Striptease: Roman (German Edition)
es mit dem guten alten Schönheitstanz gekommen?« fragte sie.
Sabrina kam herein, um während Erins Auftritt auf Angie aufzupassen. »Ich habe gehört, du gehst heute auch auf die Tische?« fragte sie und begann eine schwarze Perücke durchzubürsten. »Es ist nicht so schlimm.«
»Solange sie dich nicht anfassen«, sagte Erin.
»Heute greift niemand zu. Shad hat wieder eine seiner Launen.« Sabrinas Haarbürste blieb an einem Knoten hängen, und die Perücke hüpfte ihr vom Schoß. »Verdammt«, schimpfte sie.
Erin schlüpfte in ihren Tanga und überprüfte den Sitz im Spiegel. Sie sagte: »Ich brauch dringend das Geld.«
»Es wird schon klappen«, sagte Sabrina. »Paß nur auf, daß du nicht vom Tisch fällst.«
Kevin hatte »Honky Tonk Woman« aufgelegt, als Erin die Bühne betrat.
Der Song hellte ihre Laune fast genauso auf wie der Anblick von Monique Sr., die wild auf dem Tisch eines Mannes tanzte, der, wenn man seine Einbildungskraft etwas anstrengte, tatsächlich so aussah wie Mr. Keith Richards.
Das reichte für Erin schon aus, um nicht völlig den Verstand zu verlieren.
Visionen von Valiumtabletten spukten in Beverlys Kopf herum. Die Telefone piepten wie verrückt, die Post hatte sich zu einem Berg angehäuft, und dieser schreckliche glatzköpfige Mann saß im Wartezimmer und las den National Geographic , und zwar schon den zweiten Tag. Es war derselbe Mann, den sie mit dem Brieföffner hatte erstechen wollen. Ihn wiederzusehen war ihr sehr peinlich gewesen. In sechzehn Jahren als Anwaltsgehilfin hatte sie noch nie einen Klienten tätlich angegriffen. Innerlich vor Angst zitternd hatte Beverly eine zaghafte Entschuldigung gemurmelt.
Weshalb? hatte der Kahlköpfige gefragt, der den Vorfall längst vergessen hatte. Danach hatte Beverly vor ihm noch mehr Angst als zuvor.
»Ich muß den Boss sprechen«, hatte Shad gesagt.
»Sie haben ihn um Haaresbreite verfehlt.«
Das war gestern gewesen. Der Anwalt war zu einem Termin gefahren und noch nicht zurückgekehrt. Er hatte nicht einmal angerufen, um sich zu erkundigen, ob etwas Wichtiges anliege. Heute verwandelte sich Beverlys Entrüstung in Sorge: Mordecai war nicht aufzufinden. Bisher hatte er vier Beratungstermine, zwei eidesstattliche Erklärungen und eine wichtige Anhörung vor dem Gericht platzen lassen. Die Anhörung war insofern wichtig, als in ihrem Verlauf über die Zuweisung von Anwaltshonoraren entschieden wurde, eine Gelegenheit, die Mordecai sich niemals entgehen ließ.
Beverly stand vor einem Rätsel. Nun hatte sie einen Bankangestellten an der Strippe, der die Nummer von Mordecais Treuhandkonto überprüfen wollte. Der Angestellte nannte die Kontonummer, und Beverly bestätigte ihre Richtigkeit. »Sämtliche Einzahlungen laufen gewöhnlich über mich«, sagte sie.
Der Bankangestellte erwiderte, es handle sich nicht um eine Einzahlung, sondern um eine Abhebung. Mordecai habe sich telefonisch gemeldet und Instruktionen zur sofortigen Kündigung des Kontos gegeben.
Beverly gefiel das überhaupt nicht. Eine weitere Leitung leuchtete auf – Paul Guber, der ein wenig besorgt war. Er hatte seit zwei Tagen nichts von seiner Verlobten gehört. Es war Joyce völlig unähnlich, ihn nicht stündlich zu belästigen. Ob Mordecai vielleicht eine Ahnung habe, wo sie stecke?
Die arme Beverly hatte auf diese Fragen keine Antworten. Jetzt tauchte Shad vor ihrem Schreibtisch auf. »Allmählich wird das Ganze ein wenig lächerlich«, stellte er fest. An diesem Tag trug er Armeekleidung in Tarnfarben.
»Ich weiß, ich weiß«, stimmte die Sekretärin ihm zu. »Ich habe keine Idee, wo er sein könnte.«
»Ich sehe mich mal um«, sagte Shad. Er ging an ihr vorbei und öffnete die Tür von Mordecais Büro. Zu ängstlich, um dagegen zu protestieren, folgte ihm Beverly.
»Haben Sie die Lampen eingeschaltet?« fragte Shad.
Die Sekretärin verneinte, das Licht habe schon gebrannt, als sie ins Büro gekommen sei. »Vielleicht hat er gestern abend noch spät gearbeitet«, meinte sie. Die Telefone summten und piepten, aber sie nahm nicht ab. Sie war entschlossen, Shad nicht aus den Augen zu lassen.
Er umrundete den Schreibtisch und berührte nichts. »Irgendwer hat alles durchsucht.«
»Woran sehen Sie das?«
»Es sieht zu ordentlich aus«, erwiderte Shad. Jemand, der nach Feierabend weiterarbeitete, würde Unordnung hinterlassen, aber Mordecais Schreibtisch sah unnatürlich aufgeräumt aus. Nicht ein Bleistift lag am falschen Platz. Sogar der
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