Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
aus dem Pick-up und fragt Jeff: „Ich ziehe mir nur kurz was anderes an – willst du dich auch hier umziehen?“ Er erntet damit einen verständnislosen Blick von Jeff. „Oh, Chris fährt zu seinen Eltern rüber, um die Pferde zu holen.“ Dan grinst. „Hättest du uns wirklich die Turnierpferde riskieren lassen? Nicht nötig: Chris‘ Eltern haben Quarter Horses – die sind für so was viel besser geeignet.“
Jeff nickt, offensichtlich erleichtert darüber, dass sie nicht Evans Pferde benutzen werden. „Ja, wenn es dir recht ist. Ich habe Jeans in meiner Tasche …“
Dan hat schon die halbe Strecke zur Stalltür zurückgelegt. „Ja, das ist gut.“
Chris fährt los, hält dann noch mal an und ruft: „Jeff, du willst aber einen Sattel?“
Jeff wirkt ein bisschen unsicher. Dan grinst und murmelt leise: „Ist schon in Ordnung, Jeff, wenn man älter wird, lässt die Kraft in den Beinen nun mal nach und das Gleichgewichtsgefühl …“
„Ich mach’s genauso wie ihr!“, ruft Jeff über Dans Sticheleien hinweg. Chris hebt bestätigend die Hand und fährt davon.
„Ist das jetzt etwa die Strafe dafür, dass ich dich ‚Kleiner‘ genannt habe?“, fragt Jeff. Er versucht, verärgert zu klingen, aber scheint hauptsächlich erleichtert darüber zu sein, dass Dan schon wieder nach Scherzen zumute ist.
Nachdem Dan die Tür zur Treppe geöffnet hat und hinaufgegangen ist, schließt er die Wohnungstür auf und geht hinein. Als er seine Anzugjacke auszieht, stößt er auf seinen Flachmann und betrachtet ihn kurz, bevor er ihn hinstellt. Später wird er wahrscheinlich darauf zurückkommen, aber im Augenblick braucht er ihn einfach nicht. Er findet die ursprüngliche Flasche und schwenkt sie fragend in Jeffs Richtung, aber der schüttelt den Kopf. Dan fühlt sich irgendwie unwohl. Normalerweise nimmt Dan das Nacktheitstabu nicht allzu ernst, aber nach dem Vorfall am letzten Abend sollte er wohl klarstellen, dass er nicht vorhat, Jeff zu verführen. Er druckst ein bisschen herum und kommt sich dumm vor. „Ich geh einfach da rein“. Er zeigt auf die Schlafzimmertür. „Du kannst dich hier umziehen oder im Bad oder warten, bis ich fertig bin. Chris ist schnell, aber er muss sich erst umziehen und dann die Pferde holen und hier rüber reiten, also können wir uns Zeit lassen.“
Jeff nickt und beginnt, in seiner Tasche zu wühlen, als Dan den Raum verlässt. Dan zieht seine Anzughose aus und hängt sie zusammen mit der Jacke an die Tür. Nachdem er umgezogen ist, wird er sie im Badezimmer aufhängen und hoffen, dass der Dampf der Dusche den Großteil der Falten beseitigt, denn er hat vor, den Anzug auch bei der Beerdigung zu tragen. Allerdings besitzt er ein zweites Anzughemd, also wirft er das Getragene in den Wäschekorb und schlüpft in Jeans, T-Shirt und einen Kapuzenpullover. Und fühlt sich wieder unwohl. Zieht Jeff sich im Wohnzimmer um? Wird es peinlich, wenn er hinausgeht und Jeff nur halb angezogen ist? Er geht ein bisschen auf und ab und hat das seltsame Gefühl, ein Gefangener in seinem eigenen Schlafzimmer zu sein. Dann hört er, wie der Fernseher eingeschaltet wird und betrachtet es als Signal. Es würde sich doch bestimmt niemand im Haus eines anderen halb ausziehen und dann anfangen fernzusehen, bevor er sich wieder anzieht. Oder zumindest würde Jeff das bestimmt nicht machen. Trotzdem öffnet Dan die Tür absichtlich geräuschvoll und bringt dann zunächst seinen Anzug ins Badezimmer, ohne zum Wohnraum hinüber zu schauen.
Als er wieder herauskommt, ist Jeff in Jeans und seinem lose darüber hängenden Hemd gerade dabei, leise zu telefonieren. Bestimmt meldet er sich bei Evan. Dan weiß, dass er nicht das Recht hat, eifersüchtig zu sein, aber er lässt sich trotzdem kurz dazu hinreißen. Da er seine empfindliche gute Laune aber nicht gefährden möchte, versucht er, sich zu zügeln, bevor er zu weit geht. Er ruft sich ins Gedächtnis, wie freundlich und großzügig Evan ist. Als das nicht funktioniert, sagt er sich, dass Jeff zumindest für diesen Abend ihm gehört und Evan mit einem Anruf vorlieb nehmen muss. Damit hat er Erfolg und lässt sich mit wesentlich besserer Laune auf dem Sofa nieder.
Jeff klappt sein Handy zu und macht es sich am anderen Ende des Sofas bequem. „Evan ist eifersüchtig“, erklärt Jeff und spiegelt damit so genau Dans Gedanken wider, dass dieser herumfährt und Jeff anstarrt. „Er sagt, wir müssen ein paar Quarter Horses nach Kalifornien mitbringen, damit er
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