Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
nächsten Morgen, als würde ihm gleich der Kopf platzen.Er begrüßt den Schmerz und den Nebel in seinem Hirn geradezu. Dadurch hat er eine weitere Gelegenheit, sich von der Realität abzulenken.
Als er aufsteht, stellt er fest, dass Robyn schon zur Arbeit gefahren ist, und fühlt sich völlig planlos. Er findet frisch gekochten Kaffee vor und damit einen weiteren Grund, seiner Gastgeberin dankbar zu sein. Dann duscht er sich, bringt das Sofa wieder in Ordnung und schaltet den Fernseher ein. Eine Viertelstunde später fällt ihm die Decke auf den Kopf.
Er verlässt die Wohnung und geht auf der Suche nach einem Imbiss die Straße entlang. Er bestellt sich Frühstück und liest die Zeitung. Er wirft einen halbherzigen Blick auf die Stellenanzeigen, doch er weiß, dass er unter den Kleinanzeigen keine Arbeit finden wird, die ihm zusagt. Er hat seinen Chef im JP’s gebeten, ihn für Extraschichten einzutragen, also muss er sich keine Sorgen machen, dass er verarmen könnte – schon gar nicht, solange Robyn ihn auf ihrem Sofa duldet. Und er verlässt sich darauf, dass Karl und Molly sich um seine Lohnnachzahlung und seine Abfindung kümmern, auch wenn er nicht weiß, wie lange das dauern wird.
Um halb elf klingelt sein Handy, und er versucht so ungeduldig, es aus der Tasche zu bekommen, dass er sich beinahe den Finger bricht. Es ist nicht unbedingt so, als wollte er mit jemand Bestimmtem reden – er will nur endlich etwas tun . Erst jetzt, wo er sie nicht mehr hat, wird ihm bewusst, wie sehr ihn seine Arbeit auf Trab gehalten hat.
Sein Blick fällt auf das Display, wo er die Nummer eines hiesigen Hotels vorfindet. Dann ist es wahrscheinlich Kaminski. Mit dem möchte Dan eigentlich nicht unbedingt reden, aber …
„Hallo?“
„Hi, Dan, hier ist Jeff Stevens.“ Damit kann Dan schon eher leben. Er ist sich zwar nach wie vor nicht über die Beziehung zwischen Jeff und Evan im Klaren, aber mit Jeff kann Dan sich wenigstens über Pferde unterhalten.
„Hi, Jeff, wie geht’s?“
„Gut, danke. Ähm, Chris hat mir deine Nummer gegeben.“ Jeff macht eine Pause. „Hör zu, Dan … die ganze Sache ist irgendwie ziemlich durcheinandergeraten, aber wir versuchen gerade, alles wieder auf Kurs zu bringen. Hättest du Zeit, dich mit uns zum Abendessen zu treffen? Evan möchte dir einen geschäftlichen Vorschlag unterbreiten. Ich weiß, du hast schon Gemunkel gehört, aber wir hätten gern die Gelegenheit, dir unseren Plan vernünftig darzulegen.“
„Hör mal, ich möchte eure Zeit nicht verschwenden … Ich kann mich gern mit euch treffen, aber Kentucky zu verlassen kommt für mich nicht infrage.“
Jeffs Stimme ist ruhig. „Ja, darüber haben wir ebenfalls nachgedacht. Gib uns einfach eine Chance.“ Jeff deutet Dans Schweigen als Zustimmung. „Es ist deine Stadt – kannst du etwas empfehlen, wo man gut essen kann?“
„Eigentlich nicht. Ihr habt wahrscheinlich, seit ihr hier seid, öfter in Restaurants gegessen als ich in den letzten fünf Jahren. Ich bin meistens im Stall.“
„Wir wohnen im Brown Hotel direkt in der Innenstadt. Dazu gehört auch ein Restaurant namens J. Grahams. Kannst du da hinkommen, vielleicht gegen eins?“
„Klar, kein Problem.“
Einen Moment lang herrscht Stille, dann spricht Jeff weiter, aber jetzt etwas zögerlicher: „Hör zu, Dan. Ich kann noch nicht mal ansatzweise verstehen, wie schrecklich das gerade für dich sein muss, und ich weiß, dass es mich eigentlich nichts angeht. Und wie gesagt, die ganze Sache ist wesentlich chaotischer geworden als nötig, und Evan … es war dumm von Evan, dich den einen Abend in der Bar zu besuchen. Der Junge ist einfach unvernünftig. Aber er hat ein gutes Herz und er kann sich zurückhalten, wenn er muss.“ Jeff seufzt. „Was ich zu sagen versuche, ist, dass du bei unserem Treffen hoffentlich für alles offen bist. Es gibt keinen Druck und keine Erwartungen von unserer Seite. Wir wollen dir nur einen Vorschlag machen.“
„Keinen Druck?“, fragt Dan. „Wenn ich mich nicht als Evans Stalljunge anheuern lasse, kauft ihr die Pferde nicht, und Karl und Molly müssen sich bei der schlechten Wirtschaftslage irgendwie um andere Käufer bemühen, obwohl sie eigentlich um ihren Sohn trauern sollten. Ist das für dich ‚kein Druck‘?“
Jeff seufzt erneut. „Ich wünschte, das hätte Chris dir nicht erzählt. Er möchte wohl nur das Beste für alle, aber … so einfach ist das nicht. Wir haben nicht die Absicht, rücksichtslos zu sein,
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