Sturm und Drang
durchgemacht, und angeblich kann man sich nicht zweimal damit infizieren, aber ich will kein Risiko eingehen. Diese Krankheit endet zwar normalerweise nicht tödlich, aber sie ist ziemlich unberechenbar. In manchen Jahren hat sie mit ungewöhnlicher Heftigkeit zugeschlagen. Man kann durchaus daran sterben. Ich trinke einen Schluck Kleeh und gehe hinunter, um Ghurd die schlechte Nachricht unter vier Augen mitzuteilen. Ghurd ist beunruhigt.
»Wie übel hat es sie erwischt?«
»Kann ich nicht sagen. Am Anfang sieht das Fieber immer schlimm aus.«
»Was soll ich tun?«, fragt Ghurd.
Das weiß ich auch nicht so genau. Jeder Ausbruch des Winterfiebers in einem öffentlichen Gebäude sollte sofort dem Büro des örtlichen Präfekten gemeldet werden. Leider kann der Präfekt dann eine Quarantäne verhängen. Falls Ghurd also dem Präfekten Drinius Cimdys Erkrankung meldet, dürfte der die Rächende Axt mindestens für eine Woche schließen. Das wäre ein sehr großer finanzieller Verlust für Ghurd. Er könnte es auch einfach verschweigen, was niemanden stören würde, falls Cimdy sich erholt und niemand etwas erfährt. Sollte der Präfekt es jedoch herausfinden, dann steht Ärger ins Haus.
Ghurd beißt sich auf die Unterlippe.
»Vor drei Jahren hat dieser Silberschmied aus Lorn das Fieber bekommen. Er ist einfach in seinem Zimmer geblieben und hat sich erholt. Damals habe ich es auch nicht gemeldet…«
Ich erinnere mich. Die Erkrankung ist ganz harmlos verlaufen. Das passiert beim Winterfieber häufig. In manchen Jahren infizieren sich nur wenige Menschen damit, und es scheint dann nicht kräftig genug zu sein, um zu töten. Unglücklicherweise gab es aber auch schon Winter, in denen es viel schlimmer wütete. Vor langer Zeit ist mein jüngerer Bruder am Winterfieber gestorben, und in diesem Jahr hat die Krankheit zahlreiche Todesopfer gefordert. Ghurd beschließt, sich ein Bild von Cimdys Zustand zu machen und dann Chiruixa, die Heilerin, heimlich aufzusuchen. Chiruixa ist eine Freundin und würde nicht zulassen, dass man ihm die Taverne zumacht, es sei denn, es wäre unbedingt erforderlich. Ich schaue ihm nach, wie er nach oben hastet, und schlendere anschließend zum Tresen, um mir ein Bier zu bestellen. Heute zapft Makri.
»Worum ging es?«, erkundigt sie sich.
»Nichts Wichtiges«, erwidere ich. »Hast du von Moolifi gehört? «
Makri schüttelt den Kopf.
»Sie ist eine Sängerin und arbeitet im Goldenen Einhorn.«
Makri schnaubt verächtlich, und ich hebe fragend eine Braue.
»Wie konnte aus einem Barmädchen, das in einer Gladiatorengrube aufgewachsen ist, so ein Snob werden?«
»Ich bin kein Snob!«, entgegnet Makri wütend.
»Ach nein? Du hast doch für alles, was nicht vor mindestens fünfhundert Jahren von irgendeinem obskuren Elfenbarden auf ein Papyrusblatt gekritzelt wurde, nur Verachtung übrig.«
»Ich verachte nur Kunstveranstaltungen, deren Hauptattraktion darin besteht, dass die Künstlerin noch vor dem Ende der ersten Strophe ihre Kleider auszieht.«
»Das würde jedenfalls einige dieser verstaubten Elfenepen beleben. Außerdem hat Moolifi eine großartige Stimme, jedenfalls soweit ich gehört habe.«
»Von wem hast du das gehört?«
»Von Hauptmann Rallig. Er scheint letzte Woche mit Moolifi ausgegangen zu sein.«
Dieses Gerücht interessiert selbst Makri, die sich normalerweise nicht mit Klatsch abgibt. Hauptmann Rallig ist tatsächlich so etwas wie ein Frauenheld, aber im Moment hat er einfach zu viel zu tun, um diesem Zeitvertreib nachzugehen. Er befehligt einen Wachposten der Zivilgarde, und da die Hälfte seiner Männer zum Kriegsdienst abkommandiert ist, ist er noch mehr überarbeitet als schon zu normalen Zeiten.
»Er ist so glücklich wie ein Elf im Baum. Er stolziert mit ihr am Arm herum und macht alle Anwohner von ZwölfSeen eifersüchtig.«
Ich denke eine Weile über den Hauptmann und seine neue Flamme nach. Leider habe ich nie einen Auftritt von ihr gesehen.
»Ich war schon eine Weile nicht mehr im Goldenen Einhorn.«
»Hast du Sehnsucht nach exotischen Tänzerinnen?«
»Nein. Aber dort findet jede Woche eine große Raffrunde statt, mit vielen reichen Spielern. Ich würde mich gern mal mit einigen davon an einen Tisch setzen.«
»Warum tust du’s dann nicht?«
»Weil ich es mir nicht leisten kann«, gebe ich zu. »Man braucht viel Geld, bevor man mit Leuten wie Prätor Raffius und General Akarius spielen kann.«
»Du spielst ohnehin zu viel«, sagt Makri.
Ich
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