Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
auf Austins Seite und wandten sich gegen ihre ehemaligen Mitstreiter. Inmitten des Durcheinanders versuchte Edgewood hektisch, Anna in Sicherheit zu bringen.
Austin stand in dem Ruf, sein Schiff sehr streng zu führen. Er war berühmt für seine absolute Disziplin. Aber er war auch stets fair, und das wussten seine Männer. Niemand wurde unverdient bestraft, er teilte allen großzügigere Rationen zu als andere Captains, und er achtete darauf, dass seine Mannschaft stets ausgeruht und bei Kräften war. Dieser Ruf kam ihm jetzt zugute, denn seine Männer reagierten schnell auf Osborns Kommandos und hatten den Aufruhr bald im Griff.
Bis Austin das Ruder wieder richtig positioniert hatte, war die Meuterei vorbei. Jameson kam aufs Kommandodeck gelaufen und rief hinauf: »Das wäre erledigt, Sir!«
»Gut gemacht, Lieutenant! Geben Sie bekannt, dass jeder, der für mich gekämpft hat, belohnt wird.«
»Und die, die es nicht taten?«
»Suchen Sie die Männer heraus, die schlicht zu viel Angst hatten, um sich gegen die Meuterei aufzulehnen, und schicken Sie sie in ihre Quartiere. Fosters Untergebene kommen in die Brigg.«
»Ja, Sir.« Er blickte zu Miss Clemens, die sich an der Reling festklammerte und mit großen Augen um sich schaute. »Was ist mit den Damen und mit Mr. Edgewood?«
Austin sah Miss Clemens an. Sie erwiderte seinen Blick, das Kinn trotzig gereckt, als wollte sie ihn herausfordern, sie den Haien vorzuwerfen, wie er angedroht hatte. »Sperren Sie Miss Clemens in ihre Kajüte, Miss Adams in Mr. Edgewoods. Edgewood kommt in die Brigg – die macht vielleicht einen Mann aus ihm.«
Jameson lachte. »Aye, Sir.«
»Durchsuchen Sie das Gepäck, die Kajüten und die Passagiere auf Waffen oder etwas anderes Verdächtiges. Anschließend bringen Sie ihre Sachen in meine Kabine. Seward soll die Damen durchsuchen.«
Jameson nagte an seiner Unterlippe, als wüsste er nicht, ob er etwas sagen sollte. Austin hatte gehört, wie sie über den jungen Lieutenant Seward scherzten, aber nichts darauf gegeben. Der Knabe hatte ihm bisher keinerlei Scherereien gemacht.
Schließlich nickte Jameson nur. »Aye, Sir.«
»Gehen Sie mit ihm, Miss Clemens!«
Sie stand auf, den Mund leicht geöffnet. Bisher hatte sie ihr Mieder noch nicht wieder geschlossen. Die beiden Haken hingen in den falschen Ösen, so dass es oben auseinanderklaffte.
Jameson wurde ein wenig rot und hüstelte. »Wenn Sie bitte mit mir kommen wollen, Miss.«
Sie sah Austin an. »Geben Sie mir meine Sachen zurück, nachdem Sie sie durchsucht haben?«
»Nein.«
»Aber …«
»Ich habe nein gesagt.«
»Nicht einmal …«
Nun reichte es ihm. »Miss Clemens, runter von meinem Deck! Ich bin Ihrer überdrüssig. Sie werden in Ihrer Kabine bleiben, bis wir Boston erreichen, und ich entscheide, was mit Ihnen zu geschehen hat. Bis dahin möchte ich Sie weder sehen noch von Ihnen hören! Haben Sie mich verstanden?«
Sie sah ihn schweigend an. Ihr Gesicht war schmutzverschmiert, ihre Brille mit Teer und Seewasser bespritzt. Nein, sie hatte nichts mit der üppigen Schönheit gemein, die seinen Ersten Offizier zur Meuterei verführt hatte. Dennoch ging von dem sanft wirkenden Mädchen Gefahr aus, die für ihn mindestens so bedrohlich war wie die Kugel, die ihn knapp verfehlt hatte. Er ahnte, dass er sie noch nicht endgültig los war, dass sie sein Schiff, seinen Auftrag und seinen Verstand abermals gefährden würde.
Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, schloss ihn dann aber wieder. Nachdem sie ihm unsicher salutiert hatte, wandte sie sich ab und stieg die Leiter zu Jameson hinunter.
Austin zwang sich, ihr nicht nachzusehen. Immer noch spürte er die Nachwirkungen ihrer sinnlichen, ungeübten Küsse, ihren warmen Atem, die seidig glatten Brüste. Die Meuterei niederzuschlagen hatte die neuen, überwältigenden Empfindungen nicht gedämpft.
Er unterdrückte ein Stöhnen, während er begann, den Kurs zu korrigieren. Die schlimmsten Stürme auf See hatte er gemeistert, aber niemals hatte er es mit etwas aufnehmen müssen, das den diamantgrauen Augen von Evangeline Clemens auch nur nahe kam.
Evangeline atmete die Seeluft tief ein, als sie über Deck stolperte. Helles Mondlicht beleuchtete das Schiff, und sie suchte die tiefsten Schatten, als sie an die Reling huschte.
Zwei Tage war sie in ihrer Kabine eingesperrt gewesen. In dem beengtem Raum war sie wieder seekrank geworden, so dass sie kaum die Brühe und die harten Kekse bei sich behielt,
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