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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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das habe ich.« Ihr Lächeln verschwand, aber nicht schlagartig, sondern fast zögerlich, als hielte etwas in ihr daran fest. »Es trifft sich gut, dass du von selbst aufgewacht bist, wir müssen nämlich gleich los.«
    Dirk runzelte die Stirn. »Wohin, wenn ich fragen darf?«
    »Dorthin, wohin uns unser langer Weg endlich geführt hat.«
    »Du sprichst in Rätseln.«
    »Das ist nicht meine Absicht.« Kinah wies mit dem Kopf in Richtung des Höhleneingangs. »Ich wollte euch nur abholen. Wir haben uns ein wenig umgesehen und das Tal entdeckt, in dem Ventura den Thunderformer vermutet.«
    »Was?«, fragte Dirk alarmiert. »Ich dachte, Ventura wüsste nicht, wo der Thunderformer ist!«
    »Ja, das hat er selbst wohl auch gedacht.« Kinah trat rasch einen Schritt auf ihn zu und nahm ihn an die Hand – nicht wie einen Geliebten, sondern wie ein zauderndes Kind. »Ich weiß, dass du viele Fragen hast, aber jetzt ist nicht der richtige Moment, um sie dir zu beantworten. Vertrau mir einfach.«
    Das war leichter gesagt als getan. Während Dirk an Kinahs Hand hinter ihr herstolperte, schossen ihm die verrücktesten Gedanken durch den Kopf. Nicht wenige beschäftigten sich mit den Widersprüchen, in die sich Kinah ständig verwickelte, seitdem sie einander wiedergetroffen hatten. Er konnte seine Zweifel nicht auf den Punkt bringen, aber sie nagten an ihm. Und Kinahs Aufforderung, ihm zu vertrauen und keine Fragen zu stellen, machte es nicht gerade besser.
    Der Innenhof, über dem sich der freie Himmel wölbte, lag mittlerweile mehr im Schatten als in der Sonne, hatte sich im Laufe des Tages aber derart aufgeheizt, dass es Dirk beinahe den Atem verschlug, als er ihn betrat. Umso mehr verblüffte ihn der Anblick, der sich ihm bot. In einem Winkel brannte ein kleines Feuer, dem der Wind Funken und Rauch entriss. Darüber brutzelte ein Kaninchen oder Hase, aufgespießt auf einem Stock, der links und rechts des Feuers auf Steinhaufen ruhte. Dirks Magen begann zu knurren wie ein wütender Hund.
    Am Feuer saß Lubaya und zerkleinerte mit einem Jagdmesser große, fleischig aussehende Pilze, die sie oder die anderen weiß Gott wo gefunden hatten. Sie sah kurz auf und rief ihnen entgegen: »Das Essen ist gleich fertig!«
    »Ich fürchte, daraus wird nichts«, wandte Kinah ein. »Wir müssen los.«
    Lubaya wiegte bedächtig den Kopf. »Nicht so eilig, Kindchen. Marokkanischer Hase ist eine Spezialität, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Auch wenn ich weder Zwiebeln noch Schweinekamm noch Gewürze habe und das Tierchen nicht in einem Topf schmoren kann, sondern auf primitive Art grillen muss – schmecken wird es allemal.«
    »Wir haben aber etwas zu tun«, beharrte Kinah.
    »Ja, ich weiß, wir müssen die Welt retten.« Lubaya wandte sich wieder ihren Pilzen zu. »Es rettet sich besser mit vollem Magen, glaube mir.«
    Kinah stieß einen Seufzer aus und ließ Dirks Hand los. »Du bist und bleibst ein Kindskopf.«
    Dirk war noch verwirrter als zuvor. In den wenigen Stunden, die er länger geschlafen hatte als Lubaya und Kinah, hatten sich die beiden Frauen hier fast häuslich eingerichtet und die Atmosphäre im Innenhof merklich verändert. Er wirkte wie ein seit Tagen bewohnter Unterschlupf – und damit auf beinahe erschreckende Weise normal.
    »Wenn wir noch ein wenig Zeit haben, könntest du mir vielleicht ein paar Dinge erklären, Kinah«, sagte er.
    Die Angesprochene nickte flüchtig, drehte sich zum Höhleneingang und rief: »Essen ist fertig!«
    Bei ihrem Tonfall hätte sich Dirk nicht gewundert, wenn eine Kinderschar herbeigestürmt wäre. Er hatte weiß Gott nichts gegen eine entspannte Atmosphäre und ein paar ruhige Stunden, brauchte sie sogar regelmäßig, um seine Akkus aufzuladen. Aber das hier ging entschieden zu weit. Es wäre ihm fast lieber gewesen, neben einem sturzbesoffenen Jurij zu sitzen, der ihm seine Wodkaflasche reichte und ihn zum Mittrinken drängte.
    »Setz dich doch«, forderte ihn Lubaya auf. »Es wäre nett, wenn du schon mal den Hasen tranchieren würdest.«
    »Selbstverständlich, Madame«, sagte Dirk säuerlich. »Sonst noch einen Wunsch?«
    Lubaya sah kurz zu ihm auf. »Ich hoffe, du hast dir die Hände gewaschen?«
    »Ich war so frei.« Dirk ließ sich neben Lubaya nieder. Ihm war etwas schwindelig, und das wohl nicht zuletzt aus Hunger. Die dürftige Notration, die sie am Morgen mit viel Wasser hinuntergewürgt hatten, hatte seinen Hunger nicht nachhaltig stillen können, sodass sein Magen

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