Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
Thay.«
»Wie Sie es sagen, Thay«, erwiderte der Kapitän, und Thyrane konnte die Fragen in seinen Augen brennen sehen. Aber vor der versammelten Mannschaft war dies kaum der richtige Augenblick, Bercons seine Sorgen zu nehmen.
»Darf ich Ihnen die Offiziere der Imperial vorstellen?«
Mit einem breiten Lächeln hob der Admiral die Hand.
»Später, bitte, Thay. Ich bin ein alter Mann und würde mich gern erst zurückziehen. Vielleicht können wir heute alle gemeinsam das Dinner zu uns nehmen? Es wäre mir eine Ehre, Sie und Ihre Offiziere einladen zu dürfen.«
Mit der Hand wies Thyrane auf eine der beiden Kisten. Auch wenn er längere Zeit nicht mehr auf einem Kriegsschiff gefahren war, vermutete er, dass sich die Kost an Bord nicht unbedingt verbessert hatte. In Erwartung dessen hatte er sich bei den eigenen Vorräten ein wenig Luxus gegönnt, den er nur zu gern mit den anderen Offizieren teilen wollte. Auf einer schwierigen Mission wie der seinen konnte es nur in seinem besten Interesse sein, wenn seine Mitreisenden freundlich gestimmt waren. Und der Weg dazu führte nun einmal auch über einen gut gefüllten Magen.
»Natürlich, Thay. Ich habe Ihnen meine Kajüte freiräumen lassen. Allerdings wird der Komfort wohl nicht an das heranreichen,
was Sie gewöhnt sind, Thay. Der Platz ist ziemlich beschränkt – die Imperial ist nicht auf einen Admiral an Bord ausgerichtet. Ihre Bediensteten sind noch an Land, Thay?«
Beinahe hätte Thyrane geschmunzelt. Als Fregatte war die Imperial tatsächlich kaum ein standesgemäßes Schiff für einen Admiral. Nicht einmal, wenn er nicht unter eigener Flagge fuhr. Aber er hatte vor der Admiralität darauf bestanden, genau auf diesem Schiff zu segeln, denn ein Linienschiff würde ihm in der Sturmwelt kaum gute Dienste erweisen, und jetzt im Krieg wurde ohnehin jedes dieser großen Schiffe benötigt, um die Ambitionen der Géronaee bezüglich der Inseln der Thayns schon im Keim zu ersticken.
»Keine Angst, Käpt’n, ich bin sicher, dass mein Quartier zu meiner Zufriedenheit sein wird. Und ich reise ohne Bedienstete. Ich hatte gehofft, auf Ihren Steward zurückgreifen zu können. Ansonsten würde ich gern die Abläufe an Bord so wenig stören, wie es unter diesen Umständen möglich ist.«
»Natürlich, Thay.«
»Wenn Sie mich dann bitte entschuldigen würden?«, sagte Thyrane und tippte an seinen quer getragenen, hohen Zweispitz. Noch einmal nahmen alle an Deck Haltung an, als er sich tief bückte, um in die Dunkelheit des Heckaufbaus hinabzusteigen.
Nachdenklich ließ Thyrane den Port in seinem Kristallglas hin und her wandern. Die Kajüte des Kapitäns war in der Tat nicht groß, aber in seiner aktiven Zeit hatte er oft genug mit weniger Platz auskommen müssen. Nachdem er seine Kiste an der Schmalseite verstaut hatte, blieb noch immer genug Platz, um seine Beine auszustrecken, ohne dabei ans Bett zu stoßen. Er saß auf einer flachen Chaiselongue von Kapitän Bercons, der ihm freundlicherweise auch seine Möbel überlassen hatte, während um ihn herum der Steward und zwei
Gehilfen die Kajüte für das Dinner vorbereiteten. Der Kapitän war offenbar kein Mann, der hohe Ansprüche stellte. Die Einrichtung war funktional und einfach. Sogar die gerahmte Miniatur einer etwas korpulent wirkenden Frau, zweifellos die vorzügliche Gattin Bercons’, wirkte schlicht. Als es klopfte, winkte der Admiral die Bediensteten hinaus und rief: »Kommen Sie herein, bitte.«
Kapitän Bercons trug seinen Hut unter dem Arm, als er eintrat. Sein Blick wanderte durch den Raum, der eigentlich der seine war, aber Thyrane hatte nichts umräumen lassen. Er wusste, wie sehr seine Anwesenheit das Leben an Bord ohnehin schon veränderte, und er wollte es der Besatzung tatsächlich so einfach wie möglich machen.
»Setzen Sie sich doch bitte, Thay. Kann ich Ihnen einen Port anbieten?«
»Sehr gern, vielen Dank«, antwortete Bercons’ während er sich vorsichtig setzte, als erwarte er, dass sein eigener Stuhl unter ihm zusammenbrechen würde. Mit ruhiger Hand goss Thyrane ihm ein Glas Port ein und reichte es ihm.
»Auf …« Er zögerte kurz. »Die Königin.«
Der Kapitän erwiderte seinen Toast und trank. Als er den Port schmeckte, hellte sich seine Miene etwas auf. »Der ist gut«, entfuhr es ihm.
Lächelnd nickte der Admiral. »Ja, direkt aus Hiscadi. Es war nicht einfach, ihn zu erhalten, wegen der Blockade, aber ich habe meine Quellen.«
Admiral Daunce hatte netterweise seine
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