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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Kugel, die sich in einer Wasserfontäne träge drehte, mit den
Armen, als er ebenfalls die Seite wechselte. Ein paar Meter weiter führte eine
Treppe ins Obergeschoss. Aber Eisenberg ignorierte diese Fluchtmöglichkeit.
Lüders Abstand betrug etwa fünf Meter. Diesen Zwischenraum nutzte ein jüngerer Mann,
der an einer Telefonstele am Aufgang stand, um sich Lüder in den Weg zu
stellen. »Halt«, rief er.
    »Polizei«, rief Lüder, gab dem Mann beim Ausweichen
einen leichten Stoß und geriet durch den Zusammenstoß ins Schlingern. Es gelang
ihm, sich wieder zu fangen.
    Eisenberg war gut trainiert. Er war nicht viel langsamer als Lüder, und hatte durch Lüders Begegnung mit dem Passanten zwei
Meter gewonnen, zumal Lüder durch das Straucheln auch noch mit einer Frau
zusammenprallte, die mit zwei beladenen Taschen den Lebensmittelsupermarkt
verließ, der an dieser Stelle seine Waren feilbot.
    Eisenbergs Absätze waren deutlich auf den glatten
Fliesen des Einkaufszentrums zu hören. Immer mehr Menschen waren auf die
Verfolgungsjagd aufmerksam geworden und wichen den beiden Entgegenkommenden
aus. So bildete sich fast eine Gasse.
    Eisenberg nutzte für die Flucht nicht die beiden
Abzweigungen, die sich ihm geboten hätten. Er lief an dem rechten Gang vorbei,
in dem zahlreiche Fingerfood-Anbieter angesiedelt waren und deren in Gruppen
herumstehende Gäste den Weg für die Flüchtenden versperrten. Links öffnete sich
die Passage zu »Sophie’s Markthalle«, in der zahlreiche Stände ein vielfältiges
Angebot unterbreiteten und wo es so herrlich nach frischen Laugenbrezeln
duftete. Von dort führte eine Drehtür ins Freie, deren langsame Bewegung für
Eisenberg aber das Ende seiner Flucht bedeutet hätte. Der Israeli, stellte
Lüder fest, musste sich im Vorhinein über die Örtlichkeiten informiert haben.
Das sprach für seine Professionalität.
    Eisenberg hastete an »Sophie’s Kultuhr« vorbei – Lüder
schmunzelte jedes Mal, wenn er vorbeikam, über das Wortspiel –, ein Werk des
Künstlers Charles Morgan, eine phantasievolle Komposition von Rädern,
Antriebsriemen und tausenderlei anderen bunten Teilen, und stürzte in Richtung
der aufwärtsführenden Rolltreppe. Dabei stieß er rücksichtlos die Leute zur
Seite, die in das Obergeschoss fahren wollten.
    »Stehen bleiben!«, rief Lüder. Er war sich bewusst,
dass sich Eisenberg dadurch nicht beeindrucken ließ. Das Rufen warnte aber die
Menschen in der Fluchtrichtung.
    Inzwischen hatten fast alle Besucher des Sophienhofs
die wilde Jagd der beiden Männer bemerkt. Nur eine Gruppe von drei älteren
Damen nicht, die sich von der Rolltreppe nach oben schaufeln ließen. Sie blieben
am Ende der Rolltreppe stehen, um sich zu orientieren und zu beratschlagen, in
welche Richtung sie ihren Bummel fortsetzen sollten.
    Lüder hasste solche Situationen. Die Fahrtreppe
baggerte unablässig andere Leute nach, die keine Chance hatten, der unfreiwilligen
Begegnung mit den Verharrenden zu entgehen. In diesem Fall traf es eine Mutter,
die sich bemühte, mit einer Hand den Buggy in der Waagerechten zu halten,
während sie an der zweiten Hand ein etwa dreijähriges Kind festhielt. Sie fuhr
einer der resoluten Seniorinnen in die Hacken, was diese zu einer ungeahnten
Beweglichkeit veranlasste. Die alte Dame drehte sich um und schnauzte die junge
Mutter an, die, getrieben von der Rolltreppe, weiter auf ihre Kontrahentin
eindrang. Es entstand ein Knäuel sich gegeneinanderstemmender Menschen, denn
die alte Dame wollte sich nicht verdrängen lassen und versuchte, den Weg zu
blockieren.
    In dieses Gewimmel stürzte Dov Eisenberg, der auf der
Treppe Lüders hastende Schritte hinter sich hörte. Der Israeli ruderte mit den
Armen, versuchte die beiden anderen Seniorinnen zur Seite zu drücken, aber es
gelang ihm nicht.
    Lüder musste für den Bruchteil einer Sekunde an Udo
Jürgens und seinen Erfolgstitel »Aber bitte mit Sahne« denken. Der Barde musste
dabei an dieses Trio gedacht haben, das jedem »Gegner« erfolgreich seine Massen
entgegenstellte.
    Eisenberg strauchelte und verfing sich dabei in dem
Knäuel. Blitzschnell griff er das Kind, entriss es der Mutter, presste es an
seine Brust und drehte sich auf dem Absatz um. Er befreite sich aus dem
Menschenauflauf und drückte sich mit dem Rücken gegen die Glasfront eines
Papierwarengeschäfts. Gleichzeitig griff er unter seine Jacke und zog vom
Hosenbund eine Pistole hervor, die er dem Kind an die Schläfe drückte. Das
alles spielte sich

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