Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
ich Euch eine solche vermutlich schulde. Ja, ich habe Euch meinen früheren Namen verschwiegen, aber er tut auch nichts zu Sache, wenn es um die Todsünde und ihre Ladung geht . Zählt denn nicht mehr, was für ein Mann ich bin?«
»Und was für ein Mann sind Sie? Einer, der bei Nacht und Nebel aus seiner Heimat flieht. Ein Mann, der niemals den Gefährten vertraut, die mit ihm reisen. Und darüber hinaus?«
Roter Zorn stieg in Jaquento auf. Mit einem Mal hatte er genug von alledem. Genug von der Jagd nach der Todsünde , genug von dem Krieg in Hiscadi, genug von der überheblichen thaynrischen Art, mit der ihn Roxane behandelte.
»Wie recht Ihr habt, Meséra«, gab er böse zurück. »Euch mein Vertrauen zu schenken sollte mir viel leichter fallen. Als ich es das letzte Mal tat, hat mich das schließlich fast direkt an einen Galgen in Loidin geführt, und so eine Aussicht sollte ich mir kein zweites Mal entgehen lassen, denkt Ihr nicht auch?«
Einen Moment lang sah sie aus, als wolle sie ihn schlagen, und fast hätte Jaquento das begrüßt. Doch Roxane gab nur »Ich verstehe« mit tonloser Stimme zurück, wendete ihr Pferd und kehrte zu Groferton zurück.
Jaquento überlegte, ob er ihr etwas nachrufen sollte, aber die Wut war noch zu frisch. Die Einheit hole diese verfluchte, starrsinnige und pflichtbewusste Thayn! , dachte er grimmig.
»Jaq!« Bihrâd riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. »Vor uns sind Soldaten, kannst du sie sehen?«
Der junge Hiscadi starrte in die Richtung, in die der Maureske zeigte. Tatsächlich konnte er weit vor ihnen zwischen den Bäumen einige Uniformierte ausmachen.
»Ich schätze, das sind Géronaee«, murmelte er. »Verschwindet ihr von hier. Ich werde mit ihnen reden, mir irgendeinen Blödsinn ausdenken. Denn wenn die Lage in Boroges wirklich so angespannt ist, dann werden wir Mühe haben, ihnen zu erklären, was du und die Thayns dort wollen. Also rasch, ich sehe euch in der Stadt wieder. Es gibt eine Taverna neben der Gießerei. Dort treffen wir uns.«
Im Gesicht des Mauresken arbeitete es, und Jaquento sah, dass ihm die Idee, seinen Freund zurückzulassen, ganz und gar nicht gefiel.
»Los, beeilt euch, oder das Ganze wird viel zu sehr nach einer Flucht aussehen«, drängte er deshalb, und Bihrâd nickte schließlich.
»Kommt«, knurrte der Maureske in Richtung der beiden Thayns. »Wir suchen uns einen anderen Weg in die Stadt.«
Jaquento ließ sein Pferd absichtlich langsam laufen, während er auf die Uniformierten zuritt. Hinter sich konnte er den leiser werdenden Hufschlag seiner Gefährten hören. Wenn ich es gut genug anstelle, kann ich vielleicht erfahren, ob es wirklich die Todsünde ist, die hier vor Anker liegt, ermutigte er sich selbst.
Mittlerweile waren die Géronaee nur noch wenige hundert Schritt von ihm entfernt, drei Soldaten zu Pferd. Einer ritt voraus, die beiden anderen hatten ihre Waffen gezogen und geladen und hielten sie nun schussbereit vor sich, auch wenn sie noch nicht auf ihn angelegt hatten.
»Halt!«, befahl der Erste, ein Mann, der gewiss doppelt so alt wie Jaquento und an seinen Abzeichen und seinem Hut sofort als Offizier zu erkennen war. »Steig ab und heb die Arme, Bürschchen!«
»Mesér …«, versuchte Jaquento zu widersprechen, aber der Offizier unterbrach ihn: »Sofort, oder ich lasse schießen.«
Der junge Hiscadi hielt es für das Klügste, der Aufforderung Folge zu leisten. Vorsichtig glitt er aus dem Sattel und stellte sich mit erhobenen Händen neben das Pferd. Das läuft ja wunderbar, dachte er und versuchte gleichzeitig abzuschätzen, wie lange er brauchen würde, um den Säbel aus der Satteltasche zu ziehen.
»Was machst du hier?«, herrschte ihn der Offizier an. »Und wohin hast du die anderen geschickt?«
»Ich habe niemanden irgendwohin geschickt, Mesér«, erwiderte Jaquento. »Unsere Wege haben sich einfach getrennt. Ich will nach Boroges, aber sie hatten ein anderes Ziel.«
Die misstrauische Miene des Mannes blieb unverändert. »Und was willst du in Boroges?«
»Ich habe dort Geschäfte zu erledigen«, erwiderte der Hiscadi lahm.
»Die Stadt befindet sich im Kriegszustand. Aufrührer und Rebellen versuchen, sich des Hafens zu bemächtigen. Dort werden derzeit keine Geschäfte gemacht.«
»Dann bin ich froh, noch rechtzeitig davon zu erfahren«, sagte Jaquento und versuchte, so arglos wie möglich dreinzublicken. »Und selbstverständlich wird das meine Reisepläne ändern. Darf ich jetzt
Weitere Kostenlose Bücher