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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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klang nicht südeuropäisch, sondern deutsch mit Akzent.
Es klang wie … Lüder überlegte. Ja, es klang wie Fritz Muliar, der auf
unvergessliche Weise den »Braven Soldaten Schwejk« verkörpert hat und für seine
jiddischen Geschichten bekannt war. Sein Gegenüber war kein Südeuropäer,
sondern Israeli, dämmerte es Lüder.
    »Sie kennen Frau Eisenberg?«
    Sofort begann es in den Augen des Mannes wieder zu
funkeln. »Kennen?«, fauchte er. »Sie ist meine Frau.«
    Lüder holte tief Luft. Der eifersüchtige Ehemann hatte
Lüder für den Liebhaber seiner Frau gehalten.
    »Sie haben hier gewartet und wollten Ihre Frau in
flagranti erwischen?«
    »Ich wollte dem Lumpen in die Augen sehen, der meine
Frau von zu Hause weggelockt hat, der meine Ehe zerstört hat, unser Glück.«
Erneut schien den Mann der Zorn zu überwältigen. Wie von Furien gehetzt sprang
er auf das Notebook und trampelte darauf herum. Knirschend zerbarsten die
Reste, sofern sie vorher noch nicht zerstört worden waren.
    »He«, versuchte Lüder den Rasenden zu bändigen und
packte ihn am Oberarm. »Sie müssen hier nicht wie Rumpelstilzchen herumhüpfen.
Da liegt ein Irrtum vor. Ich kenne Ihre Frau nicht.«
    Eisenberg hielt inne. Er kniff die Augen zu schmalen
Schlitzen zusammen.
    »Lügner«, fauchte er. »Sie haben Hannah in Jerusalem
kennengelernt und sich an sie herangemacht.« Der Mann tippte Lüder mit dem
ausgestreckten Zeigefinger auf die Brust. »Mit welchen Versprechungen haben Sie
meine Frau hierhergelockt, häh?«
    »Nun kommen Sie zu sich.« Ihm reichte es allmählich.
»Wer sind Sie überhaupt? Und wie kommen Sie dazu, Frau Eisenbergs Computer zu
zerstören?«
    »Frau Eisenbergs Notebook? So was. Mensch, das ist
meiner.« Jetzt zeigte der Finger auf die eigene Brust. »Den hat Hannah
mitgenommen.« Der Mann ließ von Lüder ab und kramte in der Innentasche seiner
Jacke. Er zog einen Pass heraus, auf dessen Deckblatt der Davidstern leuchtete.
Dann schlug er ihn auf und hielt ihn Lüder vor die Nase.
    Dov Eisenberg, las Lüder. Er überschlug das
Geburtsdatum. Sein Widersacher war sechsundvierzig Jahre alt. Er kam aus Rishon
LeZion.
    »Herr Eisenberg … noch einmal. Ich bin nicht der
Liebhaber Ihrer Frau.«
    »Lügner. Haben Sie eine Vorstellung, wie aufwendig es
war, bis ich herausgefunden hatte, wo Hannah jetzt lebt? Und Sie waren in ihrer
Wohnung.« Eisenberg verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Das hier«, dabei
zeigte er mit der Fußspitze auf das zerstörte Notebook, »das ist meines. Was
soll das Leugnen?«
    Lüder hatte nicht die Absicht, dem aufgebrachten Mann
von der Ermordung Robert Havensteins zu berichten.
    Plötzlich drehte sich Eisenberg um und ging zum
Ausgang der Sackgasse, entgegengesetzt der Stelle, an der Lüder sein Auto
geparkt hatte. Dabei schwenkte er drohend seinen Zeigefinger. »Sie hören noch
von mir«, sagte er in einem wütenden Tonfall. »Das ist noch nicht gegessen.«
    Lüder sah ihm nach und merkte sich das Kennzeichen des
dunkelblauen Golf. Es war schon ein merkwürdiger Zufall, dass der Ehemann
offenbar beim selben Autovermieter gebucht hatte wie seine Frau.
    Lüder hatte keinen Grund, Dov Eisenberg aufzuhalten.
Über den tätlichen Angriff auf sich sah er hinweg. Er schob es auf die
Aufgebrachtheit des gehörnten Ehemanns. Objektiv betrachtet mochte es durchaus
den Anschein haben, als würde Lüder in der Wohnung von Hannah Eisenberg ein und
aus gehen und sich ungeniert der Gegenstände aus der Wohnung bedienen.
    Vom Auto aus rief Lüder Vollmers an und gab ihm das
Kennzeichen des Leihwagens durch. Er bat den Hauptkommissar zu eruieren, auf
wessen Namen das Fahrzeug gemietet worden war.
    Warum hatte Robert Havenstein sich nicht gescheut, in
Begleitung Hannah Eisenbergs durch Eckernförde zu spazieren, während der
Journalist in Oldenburg unbekannt war? Ob die Frau befürchtete, ihr
eifersüchtiger Ehemann würde unverhofft auftauchen und eine Szene machen?
Wusste sie, dass Dov Eisenberg zur Gewalt neigte?
    Um sicherzugehen, dass seine These richtig war, fuhr
Lüder ins Stadtzentrum. Er fand einen Parkplatz vor der Bibliothek, die mit
ihrem unansehnlichen Baustil aus Beton sicher nicht zu den städtebaulichen
Kleinodien zählt. Lüder durchschritt eine kleine Passage, die sich ein wenig
großspurig »Kuhtor-Center« nannte, und war nach wenigen Schritten in der
Fußgängerzone.
    Hier herrschte ein anderes Leben als in den großen
Städten. Zwischen den kleinen und gemütlichen Häusern drängelten

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