Sturm ueber Thedra
das Gefühl, etwas unglaublich Dummes gesagt zu haben.
"Sag mir deinen Namen", forderte Athan.
Die Stimme drang wie aus weiter Ferne an Teris Ohr. Leise gab sie Antwort. Sie schämte sich entsetzlich für ihre vorlaute Bemerkung.
"Teri also!" Der Obmann richtete sich zu voller Größe auf und sprach nun lauter: "Deinen Namen werde ich mir merken, Teri." Fest schaute er das Mädchen an. "Erwarte nur die Zeit. - Du wirst mit den Schiffen fliegen!"
Teri war es, als versänke die Welt um sie herum. Unsicher tastete sie nach der Brüstung vor sich. Sie würde mit den Schiffen fliegen! Der Obmann hatte es gesagt! Der Obmann hatte es versprochen! Ein ungeheures Glücksgefühl durchströmte ihren Körper. Sie hörte kaum noch, wie die Musikanten auf einer kleinen Nebenbühne begannen, eine schwungvolle, fröhliche Melodie zu spielen. Erst als die Paare anfingen, die Bühne zu stürmen und einen wirbelnden Tanz begannen, merkte sie, dass Athan schon lange gegangen war. - Sie würde mit den Schiffen fliegen. - Athan hatte es gesagt. - Das war mehr als ein Versprechen - das war eine Verheißung!
Teri schaute sich um. Die ernste, erwartungsvolle Stimmung der Menge entlud sich nun in nahezu hektischer Heiterkeit.
Eigentlich war es nichts Besonderes, dass die Zünfte im Schwalbenhafen ihren Nachwuchs bestimmten. Während der Herbstmonate gab es an jedem fünften Tag ein ähnliches Spektakel. Jeder Thedraner, der das zwölfte Lebensjahr vollendet hatte, konnte sich um die Aufnahme in einen Berufsstand eigener Wahl bewerben. Zu diesem Zweck ging er zu dem entsprechenden Obmann und trug ihm seinen Wunsch vor.
Die Auswahl ging nach immer gleichen Kriterien vonstatten: Die Meister der Zunft wählten aus dem Aufgebot in einer Vorentscheidung ihre Lehrlinge aus. Die Namen der Gewählten wurden dann, im Beisein aller, öffentlich verlesen. Die abgewiesenen Bewerber konnten sich in den nächsten Jahren noch zweimal bewerben, dann waren sie gezwungen, sich einen Beruf niederen Standes zuweisen zu lassen.
Jedes Mal gab es zu diesen Anlässen ein kleines Fest. Die Zünfte versuchten jedes Jahr, sich in ihren Anstrengungen zu überbieten. Selbst die Ziegenzüchter, der ärmste und verachtetste der mittleren Berufsstände, opferten jedes Jahr einige Tiere, um die Feiernden freizuhalten.
Aber was war das alles gegen die wirklich großen Feste?
Jedes Jahr, wenn die Schwalbenschiffe aus den Ländern der ganzen Welt in den Heimathafen zurückgekehrt waren, und die ersten Eisschollen vor dem Hafen auftauchten, wählten die Scharleute ihre neuen Mannschaften, gefolgt von den hohen Ständen der Schwalbenschiffbaumeister und der Kupferschmiede. Aber der Höhepunkt war und blieb das Fest der Scharleute, das Fest der fliegenden Schiffe.
Laut klangen die Schellen und Trommeln der Musikanten über den Platz; eine junge Frau stand vorne auf dem kleinen Podium und sang mit heller Stimme ein Tanzlied. Schneller und schneller drehten die Tänzer sich im Kreis. Noch lauter wurde die Musik. Die Sängerin feuerte die Tanzenden zu immer neuen Anstrengungen an.
Nun begann auch die Menge auf dem Platz zu wogen. Einige Paare begannen auch dort unten auf dem unebenen Platz zu tanzen. Händler hielten ihre Buden geöffnet und boten Speisen und Getränke an. "Heute alles auf Kosten der Schar!", schrien sie wieder und wieder. Kinder hielten Modelle fliegender Schiffe an langen Stangen über ihre Köpfe und bahnten sich johlend einen Weg durch die Menge, jedes auf einem anderen Kurs. Schmale seidene Bänder hingen von den Rümpfen herab und flatterten hinter den Modellen lebhaft hin und her. Jedes der Schiffchen war an den Seiten des Rumpfes mit einem Paar Möwenschwingen besetzt, die durch seidene Schnüre von den Kindern bewegt werden konnten.
Mit offenen Augen träumend sah Teri eines der Modelle auf sich zukommen. "Du wirst fliegen!", hatte der Obmann gesagt. Teri träumte sich auf das Deck des Modells. Matrose Teri - Windmeister Teri, oder nein, besser noch Kapitän Teri. Wie gut sich das anhörte: Kapitän Teri, Scharfrau von Thedra, unterwegs in das Land der weißen Küsten, zum Volk der Rauchtrinker, Seide gegen Gold zu tauschen.
"He, pass doch auf!" Das Schiffsmodell über Teri geriet plötzlich in harten Wind und drohte, von seiner Stange zu kippen. Der tatsächliche Kommandant, ein etwa achtjähriger, in feinste Stoffe gekleideter Junge, war gegen die träumende Teri gestoßen und dabei gestolpert. "Hau ab, Straßenköter!", fuhr der Knabe Teri
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