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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Was denn?«
    »Du hast falsche Vorstellungen von der Arbeit eines
Kriminalrats.«
    »Nee – nee«, beharrte Jonas. »Mama wird ganz schön
heiß sein, wenn sie erfährt, dass du wieder auf einer wilden Jagd bist.«
    »Das habe ich nicht behauptet«, erwiderte Lüder, aber
er hörte nur das Besetztzeichen. Jonas hatte aufgelegt.
    Auf den dreißig Kilometern bis Eckernförde herrschte
lebhafter Verkehr. Lüder überquerte den Nordostseekanal über die Levensauer
Hochbrücke, umfuhr Gettorf und steuerte zunächst den Tatort in der
Fußgängerzone an.
    Die Buchhandlung wurde noch immer durch einen
Sichtschutz vor neugierigen Blicken abgeschirmt. Nur noch vereinzelt blieben
Passanten stehen und tuschelten miteinander. Die Mehrheit hatte den Stunden
zurückliegenden Mord als aufregendes Ereignis wahrgenommen, aber der
Sensationseffekt war inzwischen verpufft.
    Am Tatort fand er nur noch zwei Beamte der
Spurensicherung, die sich wenig erfreut über seinen Besuch zeigten.
    »Wir können noch nichts sagen«, versuchte ihn der
ältere Kriminaltechniker abzuwimmeln. »Wir werden alles in unserem Bericht zusammenfassen.«
    Instinktiv sahen beide auf die zwei Treppenstufen, wo
Robert Havenstein gestorben war. Nicht nur die Blutflecke zeichneten sich
deutlich ab, auch die Markierungen, die den Umriss des Opfers anzeigten, waren
noch vorhanden.
    »Es dauert noch eine Weile«, erklärte der
Spurensicherer im Vorbeigehen. »Ich muss jetzt wieder …«, sagte er mit
Bestimmtheit und ließ Lüder stehen.
    »Moment«, hielt ihn Lüder zurück. »Haben Sie Bilder
vom Toten?«
    »Sicher.«
    »Ist dort eines dabei, das einen unblutigen Ausschnitt
zeigt?«
    Mit einem Knurrlaut griff der Beamte eine Kamera und
ließ die Bilder durchlaufen. Er entschied sich für eines, das Havenstein aus
einer Perspektive zeigte, die die Schussverletzungen kaum erkennen ließ.
Mittels Bluetooth ließ sich Lüder die Abbildung auf sein Handy übertragen.
    Zeugen, die Lüder noch einmal hätte befragen können,
waren nicht mehr anwesend.
    »Ich habe die Mitarbeiter nach Hause geschickt«, sagte
ein älterer Mann mit einer bunt gestreiften Fliege und stellte sich als
Mitglied der Geschäftsführung vom Stammsitz aus Schleswig vor. Dann zeigte er
auf den Blutfleck. »Das glaubt man nicht, dass sich so etwas hier bei uns
ereignen kann. Schlimm, wie man einen Menschen so töten kann.« Er schüttelte
sich. »Man glaubt immer, wir wären hier sicher. Eckernförde. Das ist doch so
weit ab vom Schuss.« Er schüttelte sich noch einmal, als ihm bewusst, wurde,
welch doppelte Bedeutung die Redewendung in diesem Fall hatte. »Wenn wir Ihnen
helfen können … jederzeit. Aber erst einmal wäre es gut, wenn sich Kunden und
Mitarbeiter unseres Hauses erholen könnten.«
    »Danke«, erwiderte Lüder. »Ich glaube, die Kollegen
haben alle Aussagen protokolliert.«
    Der Mann kratzte sich am Kopf. »Wenn ich recht
informiert bin, dann sind einige heute Nachmittag zur Gerichtsstraße.«
    Als Lüder ihn fragend ansah, ergänzte er: »Da sitzt
die Polizei in Eckernförde. Die wollen dort Phantomzeichnungen erstellen.«
    Lüder verabschiedete sich und fuhr zur Wohnung
Havensteins am Stadthafen. Sein GPS -System
führte ihn über den Jungfernstieg in die Nähe des Vorhafens, der den Eingang
zum Eckernförder Stadthafen markierte. Als er aus dem Fahrzeug stieg, verhielt
er einen Augenblick und genoss den Blick über die Ostsee und den
unnachahmlichen Geruch des Wassers. Auf der anderen Uferseite im Stadtteil
Louisenberg konnte er den Kranzfelder Hafen, die Marinebasis und die grauen
Silhouetten von Schiffen der Bundesmarine erkennen. Lüder erinnerte sich, dass
Havenstein früher aus Krisengebieten berichtet hatte und über Erfahrungen mit
Militärs verfügte. Was wäre, wenn er auf diesem Gebiet etwas entdeckt hätte,
das interessierte Kreise gern im Verborgenen belassen würden? Eckernförde war
nicht nur ein U-Boot-Hafen, sondern dort war auch der Torpedoschießstand
beheimatet. Und wer vermutete, dass in dieser friedlichen Stadt mit Sauer &
Sohn auch noch ein bedeutender Waffenproduzent seine Produktionsanlagen
unterhielt, der früher die deutsche Polizei mit Dienstpistolen ausgerüstet
hatte? War Eckernförde vielleicht doch nicht so harmlos, wie es auf den ersten
Blick schien?
    In Havensteins Wohnung traf er zwei weitere Beamte der
Spurensicherung an.
    »Darf ich mich ein wenig umsehen?«, fragte Lüder.
    »Wir sind fast durch«, erwiderte einer

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