Striptease: Roman (German Edition)
im Wagen fragte García, ob Shad nach Clewiston rüberfahren und sich eine Zuckerfabrik ansehen wolle. Shad erwiderte, daran habe er nicht das geringste Interesse.
»Aber danach würde einiges für Sie mehr Sinn ergeben«, wandte García ein.«
»Sparen Sie sich den Sprit, und erzählen Sie mir alles während der Rückfahrt nach Lauderdale.«
»Weshalb so eilig?«
Shads Hals schwoll an. »Weil dieser verdammte kubanische Schädel im Kofferraum liegt!«
»Señor Goyo stammte aus Panama.«
»Auch das noch«, ächzte Shad.
Ein Sumpfhase hockte plötzlich mitten auf der Straße. Al García wich ihm aus, ohne zu bremsen. »Die Zuckerindustrie hat diesen Kongreßabgeordneten an den Eiern«, erklärte er. »Sie brauchen ihn in Washington, damit er alles für sie regelt. Wenn daher der dämliche kleine Killian mit einer Erpressung droht, werden die Helfer der Zuckerleute nervös. Sie verstehen?«
Shad deutete nach vorne und sagte: »Achtung, eine Radarfalle.«
García winkte ab. »Ich bin Polizist, haben Sie das vergessen?« Er blinkte mit den Scheinwerfern den State Trooper an, als sie vorüberrauschten. »Sie hören ja nicht mal zu«, sagte er zu Shad.
»Doch, tue ich. Zucker-Geld.«
»Killian stellt seine Forderung, die so seltsam ist, daß Dilbecks Leute wahrscheinlich fast einen Herzinfarkt bekamen. Er soll in einen Sorgerechtsfall eingreifen? Einem Richter auf die Zehen treten? Wir haben es wohl mit einem durchgedrehten Crackhead zu tun, denken sie. Also führt jemand – nicht Dilbeck, sondern jemand aus seiner nächsten Umgebung – ein Telefongespräch.«
»Und adieu Crackhead.«
»Richtig. Drei Erntearbeiter tauchen auf und holen sich Killian, wahrscheinlich direkt aus seiner Wohnung.«
»Woher wissen Sie, daß es Zuckerrohrarbeiter waren?«
»Die Narben, Mann, sie hatten Narben an den Beinen. Die Arbeiter verletzen sich immer wieder selbst mit diesen verdammten Macheten. Sogar den Erfahrenen passiert es des öfteren. Wie dem auch sei, sie schaffen Killian in ein billiges Motel und – sozusagen als besonders üblen Scherz – tragen ihn unter dem Namen ihres toten Vormanns ein. Im Motel ertränken sie ihn. Dann legen sie ihn auf Eis...«
»Hören Sie auf«, sagte Shad. »Sicher in so eine Scheißkühlbox.«
»Unwahrscheinlich«, sagte García und lenkte mit einer Hand, während er mit der anderen und dem erloschenen Zigarrenstummel herumwedelte. »Egal wie, sie ziehen ihn aus dem Verkehr und fahren mit ihm direkt nach Missoula in Montana. Vielleicht haben sie auch den Rojo Firmenjet benutzt, wer weiß...«
»Weshalb nach Montana?« fragte Shad.
»Dort verbrachte Killian immer seinen Urlaub. Wissen Sie, das Ganze sollte aussehen wie ein Angelunfall.«
Endlich verzog Shads Gesicht sich zu einem Lächeln. Seine riesige weiße Schädelkugel wackelte in dem Versuch, ein lautes Gelächter zu unterdrücken.
»Was ist los?«
»Mann«, kicherte Shad, »drei Jamaikaner unterwegs in Montana. Ist das nicht ein Riesengag? Jamaikanische Cowboys.«
»Sie waren ganz schön dreist«, gab Al García zu. »Wer immer es war.«
»Die schnappen Sie nie.«
»Da haben Sie recht.«
»In einer Million Jahren nicht.«
»Davon gehe ich aus«, sagte García. »Sie sind längst wieder in Kingston. Oder tot.«
Die Temperaturanzeige des Kühlers auf dem Armaturenbrett leuchtete rot auf. Daher lenkte García den Caprice an den Straßenrand, öffnete die Motorhaube und überprüfte den Sitz der Kühlschläuche. Sie schienen dicht zu sein, und er konnte im Kühler kein Leck entdecken. »Scheißkabel«, murmelte der Detective und schlug die Motorhaube zu.
Shad war ebenfalls ausgestiegen und stand in vierzig Metern Entfernung mitten in einem Zuckerrohrfeld.
»Das ist es also«, sagte Shad. Eine fette blaue Schmeißfliege saß auf seiner glänzenden Schädeldecke.
García brach einen Zuckerrohrhalm ab und roch daran. »Was für ein Geschäft diese Dreckskerle damit machen. Sie bekommen soviel Wasser, wie sie wollen, praktisch umsonst. Und importierte Arbeitssklaven für die Ernte. Dann dürfen sie dank des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten die Ernte zu künstlich hochgehaltenen Preisen verkaufen. Und wenn sie ihre Schäfchen im trockenen haben, dürfen sie den dreckigen Rest auch noch in die Everglades ablassen.«
Shad war beeindruckt. »Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.« Er stocherte mit seiner Stiefelspitze im schwarzen Erdreich herum.
»Millionen und Abermillionen Dollars«, sagte García.
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