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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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lauschte sie seinen Ausführungen, stellte ihre Fragen und nahm sein Wissen in sich auf. Sie konnte nicht genug davon kriegen. Ungeduldig wurde sie nur, wenn ihre Mitschüler nicht ganz so schnell begriffen wie sie und der Stoff immer aufs Neue wiederholt werden mußte.
    Nach der Schule half Teri regelmäßig ihren Eltern in der Formerwerkstatt. Sie liebte die Arbeit mit dem kalten, glitschigen Ton nicht sonderlich, aber Teris Mutter hatte herausgefunden, dass sie ihrer Tochter die Arbeit versüßen konnte, wenn sie dabei Geschichten erzählte, die sie zu Hause von ihrem Vater gehört hatte.
    Aels Vater war Scharmann gewesen und jahrzehntelang als Windmeister auf einem Großschiff gefahren. Zu Teris Bedauern war das auch schon alles, was ihre Mutter über den Beruf des Großvaters zu berichten wußte. Ausnahmslos alle Scharleute wurden schon als Anwärter von den Magiern hypnotisch konditioniert, so dass es ihnen unmöglich war, Außenstehenden etwas über die Ausübung ihres Berufes zu erzählen. - Aber selbst das wußte Ael nicht. Sie konnte nur berichten, dass ihr Vater sehr verschlossen gewesen war, was Fragen nach seiner wirklichen Funktion an Bord anging. - Wovon er aber erzählt hatte, das war von den fremden Hafenstädten, den seltsamen Gebäuden und Pflanzen anderer Länder, den Menschen mit den absonderlichsten Hautfarben, den gefährlichsten Tieren der Welt und den abscheulichsten Riten der Eingeborenen in den fremden, fernen Ländern.
    Aels Erinnerungsvermögen war unerschöpflich, was die alten Erzählungen von Teris Großvater anging - und wenn die Erinnerung versagte - wer würde es einer Mutter nicht verzeihen, wenn sie auch ab und an die eigene Phantasie bemüht, um ihr siebenjähriges Töchterchen bei Laune zu halten?
    So erfuhr Teri von dem Volk, wo bei allen Menschen die Zunge oben am Gaumen angewachsen war. Das machte sich natürlich bei der Aussprache bemerkbar, hatte Aels Vater erklärt. Teri konnte von dieser Geschichte nicht genug kriegen und wollte jedes Mal sterben vor Lachen, wenn die Mutter vormachte, wie diese Leute sprachen.
    Auch lernte Teri, dass die Drachen, die auf den Inseln hinter den Nordinseln wohnen, ganz dick und erstaunlich leicht sind, so dass sie bei starkem Wind davongeweht werden können, wenn sie sich nicht ordentlich festhalten. Im übrigen spien diese Drachen das Feuer nicht in einem flammenden Strahl aus, wie viele Leute glauben, sondern schleuderten einen klebrigen Rotz aus ihrem Maul, der sich erst an der Luft entzündet.
    Aels Vater hatte selbst erlebt, wie einmal ein Drache von einem Felssturz erschreckt wurde und wütend einen großen Felsbrocken anspie. Der Block hatte einen halben Tag lang gebrannt und war geschmolzen wie ein Stück Fett im Topf. Als Beweis hatte er seiner Tochter damals einen verkohlten Zweig, von einem Baum der in der Nähe gestanden hatte, mitgebracht - und das war doch wohl ein unwiderlegbarer Beweis.
    Wenn Teris Mutter des Erzählens müde war, sang der Vater oftmals leise eines der vielen Formerlieder, während er seine Drehscheibe im Takt antrieb, und auch Teri trug zur Unterhaltung bei, indem sie ab und an ein Kinderliedchen trällerte oder sich haarsträubende Lügengeschichten ausdachte.
    So verging der dunkle Winter schnell, und kaum hatte die Sonne die ersten Grashälmchen aus den Felsspalten gelockt, begrüßte eine quietschvergnügte, mittlerweile achtjährige, Teri den jungen Frühling und machte die Stadt unsicher.

    Neben den üblichen Spielen, die die Kinder Thedras zu allen Zeiten gespielt hatten, hatte Teri in diesem Jahr eine besondere Leidenschaft entwickelt: Ganz besonders liebte sie es, sich im winzigen Vorhof des Schwalbenhafens aufzuhalten, wo fast ausschließlich die in gelbe Seide gekleideten Scharleute und die in dunkles Leinen gewandeten Schiffbauer verkehrten.
    Seit Athan ihr verheißen hatte, sie werde mit den Schiffen fliegen, hatte sich ihr junges Leben grundlegend verändert. Die Euphorie der ersten Tage war einer ständig wachsenden Sorge gewichen: Was, wenn Athan sein Versprechen vergaß? Was, wenn er auf See verletzt oder getötet würde - oder er an Altersschwäche starb? Was würde dann aus seinem Versprechen werden?
    So trieb sie eine tiefe, uneigennützige Sorge immer wieder in den Vorhof des Schwalbenhafens, und so oft der Obmann das Hafengelände betrat oder verließ, stand abseits seines Weges ein kleines, blondes Mädchen und suchte mit besorgten Blicken seinen Körper nach etwaigen

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