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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Anstalten machte, zur Seite zu treten.
    »Ja …« Dirk fand nur schwer in die Wirklichkeit zurück. Es tat unendlich weh, Akuyis Kindergesicht vor seinem geistigen Auge zu sehen. Und zugleich spürte er ganz deutlich, dass das damalige Ereignis etwas mit seinem Traum zu tun hatte. Hügel, Höhlen, Ahnen, Worte und Bilder torkelten durch seinen Kopf. Er hatte sich den bearbeiteten Knochen, den Akuyi mitgebracht hatte, später noch einmal genauer ansehen wollen, aber da war er angeblich verschwunden gewesen. Dieser Knochen hatte eine Bedeutung, war ein Hinweis, der zu all dem passte, was sich in Dirks Unterbewusstsein zu dem Traum mit den zwei Hügeln verdichtet hatte. Er brauchte nur danach zu greifen, und …
    »Ich hab auch noch was anderes zu tun!«, schimpfte die Dicke. »Aus dem Weg, Mann!«
    Wieder machte es klick, aber diesmal fiel die Tür zu seiner Erinnerung zu, und das Gefühl, gleich auf die Lösung zu stoßen, zerstob wie ein Blätterhaufen im Herbststurm.
    »Verdammt!« Diesmal schrie Dirk nicht nur fast. »Warum lassen Sie mich nicht einfach vorbei? Ginge doch auch, oder?«
    Die Dicke seufzte. »Wo kommen wir denn hin, wenn jeder Rest von Freundlichkeit und Anstand im Gebrüll untergeht …« Dann holte sie tief Luft und brüllte: »Und jetzt verpiss dich, du miese Albinoratte!«
    Dirk umklammerte den Griff der Pistole in seiner Jackentasche. Eben noch hatte er eine innere Verbindung zu Akuyi gespürt, die ihn auf der Suche nach ihr einen entscheidenden Schritt weitergebracht hätte. Doch jetzt brodelte nur noch Wut in ihm. Was bildete sich dieser lebende Fleischklops ein?
    »Was stehst du hier immer noch stumm wie ein Fisch herum?«, fragte die Dicke ungehalten. »Hast du dich verlaufen und findest nicht mehr in deinen Rattenkäfig zurück?«
    Das kalte Metall des Pistolengriffs schien mit seiner Hand, mit seiner Erregung zu verschmelzen. »Ich will zu Birdie«, stieß Dirk gepresst hervor. »Und zwar ohne vorher ein Formular in siebenfacher Ausfertigung ausfüllen zu müssen.«
    »Birdie«, donnerte die Gestalt, »ist erstens kein Name, sondern ein Schimpfwort für einen erwachsenen Mann, und zweitens kein Umgang für jemanden wie dich. Was willst du denn ausgerechnet von diesem miesen kleinen Betrüger?«
    »Nichts«, sagte Dirk.
    »Und wegen nichts kommst du her? Mach dich nicht lächerlich. Komm.« Die Dicke drehte sich schwer atmend um. »Lubaya bringt dich zu Birdie. Ich habe sowieso noch ein paar Takte mit ihm zu reden.«
    »Lubaya?« Der afrikanische Name war natürlich nicht wirklich eine Überraschung. Wenn Lubaya nicht schwarz wie die Nacht gewesen wäre, hätte Dirk zumindest da, wo er ihr Gesicht vermutete, einen hellen Schimmer sehen müssen. Ganz abgesehen von ihrem Gerede über dieses Land der Tausend Hügel, aus dem sie angeblich stammte – obwohl Dirk angesichts ihrer drastischen Ausdrucksweise eher glaubte, dass sie im Hinterhof einer vergammelten Autowerkstatt in irgendeinem kleinen deutschen Nest aufgewachsen war.
    »Lubaya heißt in meiner Heimat junge Löwin«, donnerte die Dicke. »Und der Name passt, dass kann ich dir versichern. Wenn es sein muss, kämpfe ich wie eine Löwin!«
    Das glaubte Dirk ihr unbesehen. Aber was hatte eine afrikanische Frau hier in dem Flur zu suchen, der zu dem dubiosen Privatdetektiv Harry Biermann führte? War das nur eine Laune des Schicksals? Dirk glaubte nicht daran. Kinah hatte ihm immer wieder klarzumachen versucht, dass es so etwas wie Zufälle nur für oberflächliche Menschen gab, die den Sinn ihres Schicksals nicht verstanden. Wahrscheinlich hatte sie damit recht.
    »Nun komm schon!« Lubaya stampfte wie ein ausgewachsenes Flusspferd voran. Dirk zögerte. Er konnte ihr folgen, aber er konnte auch kehrtmachen, ein Taxi rufen – ein richtiges Taxi – und nach Hause fahren.
    Und dann? Sich vor den Computer hocken, nach Hinweisen suchen, die er in den letzten sechs Wochen übersehen hatte, oder tatsächlich noch einmal Akuyis Zimmer durchwühlen, wie er das vorgehabt hatte, bevor dieser Birdie angerufen hatte?
    Nein, das wäre lächerlich.
    Er musste die Sache hier durchziehen. Und wenn ihm jemand blöd kam: Er hatte ja immer noch die Pistole.
    Mit ein paar raschen Schritten war er bei Lubaya. Sie hatte mittlerweile wieder die Tür erreicht, die sie gerade erst zugepfeffert hatte. Nun riss sie sie erneut auf und brüllte: »Ein käsebleicher Computergläubiger, du Sprössling eines Pavians!«
    Es folgte eine Antwort, die Dirk nicht verstand,

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