Stunde der Klesh
das Interesse an einem gewissen Problem nie erlahmte. Ohne dieses Problem gäbe es die Flerdistar, die wir kennen, gar nicht. Und ohne sie und ihre Sippe hätte es auch keine Expedition nach Monsalvat gegeben …“
„ Was für einen Sinn aber hatte der Raumsturm, durch den wir geflogen sind?“
„Ihr seid doch unversehrt gelandet, nicht wahr? Aber das Schiff, das euch brachte, ist ein für allemal zerstört.
Wir müssen sehr vorsichtig sein. Es will, daß es wieder große Kämpfe gibt. Die kleinen Streitigkeiten, die heutzutage hin und wieder aufflackern, befriedigen es nicht. In meinem ersten Leben gelang es mir, die Fundamente für eine Ordnung zu errichten, die bis heute Bestand hat. Es hat mich damals viel zu früh aufgehalten, aber meine ersten Schritte konnte es nicht verhindern, und die waren richtig. Für uns Klesh jedenfalls. Dir mag Monsalvat höchst chaotisch erscheinen, aber ich stelle fest, daß hier eine Stabilität erreicht ist, die es in der alten Zeit nicht gegeben hat. Das habe ich wenigstens erreicht. Aber für es ist diese Welt langweilig, genauso öde wie in den Tagen, bevor die Klesh hier angesiedelt wurden. Ich bin mir ganz sicher: Es stellt dir eine Falle. Du darfst die Lagostomer nicht in Aufruhr versetzen. Ich sehe eine Zukunft vor uns, die der blutigen Vergangenheit ähnelt wie ein Echo. Es versucht, dich zu reizen, auch wenn es dich nicht direkt wahrnehmen kann. Daran siehst du übrigens, wie begierig es ist. Es nimmt sogar ernste Folgen für sich selbst in Kauf. Es hat dich hierhergeholt, damit du die finsterste Vergangenheit heraufbeschwörst. Das darf auf keinen Fall geschehen.“
„Du fühlst dich also immer noch als Gehenkter?“
„Ich bin der, der ich bin; und auch du mußt zu dir selber stehen. Der Narr kann alles im Gefolge haben, und die Priesterin besitzt die umfassende, ursprüngliche Weisheit. Flerdistar ist zwar ein Vergangenheitsleser, doch sogar sie spürt bereits den Einfluß, den du auf die Gegenwart dieser Welt hast; manchmal sieht sie bereits in der Gegenwart die Spuren der Zukunft …“
„Ich könnte einfach auf jede Handlung verzichten.“
„Du Narr, denkst du, das wäre keine Handlung? Du wirst von einer Situation in eine andere geführt werden, und irgendwann wirst du genau das tun, was es will. Wenn du nicht mehr aus eigener Kraft handelst, dann kann es deinen Weg genau vorherbestimmen. Du darfst übrigens nicht glauben, daß es dich verschonen wird, nachdem du die gewünschte Veränderung einmal in Gang gebracht hast. Du wirst nur als Katalysator gebraucht, und wenn du deine Rolle gespielt hast, hast du deinen Wert verloren. Es interessiert sich nicht dafür, was danach aus dir wird.“
„ Wie ist es mit dir?“
„Es hat bereits erkannt, daß ich nichts mehr tun kann. So ist es mit allen Gestalten der Vergangenheit. Wir haben alle nur Kraft in unserer Zeit und in keiner anderen …
Du mußt das alles mal aus der Sicht dieser Wesenheit sehen: Es bringt mich zurück, und ich bin nutzlos für diese Welt in der Jetztzeit. Dann stellt sich heraus, daß der Träger stärker ist als die Last. Und dann verliert es uns beide aus den Augen, weil wir uns gegenseitig verbergen. Jetzt stochert es blindlings in dieser Welt herum und versucht, irgend etwas in Gang zu bringen, auch wenn es sich dabei selbst in Gefahr begibt.
Du kannst alle Rollen spielen, die du willst: Du kannst Monsalvats Befreier sein oder der Fürst der Hölle, für eine kurze Zeit.“
„In der Welt, aus der ich komme, betrachten sich alle Menschen schon lange als Brüder, und doch gehen wir einem langsamen Untergang entgegen. “
„Kain erschlug Abel, das steht ganz am Anfang der ältesten Geschichte. Auch sie waren Brüder. Die allerersten Menschen waren den Klesh sehr ähnlich. Doch wenn sie ein Ziel haben, können alle Menschen – oder alle Klesh – zusammenarbeiten. Sei du unser Anführer. Führe das zu einem Ende, was ich begonnen habe. Danach werden wir hinausziehen zu den Menschen und unsere Erkenntnisse weitergeben. Sie werden sich entwickeln, jeder auf seine Weise, und sie werden wunderbar verschieden werden. Unsere Vielfalt und unsere Veränderbarkeit, sie sind unser höchstes Gut. Es ist Unsinn, Idealvorstellungen vom Menschen nachzujagen. Jedermann muß sich zu sich selbst bekennen. Unsere Körper mögen vielerlei Gestalt haben, aber unsere Träume sind sich gleich. So wird es immer bleiben, ganz gleich, welche Gestalt jemand haben mag, selbst wenn er sich zum Derque
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