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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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schinden und ostentativ zeigen, wie wenig die Damen von ihren Gegnern hielten, wie sicher sie sich ihres Sieges waren. Ein Schaukampf! Die guten Umgangsformen waren nur vorgetäuscht, und wer die Zwischentöne zu deuten verstand -was man bei sämtlichen im Raum Anwesenden voraussetzen konnte –, der wusste, dass Durenna ihm den Todesstoß versetzen wollte. Sich schlichtweg zu weigern, das gönnerhafte Angebot anzunehmen, wäre schlechter Ton gewesen; Locke und Jean mussten sich auf raffiniertere Weise zur Wehr setzen.
    »Was könnte erfrischender sein«, flötete Jean, »als das Spiel mit zwei so exzellenten Partnerinnen fortzusetzen?«
    »Sie sind ein Schmeichler, Meister de Ferra«, parierte Madam Durenna. »Aber möchten Sie, dass man uns Herzlosigkeit nachsagt? Sie haben uns keine unserer Annehmlichkeiten verwehrt.« Mit ihrer Zigarre deutete sie auf Madam Corvaleurs Süßigkeiten. »Wollen Sie uns jetzt unseren Wunsch abschlagen, Ihnen einen Gefallen zu t un?«
    »Ihre Wünsche sind uns Befehl, Madam, dennoch bitten wir um Erlaubnis, Ihrem größten Wunsch entsprechen zu dürfen. Sie haben sich heute Abend hierher bemüht, um zu spielen. Nichts läge uns ferner, als Sie – wenn auch nur kurzfristig – der Möglichkeit zu berauben, sich in dieser Hinsicht nach Herzenslust auszutoben.«
    »Vor uns liegen noch viele Spielrunden«, legte Locke nach. »Jerome und mich würde es zutiefst betrüben, den Damen Langeweile zuzumuten. Auf gar keinen Fall wollen wir Ihnen Unannehmlichkeiten bereiten.« Während er sprach, nahm er Blickkontakt mit dem Croupier auf.
    »Bis jetzt haben Sie uns noch keine Unannehmlichkeiten bereitet«, versetzte Madam Corvaleur mit honigsüßer Stimme.
    Locke fühlte sich unbehaglich, denn er war sich bewusst, dass die Menge diesen Wortwechsel gespannt verfolgte. Er und Jean hatten die beiden Frauen herausgefordert, die allgemein als die besten Schwips-Vabanque-Spielerinnen in Tal Verrar galten, und alle anderen Tische in der fünften Etage des Sündenturms waren voll besetzt gewesen. Eigentlich hätte an diesen Tischen jetzt auch gespielt werden müssen, doch in einem stillschweigenden Einverständnis zwischen dem Haus und seinen Gästen waren für die Dauer dieses Gefechts sämtliche anderen Aktivitäten im Raum eingestellt worden.
    »Also gut«, gab Durenna nach. »Gegen eine Fortsetzung des Spiels haben wir nichts einzuwenden, wenn Sie um unseretwillen darauf bestehen. Vielleicht wendet sich ja auch das Glück zu Ihren Gunsten.«
    Lockes Erleichterung, dass sie nicht mehr auf einer Unterbrechung beharrte, hielt sich in Grenzen; immerhin sah alles danach aus, dass sie weiterhin ihm und Jean das Geld nur so aus der Tasche ziehen würde.
    »Sechste Runde«, sagte der Croupier an. »Erster Einsatz zehn Solari.« Während jeder Spieler zwei hölzerne Chips nach vorn schob, teilte er jeweils drei Karten aus.
    Madam Corvaleur verputzte die nächste mit Schokoladenpulver bestäubte Kirsche und lutschte die süßen Krümel von ihren Fingern. Bevor Jean nach seinen Karten griff, schob er die Finger der linken Hand flüchtig unter seinen Rockaufschlag und bewegte sie, als kratze er eine juckende Stelle auf der Haut. Wenige Sekunden später tat Locke dasselbe. Locke entging nicht, dass Madam Durenna sie beobachtete und die Augen verdrehte. Zeichen zwischen Spielpartnern wurden ohne Weiteres akzeptiert, doch es wurde lieber gesehen, wenn man ein wenig diskreter vorging.
    Durenna, Locke und Jean blickten beinahe gleichzeitig auf ihre Karten; Corvaleur hinkte ein bisschen hinterher, ihre Finger waren vom Ablecken immer noch feucht. Sie lachte leise. Ein wirklich gutes Blatt oder ein strat petiti Durenna setzte eine äußerst zufriedene Miene auf, doch Locke war fest davon überzeugt, dass sie selbst noch im Schlaf exakt diesen Gesichtsausdruck trug. Jeans Mimik verriet überhaupt nichts, und Locke versuchte ein schmallippiges Grinsen, obwohl seine drei Karten der pure Müll waren.
    An der anderen Seite des Raumes führten mehrere geschwungene, mit Handläufen aus Messing versehene Treppen hinauf in die sechste Etage. Am Fuß stand ein hünenhafter Kasinoangestellter, an dem niemand vorbeikam. Auf halber Höhe verbreiterte sich diese Treppenflucht zu einer kleinen Galerie. Eine Bewegung auf dieser Empore erregte nun Lockes Aufmerksamkeit: halb verborgen im Schatten stand eine schmächtige, gut gekleidete Gestalt. Das warme, goldene Licht der Laternen spiegelte sich in den Brillengläsern des Mannes, und

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