Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
Wirklichkeit waren.«
Diese Neuigkeit musste Vivenna erst einmal verdauen. Wie konnte jemand, der Idris bestahl, gleichzeitig ein Patriot sein? Wie konnte ein Mensch, der Austre treu ergeben war, in den Besitz von mehreren Hundert biochromatischen Hauchen gelangen?
Zögerlich schüttelte sie den Kopf. Ich sah Menschen, die sich über andere stellten, und ich sah, wie sie stürzten, zitierte sie für sich selbst. Das war eine der Fünf Visionen. Sie sollte nicht über Lemex richten, vor allem jetzt nicht, wo er tot war. » Wartet«, sagte sie und sah die Söldner an. » Ihr habt behauptet, nur seine Leibwächter gewesen zu sein. Wie habt ihr ihm da bei schwierigen › Projekten‹ helfen können?«
Die zwei Männer sahen einander an.
» Hab dir ja gesagt, dass sie klug ist«, meinte Tonk Fah. » Kommt davon, dass sie keine Söldnerin ist.«
» Wir sind Leibwächter, Prinzessin«, bestätigte Denth. » Aber auch wir haben gewisse… Fähigkeiten. Wir können Dinge… geschehen machen.«
» Dinge?«, fragte Vivenna.
Denth zuckte die Schultern. » Wir kennen viele Leute. Auch deshalb sind wir so nützlich. Nehmen wir zum Beispiel die Sache mit Eurer Schwester. Vielleicht fällt mir da etwas ein. Es ist ein bisschen so wie bei einer Entführung…«
» Was wir nicht so gern tun«, unterbrach Tonk Fah ihn. » Hatten wir das schon erwähnt?«
» Ja«, sagte Vivenna. » Ein schlechtes Geschäft. Kein Geld damit zu machen. Was waren das für › Projekte‹, an denen Lemex gearbeitet hat?«
» Wir kennen nicht alle«, gab Denth zu. » Wir haben nur Teile davon mitbekommen, wenn wir Botengänge gemacht, Treffen vereinbart und bestimmte Leute eingeschüchtert haben. Es hatte aber alles mit gewissen Arbeiten für Euren Vater zu tun. Wir können es für Euch herausfinden, wenn Ihr wollt.«
Vivenna nickte. » Ja, das will ich.«
Denth stand auf. » Gut«, sagte er. Er ging an Tonk Fahs Sofa vorbei und klopfte dem größeren Mann auf das Bein, was den Vogel zum Aufkreischen brachte. » Komm, Tonk. Zeit, das Haus auszuplündern.«
Tonk Fah gähnte und richtete sich auf.
» Wartet!«, rief Vivenna. » Das meint ihr nicht ernst, oder?«
» Doch«, meinte Denth und machte sich auf den Weg zur Treppe. » Wir brechen versteckte Tresore auf, durchsuchen Papiere und Ordner und versuchen herauszufinden, was der alte Lemex vorhatte.«
» Das wird ihm jetzt egal sein«, sagte Tonk Fah und erhob sich ebenfalls. » Ist schließlich tot.«
Vivenna erzitterte. Sie wünschte sich immer noch, dass Lemex ein richtiges idrisches Begräbnis erhalten hätte, anstatt im Leichenhaus von Hallandren zu enden. Sie empfand es als unschicklich, dass diese beiden Grobiane seine Habseligkeiten durchsuchen wollten.
Offenbar spürte Denth ihr Unbehagen. » Wir müssen es nicht tun, falls Ihr es nicht wollt.«
» Klar«, sagte Tonk Fah. » Dann werden wir aber nie wissen, was Lemex vorhatte.«
» Macht weiter«, sagte Vivenna. » Aber ich will dabei sein.«
» Ich bezweifle, dass Ihr das wirklich wollt«, meinte Denth.
» Warum?«
» Darum«, sagte Denth. » Ich weiß, keiner fragt Söldner je nach ihrer Meinung. Wisst Ihr…«
» Dann macht doch einfach weiter«, sagte Vivenna verärgert und tadelte sich sogleich für ihre grobe Art. Was war bloß los mit ihr? Die letzten Tage waren offenbar sehr anstrengend für sie gewesen.
Denth lächelte bloß, als hielte er ihren Gefühlsausbruch für unglaublich lustig. » Heute halten die Zurückgekehrten ihre Versammlung ab, Prinzessin.«
» Na und?«, fragte Vivenna mit gezwungener Ruhe.
» Das ist gleichzeitig der Tag, an dem Eure Schwester den Göttern vorgestellt wird«, erwiderte Denth. » Ich vermute, Ihr möchtet sie Euch ansehen und herausfinden, wie es ihr geht. Falls dem so ist, solltet Ihr Euch beeilen. Die Versammlung wird bald beginnen.«
Vivenna verschränkte die Arme vor der Brust, machte aber keine Anstalten, das Haus zu verlassen. » Ich bin über all diese Dinge unterrichtet, Denth. Gewöhnliche Menschen können nicht einfach in den Hof der Götter spazieren. Wenn man die Urteile bei der Versammlung des Hofes beobachten will, muss man entweder der Günstling eines der Götter sein, oder man ist äußerst einflussreich, oder man hat in der Lotterie gewonnen.«
» Stimmt«, bestätigte Denth und lehnte sich gegen das Treppengeländer. » Wenn wir jemanden kennen würden, der genug biochromatischen Hauch besitzt, um als wichtig zu gelten, könnten wir in den Hof gelangen, ohne
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