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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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vergeblichen
Anläufen hatte er die Funktion gefunden, um sich die auf dem Speicher
abgelichteten Bilder ansehen zu können. Zunächst sah er Häuser einer
Kleinstadt, Geschäfte, eine Fußgängerzone, Menschen, eine Kirche.
    »Ist das Oldenburg?«, fragte er den Vermieter, der es
mit einem Kopfnicken bestätigte, nachdem er einen Blick darauf geworfen hatte.
    Lüder konnte auf den Fotos nichts erkennen, was ihm
außergewöhnlich bemerkenswert erschien. Als er weiter zurückblätterte, tauchte
eine Serie privater Bilder auf. Sie zeigten ausschließlich Robert Havenstein,
am Strand liegend, einen Cocktail schlürfend, ins aufspritzende Ostseewasser
laufend. Es waren Aufnahmen, die von einer glücklichen Liebesbeziehung
kündeten. Zumindest schloss Lüder es aus der Ungezwungenheit, mit der sich
Havenstein präsentiert hatte.
    Nach einigen Bildern aus Eckernförde mit bekannten
touristischen Motiven stutzte Lüder. Die Perspektive kannte er. Die Aufnahmen
waren von Havensteins Fenster aufgenommen. Dabei musste Hannah Eisenberg ein
gutes Teleobjektiv benutzt haben. Lüder war überrascht von der guten Qualität
und Schärfe. Selbst Details der auf der Marinebasis liegenden Schiffe der
Bundesmarine waren gut sichtbar zu erkennen. Doch die vermeintliche
Journalistin hatte ihre Kamera auch auf ein- und ausfahrende Kriegsschiffe
gerichtet, die vor dem Hafen in der Eckernförder Bucht kreuzten.
    Es folgte wieder eine Reihe harmloser Aufnahmen aus
Eckernförde und Oldenburg, dazwischen eingestreut private Bilder von Robert
Havenstein, dann ein paar Alltagsaufnahmen aus Kiel bis … Lüder war nicht mehr
überrascht, als er sah, dass Hannah Eisenberg mit der gleichen Präzision Bilder
von der Kieler Werft, die für ihren Marineschiffbau bekannt war, den der Laie
Kriegsschiffbau nennt, aufgenommen hatte.
    Lüder vermutete, dass ein Teil der Aufnahmen von der
Seegartenbrücke, weitere Bilder von der Universitätsbrücke und ein kleiner Teil
auf der Höhe des Landtags aufgenommen worden waren. Es hätte Lüder nahezu
verwundert, wenn es keine Bilder von der anderen Marinebasis, dem Tirpitzhafen,
gegeben hätte. Er war gespannt, mit welcher Begründung Hannah Eisenberg ihr
Interesse für Einrichtungen der Bundesmarine begründen würde.
    »Ich werde das Notebook, die Kamera und das Bild
mitnehmen. Schließen Sie bitte die Räume ab. In Kürze werden die Beamten der
Spurensicherung eintreffen. Bis dahin darf niemand die Wohnung betreten.«
    »Und was ist, wenn Frau Eisenberg zurückkommt?«
    »Das ist etwas anderes. Natürlich darf sie in ihre
Wohnung. Sie dürfen ihr gern erzählen, dass ich hier war.« Lüder überreichte
dem Vermieter eine Visitenkarte. »Und Sie bitte ich, mich zu benachrichtigen.«
    »Kriminalrat?«, stammelte der Mann gedehnt.
    Mit dem Notebook und der Kamera unterm Arm verließ
Lüder die Wohnung, nachdem er Hauptkommissar Vollmers angerufen und um die
Spurensicherung gebeten hatte. Es sollte sichergestellt werden, dass es sich um
dieselbe Frau handelte, die in Havensteins Eckernförder Wohnung verkehrte.
    Die Straße lag ruhig in der Oktobersonne. Zu dieser
Jahreszeit waren die Bewohner mit anderen Dingen als der Pflege der Vorgärten
beschäftigt. Nicht jeder verbrachte wie Lüders Nachbarin, Frau Mönckhagen,
seine Tage im Garten, immer ein Auge auf die Straße gerichtet, um ja nichts von
den Ereignissen rund um die eigene Parzelle zu versäumen.
    Schräg gegenüber, auf der anderen Straßenseite,
unterschied sich ein Haus von seinen Nachbarn dadurch, dass es zur Straße hin
nicht durch eine Hecke, sondern durch einen Zaun abgegrenzt wurde, dessen
einzelne Felder in einer Art Wellenlinie gestaltet waren. Neben der
Grundstückseinfriedung stand ein Mann, rauchte eine Zigarette und beobachtete
Lüder.
    Der Mann zog noch einmal an seinem Glimmstängel, warf
die Kippe lässig auf den Gehweg, drehte seinen Absatz darauf herum, überquerte
mit raschem Schritt die Fahrbahn und kam ihm entgegen. Lüder warf ihm einen
flüchtigen Blick zu. Der Mann mochte einen Kopf kleiner sein als Lüder,
vielleicht knapp einen Meter siebzig. Als sie auf gleicher Höhe waren, drehte
er sich zu Lüder um und packte ihn am Kragen. Die kräftigen Hände krallten sich
in Lüders Revers fest und schüttelten ihn so heftig, dass Lüder Mühe hatte, das
Gleichgewicht zu halten.
    »Du Schwein«, schimpfte der Fremde. Er hatte eine
harte, fremd klingende Aussprache. Lüder konnte den Akzent noch nicht zuordnen.
    Lüder hob die Hand hoch,

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