Sturmtief
trotz aller kindlichen Neugierde noch nicht für Nikotin interessierte.
In der Halle mit den drei Bahnsteigen herrschte
mäßiger Betrieb. Das Verkehrsaufkommen hielt sich in Grenzen. Das lag sicher an
Kiels verkehrstechnischer Randlage. Abgesehen von einer knappen Handvoll
Fernzüge verkehrten hier nur Regionalbahnen.
Der Erotikshop im Obergeschoss der
Bahnhofsbuchhandlung schien seine Kunden zu finden. Sonst hätte er sich nicht
so lange gehalten. Weit intensiver waren die Läden mit dem Angebot an Ess- und
Trinkbarem frequentiert. Lüder weigerte sich allerdings, von einem
»kulinarischen Angebot« zu sprechen.
Vom Bahnhof führte eine gläserne Brücke über die viel
befahrene Straße Sophienblatt. Hier trafen sich auch zahlreiche Stadtbuslinien
und machten den Ort zum zentralen Umsteigeplatz.
Lüder war für einen Moment abgelenkt und schrak
zusammen, als sich sein Handy in der Hosentasche mit Vibrationsalarm meldete.
»Hallo, Herr Kollege«, meldete sich eine Stimme auf
Englisch. Lüder erkannte den zyprischen Polizisten Konstantinopoulos wieder.
»Ich sagte doch, wir werden es herausfinden. Es ist überhaupt kein Problem. Der
Mann heißt nicht Andrea Filipi, sondern ist ein angesehener Hotelbesitzer aus
Larnaka. Er hat dort zwei Hotels, in denen auch viele Deutsche gern Urlaub
machen. Was wollte er bei Ihnen?«
»Das versuchen wir noch herauszufinden«, wich Lüder
aus. »Wie haben Sie ihn so schnell identifizieren können?«
»Das ist überhaupt kein Problem«, erklärte
Konstantinopoulos, ließ aber offen, wie es ihm gelungen war, die Identität des
Profikillers so schnell zu ermitteln.
»Wie heißt der Mann?«
»Er ist ein angesehener Bürger. Verheiratet. Hat zwei
Kinder und zwei Hotels.«
Das hat er mir schon berichtet, dachte Lüder. Jetzt
fehlt nur noch, dass mir Konstantinopoulos erzählt, der fürsorgliche Mörder
hätte für jedes seiner Kinder ein Hotel »zusammengeschossen«.
»Was können Sie mir noch über ihn sagen?«
»Das ist überhaupt kein Problem. Er ist beliebt und
hat sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Man spricht sogar gut von ihm. Er
setzt sich für seine Mitbürger ein. Außerdem hat er gute Kontakte zu unseren
Nachbarn.«
»Wer sind Ihre Nachbarn?«
»Israel. Man sagt, dass die gern zu einem Kurzurlaub
in seine Hotels gekommen sind. Und er ist auch öfter dorthin gereist.«
»Können Sie mir seinen Namen und seine Personalien
durchgeben?«
»Das ist überhaupt kein Problem. Er ist
siebenunddreißig Jahre alt.« Konstantinopoulos stutzte einen Moment. »Dann ist
er genau zehn Jahre jünger als ich«, stellte er überrascht fest.
»Und wie heißt er?«
»Dionysios Proastiakós.« Dann nannte der Zyprer die
genaue Anschrift, Namen der beiden Hotels, Telefonnummer und hätte sicher noch
mehr erzählt, wenn Lüder ihn nicht gestoppt hätte. »Ich habe Ihnen auch ein
Bild von Proastiakós gemailt«, sagte Konstantinopoulos. »Sollen wir die Familie
vom Tod des Familienvaters in Kenntnis setzen?«
»Wenn absolut sichergestellt ist, dass es sich um
Proastiakós handelt.« Lüder war noch skeptisch.
Doch der zyprische Polizist schien keinen Zweifel zu
haben. »Das können die aus Larnaka machen«, erklärte er lapidar. »Informieren
Sie unser Konsulat? Schließlich muss Dionysios Proastiakós in die Heimat
reisen. Und wenn Sie mal auf Zypern sind, lassen Sie uns einen Wein miteinander
trinken.«
»Überhaupt kein Problem«, sagte Lüder und verabschiedete
sich.
Er hatte das Einkaufszentrum erreicht und fand sich im
Obergeschoss wieder. Die von einem Glasdach bedeckte Passage führte hier auf
zwei Stegen links und rechts zum anderen Ende und gab in der Mitte den Blick
auf das Erdgeschoss frei. Eine Mischung von Filialen der großen Ketten
wechselte sich mit inhabergeführten Geschäften ab, die für Lüder mit der
individuellen Gestaltung den Charakter des Sophienhofs wesentlich bestimmten,
da das Erscheinungsbild der großen Anbieter beliebig und austauschbar war und
man vergessen konnte, in welcher Stadt man sich gerade befand.
Lüder entschied sich für den rechten Gang und warf
einen Blick in die Sitzecken der gastronomischen Betriebe. Gleichzeitig
beobachtete er die Gegenseite und sah ins Erdgeschoss, soweit er es überblicken
konnte.
Er schlenderte durch den ganzen Sophienhof bis zum
Übergang, auf dem sich Buden mit Sonderverkaufsangeboten fanden, ignorierte den
Eingang zum Warenhaus, das im Gegenzug zur Schwester am anderen Ende der
Innenstadt, am Alten
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