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Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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Tamara war, hätte sie von Anfang an die Hände von dem Kind lassen müssen. Doch das hatte sie nicht, und jetzt war der Schaden unwiderruflich geschehen – für sie beide.
    Rachel brauchte so dringend eine Mutter. Eine echte, hingebungsvolle, kluge, geistig gesunde Mutter. Nur eine Idiotin würde sich, wenn man Rachels Hintergrund bedachte, einen so schweren Fall aufbürden, andererseits würde eine Idiotin diese Erfahrung niemals überstehen. Die Idiotin würde das Handtuch werfen, sobald sich ihr hübsches Bild von ihrer eigenen Güte und ihrem Mitgefühl zerschlagen hätte. Und ein Kind wie Rachel würde dieses mit Sicherheit zerstören.
    Rachel brauchte so viel. Ihre Bedürfnisse waren wie ein Fass ohne Boden – körperlich, emotional und auch finanziell. Sie war seit der Stunde ihrer Geburt vernachlässigt worden. Sveti, ein älteres Mädchen, das man zusammen mit Rachel gefangen gehalten hatte, war der erste Mensch gewesen, der ihr Zärtlichkeit entgegengebracht hatte, darum hatte Rachel sich an das Mädchen geklammert und alles aufgesaugt wie ein trockener Schwamm. Genauso tat sie es nun bei Tam.
    Zärtlichkeit – Rachel forderte sie ausgerechnet von ihr. Und ausgerechnet sie gab dieses Geschenk freiwillig.
    Manchmal vermisste sie die Stunden der Ruhe. Die herrliche, ungestörte Einsamkeit. Wenn sie sich ganz der Anfertigung ihrer Schmuckstücke hingeben konnte, ohne abgelenkt zu werden. Ohne gebraucht zu werden. Da traf sie urplötzlich die Erkenntnis, wie trostlos, still und leer ihr Leben vor Rachel gewesen war, und sie erschrak.
    Rachel lag in ihrer Entwicklung mehr als ein Jahr zurück. Obwohl sie inzwischen drei war, besaß sie das Aussehen, das Sprachvermögen und die motorischen Fähigkeiten eines erst zwanzig Monate alten Mädchens. Und das war die gute Nachricht. Denn es hätte viel schlimmer kommen können. Sie hätte auch nur noch sabbernd vor sich hinvegetieren oder das Gesicht zur Wand drehen und sterben können.
    Es kam einem Wunder gleich, dass sie das nicht getan hatte. Und Tam interpretierte dieses Wunder so, dass das Kind nicht zum Sterben bestimmt gewesen war. Sie war dazu bestimmt, zu leben und zu gedeihen. Zu erstrahlen und zu erblühen. Allen Widrigkeiten zum Trotz.
    Rachel hatte in den Monaten, seit sie bei Tam lebte, große Fortschritte gemacht. Sie sah nun nicht mehr aus wie ein verschrumpeltes Äffchen. Sie lief besser, redete besser, brabbelte sogar in drei verschiedenen Sprachen: das Portugiesisch ihres Babysitters, ihre eigene Muttersprache Ukrainisch, die Tam ihr erhalten wollte, und natürlich Englisch.
    Tam war stolz auf das, was sie bei dem Kind erreicht hatte. Aber aufgrund der Angst vor ihren Verfolgern, die ihr nach dem Leben trachteten, und der Schreie und Gewehrschüsse aus ihren Träumen, die in ihren Ohren nachhallten, wurde sie den Gedanken einfach nicht los, dass es selbstsüchtig und egoistisch von ihr gewesen war, Rachel zu sich zu nehmen, nur weil sie den Gefühlen, die das Kind in ihr auslöste, nicht hatte widerstehen können. Weil sie Irina glich. Weil Tam sich dank Rachel wieder lebendig fühlte.
    Als könnte sie dem Kind im fairen Tausch gegen diese Gefühle je ein normales Familienleben bieten. Dazu war sie nicht in der Lage.
    Normal? Tam hatte keinen Vergleich. Sie hatte nic ht den Hauc h einer Ahnung, wie Normalität aussah, wie sie sich anfühlte. Ihre eigene frühe Kindheit war schön gewesen, aber sie lag eine Million Jahre zurück, zudem war sie unerreichbar hinter dieser gigantischen Steinmauer verborgen, die Tam in ihrem Kopf errichtet hatte. Es gab kein Modell, an dem sie sich orientieren konnte.
    Den Großteil ihres Lebens war sie allein in der Wildnis gewesen. Ausgesetzt auf dem Planeten Tam. Vielleicht war es nicht mal ein Planet, sondern eher eine Weltraumstation, die um die normale Realität kreiste, mit Tausenden Kilometern Vakuum als Sicherheitspuffer, bei einer Temperatur um den Gefrierpunkt.
    Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ein fragiles, verletzliches kleines Mädchen mit ins Exil auf diese Raumstation zu nehmen? Zur Gesellschaft? Welch ein egoistischer Irrsinn! Ein selbstsüchtiges, einsiedlerisches Roboterbiest wie sie, das unzählige Feinde hatte? Sie eignete sich nicht zur Mutter eines Kleinkindes. Sie war eine Diebin, eine Kriminelle, eine Trickbetrügerin, eine Lügnerin, manchmal sogar eine Mörderin, wenn es die Situation erforderte, jedoch ausschließlich in Notwehr. Und jeder, den sie je kaltgemacht hatte, hatte es mehr

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