Striptease: Roman (German Edition)
armselig war. Sie war nämlich so gut wie pleite – die neue Wohnung, der Anwalt und Angies neue Garderobe hatten sie eine Menge gekostet.
»Die Schuhe sind wunderschön«, sagte Urbana Sprawl und streichelte die winzigen Reeboks. »Wo hast du die denn gefunden?« Sie flüsterte, um das Mädchen nicht aufzuwecken.
Anstelle einer Antwort sagte Erin: »Ich tanze heute auch auf dem Tisch. Also fall nicht von der Bühne, wenn du mich siehst.«
»Verdammt, dir muß das Wasser wirklich bis zum Hals stehen.« Urbana wußte, wie sehr Erin das Tanzen auf den Tischen haßte. »Aber du verdienst ganz gut dabei«, tröstete sie ihre Kollegin. »Sehr gut sogar.«
»Der erste, der mich anfaßt...«
»Nein, Kindchen. Ruf Shad. Dazu ist er schließlich da.« Urbana nahm ihr Oberteil ab und betrachtete ihre Brüste kritisch im Spiegel. »An der linken hat mich tatsächlich eine Mücke gestochen«, meldete sie.
Erin meinte, man könne es kaum sehen.
»Kaum ist nicht gut genug.« Urbana öffnete einen Tiegel mit dunklem Make-up und verdeckte den Mückenstich. »Mach dir keine Gedanken«, sagte sie zu Erin. »Jeder tanzt auf dem Tisch. Tatsächlich bist du die einzige, die sich bis jetzt dagegen gesträubt hat. Daran erkennst du, was für eine gute Tänzerin du bist. Die meisten Girls würden mit dem, was sie auf der Bühne verdienen, glatt verhungern.«
»Nun, ich muß jetzt für zwei tanzen«, sagte Erin.
Monique Sr. kam herein und verkündete, daß Keith Richards an Tisch fünf sitze. »Ich hab Kevin gebeten, ein paar Stones-Titel zu spielen«, fuhr sie aufgeregt fort. »Beim nächsten Auftritt fallen ihm die Augen aus dem Kopf.«
»Keith Richards«, wiederholte Erin und schaffte es nicht, ein Grinsen zu verbergen.
»Was – glaubst du mir etwa nicht?«
Urbana erkundigte sich, was er trank.
»Black Jack mit Wasser.«
»Dann ist es nicht Keith. Er trinkt nur Rebel Yell, und zwar pur.« Urbana war das reinste Lexikon, wenn es um die Rolling Stones ging.
Monique Sr. war am Boden zerstört. Erin, die ein schlechtes Gewissen verspürte, sagte: »Hey, vielleicht hat er die Marke gewechselt.«
»Er ist es«, beharrte Monique Sr. »Kommt doch und seht selbst.«
Erin lächelte. »Wir glauben dir auch so.«
»Nein, das tun wir nicht«, widersprach Urbana. »Außerdem setzen die Stones überhaupt keine Tänzerinnen ein. Was könnte er denn schon für uns tun, selbst wenn er es wäre?«
Monique Sr. wollte Urbana beschimpfen und ihr sagen, sie könne sie am Arsch lecken, aber in diesem Moment entdeckte sie Angie, die auf dem Fußboden lag und schlief. In Gegenwart des Kindes wollte sie nicht fluchen.
»Wenn es Rod Stewart wäre«, fuhr Urbana fort, »ja, dann wäre auch ich interessiert. Er setzt nämlich bei fast allen Videoclips Tänzerinnen ein.«
Erin ergriff wieder das Wort. »Monique, sollen wir rauskommen und nachsehen?«
»Keith würde sich freuen«, sagte sie eisig.
»Los, gehen wir.« Erin öffnete die Tür, und vor ihr stand Orly. Er machte ein mürrisches Gesicht, als habe er Blähungen. Monique Sr. verdrückte sich schnell.
Orly trat durch die Tür und starrte ungläubig auf Angela herab, die zusammengerollt auf dem Teppich lag. »Das kann mich meine Lizenz kosten«, fuhr er Erin an. »Sag mir, daß das keine Minderjährige ist, sondern eine strippende Liliputanerin in Tennisschuhen. Denn anderenfalls bin ich meine Ausschanklizenz los.«
Erin entschuldigte sich dafür, daß sie Angie in den Club mitgebracht hatte, und erklärte Orly, es läge ein familiärer Notfall vor.
»Scheiße«, murmelte er und ließ sich auf einen Klappstuhl sinken.
Urbana Sprawl hob warnend die Hand. »Wecken Sie das Kind nicht auf, Mr. Orly.«
Überwältigt von kosmetischen Gerüchen, wurde Orly augenblicklich das Opfer eines Allergieanfalls. Er unterdrückte das feuchte Niesen so gut er konnte.
»Psst«, machte Urbana. »Sie haben in der Garderobe eigentlich nichts zu suchen. Oder haben Sie das vergessen?«
»Entschuldige«, sagte Orly. »Versteh doch, ich konnte mich nicht bremsen. Es ist mindestens zehn Minuten her, daß ich deinen fetten Hintern nackt gesehen habe, deshalb bin ich zurückgekommen, um noch einen Blick zu erhaschen. Du hast doch nichts dagegen, wenn ich mir jetzt einen runterhole, oder?«
Erin verdrehte die Augen. »Mein Gott, haben Sie eine Mistlaune.«
»Verdammt richtig.« Orly riß eine Handvoll Papiertücher aus einem Karton auf dem Schminktisch. »Bei den Ling-Brüdern gibt es nur noch Stehplätze,
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