Sturmtief
Hannah.«
Lüder schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte,
dass die Tassen klirrten. »Schluss mit dem Theater! Wir könnten außerdem durch
die DNA nachweisen, dass Sie nicht
der Vater des ersten Kindes sind.«
Nachdem Eisenberg schwieg, wechselte Lüder das Thema.
»Ist es nicht merkwürdig, dass der treu sorgende Ehemann und Vater die
Herausgabe des Notebooks seiner Frau verlangt, aber nicht nach dem Foto seiner
Familie fragt, als Sie mich vor dem Appartement in Oldenburg überrascht haben?
Sie haben geahnt, dass ich es Ihnen nicht aushändigen würde. Richtig. Aber
trotzdem hätte jeder normale Mensch es verlangt. Stattdessen rempeln Sie mich
an, und zwar so, dass das Notebook herunterfällt, und lassen es wie einen
Zufall aussehen, dass Sie darüber stolpern. Und zwar gleich mehrfach und
gründlich.«
»Haben Sie noch etwas vom Speicher rekonstruieren
können?« In Eisenbergs Stimme war ein lauernder Unterton zu vernehmen.
»Ich werde Sie nicht über Ermittlungsergebnisse in
Kenntnis setzen. Warum haben Sie mich damals nicht gefragt, wo Hannah steckt?
Das wäre die natürlichste Reaktion gewesen.«
Sie wurden durch die Bedienung unterbrochen, die die
Getränke brachte. Eisenberg nutzte die Gelegenheit, um sich erneut umzusehen,
und betrachtete die Passanten, die teils gemächlich durch den Sophienhof
schlenderten, teils im Eiltempo ihrem Ziel entgegenhasteten.
»Für einen Straßenbauer haben Sie erstaunlich schnell
herausgefunden, wo Sie in Deutschland nach Hannah Eisenberg suchen mussten. Ich
habe mich gefragt, wie Sie so schnell nach Oldenburg, in eine kleine
Provinzstadt, gekommen sind. Ich weiß es.«
»Und?«, fragte Eisenberg.
»Sie haben tüchtige Helfer, einen Stab, der Ihnen
zuarbeitet.«
»Das wird immer dümmer«, schimpfte Eisenberg.
»Ja«, pflichtete Lüder ihm bei. »Für Sie. Sie waren
stets gut informiert. Nur vom Tod Ihrer angeblichen Frau wollen Sie nichts
gewusst haben.« Lüder stützte die Ellenbogen auf die Tischkante und legte das
Kinn in die Handflächen. »Das passte nicht. Sie befanden sich in einer
Zwickmühle. Hätten Sie zugegeben, von Hannah Eisenbergs Ermordung gewusst zu
haben, hätte ich Ihnen kritische Fragen gestellt.« Lüder lächelte, als ihm
spontan einfiel, wie Oberkommissar Große Jäger es formuliert hätte: Ich hätte
Sie einem peinlichen Verhör unterzogen, wären seine Worte gewesen.
Eisenberg war durch Lüders Lächeln irritiert.
»So mussten Sie weiterhin den unwissenden und
eifersüchtigen Ehemann spielen. Dabei haben Sie …«
»Das ist alles unwahr, was Sie behaupten.«
»Och«, sagte Lüder und lehnte sich entspannt zurück.
»So würden Sie das gerne haben. Sie kennen die Weisheit ›Nobody is perfect‹ ?«
Lüder schwieg einen Moment, um seine Worte wirken zu lassen. »Erstens: Jeder
macht Fehler. Zweitens: Manchmal ist es auch der Fehler, dass man keine Fehler macht. Sie sind mit einer perfekten Tarnung von Israel nach Deutschland
geflogen. Sie wussten, dass wir das verifizieren werden. Aber …!« Lüder
lächelte. »Ihre Staatsfluglinie El Al ist die sicherste der Welt. Dort kommen
Sie nicht einmal mit angespitztem Fingernagel an Bord. Sie aber«, dabei zeigte
er auf Eisenberg, »haben sogar eine Schusswaffe geschmuggelt. Können Sie das
erklären?«
»Wie kommen Sie darauf?« Eisenberg sah Lüder
überrascht an.
»Ich bin sooo lange verheiratet. Da hat man seine
kleinen Geheimnisse. Und die bewahre ich mir auch im Dienst«, log er, da er
weder verheiratet war noch wusste, dass Eisenberg eine Waffe aus Israel
mitgebracht hatte. »Und mit dieser Waffe haben Sie einen Mord begangen.«
Eisenberg schüttelte heftig den Kopf.
»Nun lobe ich Sie«, sagte Lüder leichthin, »und Sie freuen
sich nicht einmal darüber. Schließlich waren wir derselben Sache auf der Spur.
Sie waren schneller. Kompliment. Sie haben Dionysios Proastiakós vor mir
gefunden. Und vor allen europäischen Polizeibehörden, die den Berufsmörder
gejagt haben.«
»Mir wird es jetzt zu bunt«, sagte Eisenberg, und es
schien, als würde er aufstehen wollen.
»Sie bleiben sitzen«, sagte Lüder barsch und zeigte
auf den Stuhl. »Sie haben den Zyprer erschossen. Wo war das?«
»Ich habe niemanden erschossen.«
»Doch. Weil Proastiakós Havenstein und Ihre
Landsmännin hingerichtet hat.« Und ich würde gern wissen, warum, ergänzte Lüder
für sich selbst. »Wissen Sie, was mich dabei erstaunt hat? Dass der Killer sich
bei seiner Hinrichtung nicht gewehrt hat. Ein
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