen vor dem Haus gesessen hatte. Neben ihr stand Jerome, sie hielten Händchen. Jerome fragte: »Roland schon kennengelernt?«
Ich setzte mich aufrecht. »Das Vergnügen hatte ich noch nicht.«
Jerome sah Angie an und schaute nicht wieder weg, er glotzte nicht, sondern guckte interessiert. »Was macht ihr verflucht noch mal im Auto von seiner Mutter?«
»Arbeiten.«
Seine Freundin zündete sich eine Zigarette an. Sie nahm einen Zug und blies den Rauch in meine Richtung. Ein breiter roter Ring vom Lippenstift erschien auf dem weißen Filter. Sie bemerkte: »Das ist der Typ, der bei Jenna war, als Curtis sie erschossen hat.«
Jerome erwiderte: »Ich weiß, Sheila. Verdammt.« Er sah mich an. »Du bist Detektiv, stimmt’s?«
Mein Blick wurde wieder auf Sheilas Zigarette gelenkt. Irgendwas daran irritierte mich, aber ich wußte noch nicht, was es war. Ich antwortete: »Ja, Jerome. Hab’ ‘ne Marke und so.«
»Besser als arbeiten«, gab er zurück.
Sheila nahm noch einen Zug von der Zigarette, wodurch knapp über dem ersten roten Ring ein zweiter erschien.
Angie setzte sich nun auch aufrecht und zündete sich ebenfalls eine an. Karzinogene Stadt.
Ich blickte Sheila an, dann Angie. »Ange«, begann ich.
»Ja?«
»Hat Jenna Lippenstift benutzt?«
Jerome sah uns mit einem zugekniffenen Auge an, die Arme hatte er vor der Brust verschränkt. Angie dachte drüber nach. Sie zog ein paarmal an der Zigarette und blies langsam den Rauch aus. Dann sagte sie: »Ja. Jetzt, wo du danach fragst. Nur ein bißchen, blasses Rosa, aber trotzdem.«
Ich zog den Aschenbecher auf. »Weißt du noch, welche Sorte sie geraucht hat?«
»Lights, glaube ich. Oder vielleicht Vantage. Auf jeden Fall welche mit einem weißen Filter.«
»Aber sie hatte doch erst vor kurzem wieder angefangen«, ergänzte ich und erinnerte mich an Jennas Beschwerde, daß sie zehn Jahre lang nicht geraucht hatte, bis sie damit durch die Ereignisse der letzten Wochen wieder begonnen hatte.
Die Zigaretten im Aschenbecher hatten gelbe Filter, auf denen sich keine Lippenstiftabdrücke befanden. Ich riß den Aschenbecher heraus und öffnete die Tür. »Gehst du bitte mal ‘nen Schritt zur Seite, Jerome?«
»Yes, Sir, zu Befehl, verstanden.«
»Ich habe ›bitte‹ gesagt, Jerome.«
Jerome und Sheila gingen zwei Schritte zur Seite. Ich entleerte den Ascher auf dem Bürgersteig. Jerome sagte: »Hey, Mann, einige von uns müssen hier leben.«
Im Aschehaufen blitzte ein Stück Metall. Ich bückte mich, schob die Asche beiseite und zog einen Schlüssel heraus. »Jetzt haben wir, was wir gesucht haben.«
Angie bemerkte: »Super«, und stieg aus.
Jerome meinte: »Glückwunsch. Und jetzt räum den Müll wieder weg, Mann.«
Ich hielt den Aschenbecher an die Kante des Bürgersteigs und fegte alles wieder rein. Dann legte ich ihn auf den Sitz, stieg aus, und sagte: »Du bist in Ordnung, Jerome.«
»Danke. Das gibt mir natürlich einen richtigen Kick, wenn mich ein Weißer in Ordnung findet.«
Ich lächelte, dann gingen wir wieder den Hügel hinauf.
Es war der Schlüssel zu einem Schließfach, Nummer 506. Konnte ein Schließfach auf dem Flughafen oder im Greyhoundbahnhof am Park Square sein oder im Amtrak Terminal in der South Station. Oder ein Schließfach in jedem beliebigen Busbahnhof in Springfield, Lowell, New Hampshire, Connecticut, Maine oder weiß Gott wo.
Angie fragte: »Also, was machen wir jetzt? Überall nachgucken?«
»Wir haben keine Wahl.«
»Das sind aber viele Schließfächer.«
»Sieh es einfach positiv.«
»Und wie?«
»Denk an all die Überstunden, die wir in Rechnung stellen können.«
Sie boxte mich, aber nicht so stark, wie ich erwartet hatte.
23_____
Wir hatten uns überlegt, erst am nächsten Morgen anzufangen. In diesem Staat gab es eine Menge Schließfächer, und wir brauchten all unsere Kräfte; im Moment liefen wir nur noch auf Reserve. Angie fuhr nach Hause, und Bubba folgte ihr. Ich schlief im Büro, da es komplizierter war, dort einzubrechen; Schritte in der leeren Kirche haben ein Echo wie Kanonendonner.
Während ich
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