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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Beine, die wie eine Schere um seinen Hals lagen, ließen nicht locker. Er versuchte es erneut, schlingerte mit Wucht gegen eine Hauswand, bekam dabei zu viel Schwung und stürzte. Als Teppichreiter besaß er ein ausgeprägtes Gleichgewichtsgefühl, aber er sackte dennoch auf die Knie und wollte sich seitlich auf den Rücken werfen. Da spürte er noch etwas anderes am Hals, nicht mehr nur die schlanken, sehnigen Beine. Eine Klinge mit gezahnter Schneide.
    »Nicht bewegen«, zischte eine weibliche Stimme in sein Ohr.
    Er wusste, wann es an der Zeit war, aufzugeben. Mit mahlenden Wangenmuskeln blieb er auf den Knien hocken, den Oberkörper schwankend, aber aufrecht, und kämpfte gegen den Drang an, die Last auf seinem Rücken abzuschütteln.
    »Ich schneid dir die Kehle durch«, drohte sie mit einem ungewöhnlichen Akzent.
    »Kinder sollten Acht geben, wenn sie mit Messern hantieren«, presste er zwischen den Zähnen hervor.
    Sie stieß einen verächtlichen Laut aus, und zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass sie vielleicht gar kein Kind mehr war, nur sehr leicht, sehr schmal und ungeheuer gewandt. »Was willst du von meinem Bruder?«
    »Deinem Bruder?«
    Die scheußlichen Zacken der Klinge wurden tiefer in seine Haut gepresst. »Also?«, fauchte sie.
    »Von Nachtgesicht? Ich -«
    »Nenn ihn nicht so!«
    »Das ist sein Name, oder?«
    Sein gesundes Auge blickte verschwommen nach vorn, auch wenn er einiges dafür gegeben hätte, das Gesicht des Mädchens zu sehen. Erst jetzt erkannte er, dass der dicke Schwarze kehrtgemacht hatte, in ein paar Schritten Entfernung stehen blieb und sein Lendentuch zurechtzupfte. Dabei starrte er Tarik an, schweißüberströmt und sichtlich besorgt um seine Schwester.
    »Bring ihn nicht um«, rief er mit demselben gutturalen Akzent wie das Mädchen. »Sag ihm, er soll mich in Ruhe lassen, und dann kann er gehen.«
    »Du bist ein Narr, der nie dazulernt!«, brüllte sie ihn an, so nah an Tarik, dass er fürchtete, fortan nicht nur auf einem Auge blind, sondern auch noch auf einem Ohr taub zu sein. »Man lässt Feinde nicht laufen! Nicht hier in Bagdad!«
    »Ich bin nicht euer Feind«, sagte Tarik.
    »Hörst du’s?«, rief Nachtgesicht. »Er ist gar nicht unser Feind.«
    Tarik fragte sich, ob der Mann womöglich schwer von Begriff war. Wie er so dastand, halbnackt, mit dem mächtigen Wanst über dem Tuch, ein wenig linkisch, als wüsste er nicht, wohin mit seinen Händen, sah er nicht aus wie jemand, der Tarik mehr über die Sturmkönige berichten konnte. Ganz sicher nicht wie eine der wilden, vermummten Gestalten, die den Dschinnen in den Hängenden Städten eine erbitterte Schlacht geliefert hatten.
    Das Mädchen seufzte. Tarik konnte sie riechen, ihren Schweiß und das weiche Leder ihrer Kleidung. Das Messer ritzte die Haut unter seinem Kehlkopf.
    »Wer hat dich geschickt?«, fragte sie. Offenbar hatte sie sich entschieden, Nachtgesichts Einwände zu ignorieren.
    »Niemand. Ich hab gesehen, wie er Stürme erzeugt hat, drüben in den Bädern. Und ich wollte ihn -«
    »Bei allen Göttern!«, schrie sie erneut ihren Bruder an. »Was hab ich dir gesagt? Wieder und wieder und wieder?«
    »Aber die Leute bezahlen dafür! Wir müssen essen.«
    »Ich besorge uns Essen. Und Geld.«
    »Aber ich fühle mich schlecht dabei, dich um alles bitten zu müssen.«
    »Fühle ich mich vielleicht besser, wenn ich ständig deine Dummheiten ausbaden muss?«
    Offenbar führten die beiden dieses Gespräch nicht zum ersten Mal. »Hört zu«, sagte Tarik bemüht versöhnlich, obwohl er der Kleinen liebend gern den Kopf abgerissen hätte. »Alles, was ich wollte, war, deinem Bruder ein paar Fragen zu stellen. Mein Bruder ist irgendwo draußen im Dschinnland bei den Sturmkönigen, und ich weiß so gut wie nichts über sie. Ich hatte gehofft, Nachtgesicht könnte -«
    »Was hab ich dir gesagt?«, fiel sie ihm scharf ins Wort.
    »Aber so heiße ich nun mal«, kam ihm ausgerechnet ihr Bruder zu Hilfe.
    »So heißt du nicht!«
    »Seit wir in Bagdad sind, schon. Nachtgesicht ist kein schlechter Name. Und die Leute merken ihn sich. Anders als Mumumbwaimubasa.«
    »Aber so haben dich unsere Eltern genannt! Als das Gesindel hier in Bagdad dich zum ersten Mal Nachtgesicht gerufen hat, da haben sie das als Beleidigung gemeint!«
    »Ich find’s trotzdem schön«, brummte Nachtgesicht kleinlaut.
    Tarik räusperte sich. »Kann ich jetzt gehen?«
    »Nein!«, brüllte sie ihn an.
    »Wie du meinst.« Seine Hand zuckte nach

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