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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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der Fregatte an. Falls die Mantikor mit Absicht auf sie gestoßen war, so hatte es jedoch glücklicherweise keine Nachahmer gegeben; bislang waren sie von weiteren Begegnungen mit den Thayns verschont geblieben. Und das war auch besser so, denn das Piratenschiff war längst nicht wieder voll einsatzfähig.
    Da all diese Gedanken auf sie einstürmten und ihr die Nutzlosigkeit ihrer Meditation für den Augenblick bewusst wurde, erhob sich die Maestra seufzend. Sie verfluchte ihren Auftrag, der sie in diese missliche Lage gebracht hatte, und ebenso die prekäre Situation, in der sie sich unter den Piraten befand. Noch hielt sich Deguay zurück und hatte keinen Versuch unternommen,
die Ladung für sich selbst zu sichern, aber sie vermutete, dass es nur daran lag, dass er die Lage nicht richtig einschätzen konnte. Insgeheim nahm sie sich vor, dafür zu sorgen, dass während der Übergabe auch Unterstützung in Form von Soldaten und Musketen anwesend sein würde.
    Derart in Gedanken vertieft, nahm sie die kleine Laterne, verließ ihre Kammer und schritt durch den dunklen Gang. Nachts war es auf der Todsünde ruhiger als am Tage, aber es wurde niemals ganz still, da zu jeder Stunde eine Wachmannschaft an Deck war. Über sich hörte sie Schritte auf dem Achterdeck, und unter ihr hustete jemand trocken und bellend. Vorsichtig erklomm sie die Stufen zum Deck.
    Vor dem sternenübersäten Himmel hingen zerfetzte Wolken, die in einem endlosen Rennen gen Osten strebten. Der Wind war kühl und stetig, und er füllte die Segel, die hell im Mondlicht strahlten. Die Szene hätte friedlich und sogar anrührend sein können, wäre nicht das ständige Gefühl des Zehrens gewesen, das unablässig drohte, sie zu überwältigen. Sie wusste, dass es nur eines winzigen Schrittes bedurfte, um sich dieser Macht zu öffnen – und in ihr zu vergehen. Die nötige Wachsamkeit, die Härte, die sie brauchte, um gegen den Sog zu kämpfen, erschöpfte Tareisa.
    »Ah, meine Dame. Genießt Ihr die Schönheit der Nacht?«
    Lächelnd lehnte sich Deguay an die Reling und sah zu ihr hinab. Er war kaum mehr als ein dunkler Schattenriss vor dem Himmel. Als er ihren Blick bemerkte, zog er den federgeschmückten Hut vom Kopf und verneigte sich. »Darf ich Euch einladen, mir Gesellschaft zu leisten? Die Nächte können hier oben recht einsam werden.«
    Sie ignorierte die Anzüglichkeit seiner Worte und stieg zu ihm auf das Achterdeck hinauf. Er bot ihr galant den Arm, den sie ergriff. Unter dem samtigen Stoff seines Ärmels spürte sie die Kraft in seinem Arm.

    »Habt Ihr Wache?«, erkundigte sie sich, mehr aus Höflichkeit denn aus Interesse.
    Bevor er antwortete, nahm er die Laterne und hängte sie an einen kleinen Haken.
    »Ich habe sie übernommen. Es tut manchmal gut, allein mit Schiff und See zu sein.« Er lächelte wieder. »Zumindest so allein, wie man das an Bord sein kann. Und Ihr? Findet Ihr keinen Schlaf?«
    »Schlaf ist ein Luxus, den ich mir nicht selten verweigern muss«, erklärte sie, nicht ganz der Wahrheit entsprechend, aber auch nicht gelogen. »Vermutlich werden meine Nächte wieder ruhiger, wenn wir unser Ziel erreicht haben.«
    »Ah ja, das Ziel. Maillot … eine schöne Stadt.«
    »Ihr kennt sie?«
    »Ich habe eine Zeit lang dort gelebt«, erwiderte er unbestimmt. Er führte sie langsam über das Achterdeck zum Heck, wo die Flagge vom Wind gebauscht wurde und immer wieder gegen das Holz schlug. An seinem Arm trat sie an die Reling heran. Unter ihnen rauschte das Wasser, und die Fahrt der Todsünde zog eine helle Spur aus Gischt hinter sich her, die sich scharf von dem tintenschwarzen Wasser des Meeres abhob. Aber schon bald würde sich diese Spur verlieren, und nichts würde mehr andeuten, dass sie durch diese See gefahren waren.
    »In Maillot werden sich unsere Wege trennen. Vermutlich endgültig, wie ich annehme?«, fragte der Kapitän.
    Sie nickte stumm.
    »Zu schade, meine Dame. Ich hatte gehofft, Euch noch mehr meiner Gastfreundschaft anbieten zu können. Vielleicht können wir uns ja doch wiedersehen, wenn Ihr Eure Geschäfte erst abgewickelt habt.«
    Die Maestra versuchte, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen. Sein Angebot klang ehrlich, aber nach all
der Plänkelei, die dem vorausgegangen war, hatte sie damit nicht gerechnet. Fragt er mich gerade nach einem Rendezvous? Vielleicht ist dies nur ein Trick, um mich zu verwirren , spekulierte sie, aber etwas in ihrem Inneren war überzeugt davon, dass dem nicht so

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