Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
alles, was Piraten oder Freibeuter aufbieten konnten. Und mächtiger als eine Fregatte, egal wie modern sie sein mag .
»Setzen Sie meine Flagge«, ordnete der Admiral an. Kapitän Bercons, der soeben den Niedergang hinaufkam, blickte ihn mit fragend hochgezogenen Augenbrauen an.
»Ich weiß, Thay, ich weiß«, wiegelte Thyrane ab, noch bevor sein Gegenüber etwas sagen konnte. »Eigentlich habe ich zwar den Rang, aber dennoch keine Berechtigung, meine eigene Fahne zu führen. Aber ich will bei diesen aufgeblasenen Bastarden Eindruck schinden, und wenn sie hinterher zum Gouverneur von Lessan rennen, um sich zu beschweren, dann sollte es doch wohl besser mein als Ihr Name sein, der fällt, nicht wahr?«
Obwohl Bercons nicht vollständig überzeugt wirkte, verzichtete er darauf, die Anweisung des älteren Mannes rückgängig zu machen.
Dann schauen wir mal, wie er den nächsten Frosch schluckt, den ich ihm zu servieren gedenke , dachte Thyrane bei sich.
»Sobald wir in Reichweite sind, werde ich mich zur Insel hinüberrudern lassen. Ich nehme zwei Mann als Begleitung mit, mehr Schutz ist sicher nicht notwendig. Ansonsten wird nur noch die Paranao mitkommen.«
»Sie wollen die Eingeborene mitnehmen? Bei allem Respekt, Thay, aber welchen Eindruck wird eine solche Begleitung bei unseren Verbündeten machen?«
Das Wort Verbündete betonte Bercons so stark, dass kein Zweifel daran bestehen konnte, dass er sich weitaus eher der Compagnie als irgendwelchen Paranao verpflichtet fühlte.
»Ebenfalls bei allem Respekt, Kapitän, aber das ist mir egal.«
»Nun, wie Sie wünschen«, erwiderte Bercons mit gerunzelter Stirn. »Ich werde die entsprechenden Befehle geben.«
Als der Admiral zum Heck zurückkehrte, saßen Sinao und Manoel Rücken an Rücken an der Reling. Der junge Maestre trug ein ausgeblichenes Hemd, was an ihm ein ungewohnter Anblick war.
»Wir werden in Kürze aufbrechen. Wenn du willst, kannst du mich zur Insel begleiten«, eröffnete Thyrane das Gespräch, an Sinao gewandt.
Die Paranao nickte ernst.
»Ja, ich will mitkommen. Ich will die Blassnasen sehen, die das zugelassen haben, was mit uns auf Hequia passiert ist.«
»Gut, dann komm mit mir.«
»Ist in Ihrem Boot noch ein Platz frei?«, erkundigte sich Manoel unvermittelt.
Überrascht blickte der Admiral den jungen Mann an. »Platz wäre schon. Aber warum möchten Sie uns begleiten?«
Manoel setzte sein typisches, gewinnendes Lächeln auf und sagte im gedehnten Tonfall der Inseln: »Es is’ne komische Sache mit dem Mojo. Manchmal bekommt man ein Gefühl dafür, wo man gebraucht wird und wo nich’. Und ich hab so ein Gefühl, dass ihr mich da drüben ganz gut brauchen könnt.«
Sinaos Blick wanderte von Thyrane zu dem jungen Maestre. Dann schlang sie plötzlich die Arme um ihn und schmiegte sich für einen Moment an ihn. Manoel erwiderte die Umarmung vorsichtig und warf dem Admiral über die Schulter der jungen Frau einen Blick zu, der zu sagen schien: Da siehst du es .
»Ein Gefühl, ja?«, knurrte Thyrane. »Nun, Kapitän Bercons wird dieser Plan zwar vermutlich gar nicht gefallen, aber zur Hölle, was soll’s? Begleiten Sie uns.«
Warum braucht eine Handelsgesellschaft eigentlich zwanzig Zweiunddreißigpfünder, um ihre Besitztümer zu schützen?, fragte sich Thyrane, während sich das Dingi durch die regelmäßigen Ruderschläge zweier Matrosen auf Rosarias zubewegte. Die Paranao können der Compagnie doch kaum gefährlich werden, und mit uns sind die Händler ja angeblich verbündet .
Tatsächlich wirkte das Fort weitaus mehr wie eine militärische Einrichtung als wie eine Handelsstation, und dieser Eindruck verstärkte sich noch, je näher sie ihm kamen. Sinao schien der Anblick einzuschüchtern. Sie hatte sich ein Tuch um die Schultern geschlungen, als sei ihr kalt, und sah dem mit Palmen bestandenen Strand regungslos entgegen.
Ihre Ankunft war nicht unbemerkt geblieben, aber das hatte Thyrane auch nicht erwartet. Gleich nachdem sie ihr Boot auf den Sand gezogen hatten, wurden sie von zwei Männern in Empfang genommen, deren Auftreten und Bewaffnung ganz darauf hinzudeuten schien, dass es sich bei ihnen um Söldner handelte, von denen die Compagnie reichlich beschäftigte.
»Wir bringen Sie zu Bailiff Malster«, sagte einer von ihnen, ein hochgewachsener, kräftiger Mann, der sowohl eine Muskete als auch einen Säbel bei sich trug und sich nicht die Mühe einer höflichen Begrüßung machte. Thyrane tippte sich zum
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