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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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dann vermutlich
auch gleich persönlich vor dem Kriegsgericht erscheinen zu dürfen .
    Mit einem prüfenden Blick auf die Segel befahl sie eine leichte Kurskorrektur. Sie hatte alles an Leinen aufsetzen lassen, was ohne Leesegel möglich war. Die Mantikor würde wie eines der Schiffe auf den in Thaynric sehr beliebten Gemälden wirken. Oft fuhren die dargestellten Windjammer unter voller Beseglung, auch wenn Wind und Wetter dies nicht erlaubt hätten.
    Hinter der Fregatte kamen die beiden begleitenden Schiffe noch langsamer voran, da sie die Beschädigungen an der Takelage bestenfalls notdürftig behoben hatten. Damit sie wieder voll einsatzfähig wurden, bedurfte es mehr, als der Schiffszimmermann mit seinen beschränkten Mitteln an Bord hatte leisten können.
    Niemand grüßte den kleinen Verband, kein Boot kam ihnen entgegengerudert, als Roxane die Mantikor vorsichtig in den Kriegshafen einlaufen ließ und eine Ankerposition etwas abseits einnahm. Im Vergleich zu ihrem letzten Besuch wirkte das Hafenbecken regelrecht verwaist. Der Konvoi nach Thaynric war längst ausgelaufen, und ein guter Teil der Flotte hatte die zahlreichen Händler begleitet. Nur noch drei Linienschiffe lagen vor Anker, doch hier am fernen Ende der Welt waren diese kampfstarken Kriegsschiffe mehr als genug, um den Willen der Krone jederzeit durchzusetzen. Stolz überkam Roxane, als sie an die Macht der Königlichen Marine dachte, die überall auf der Welt die Interessen des Inselstaates ebenso wie seine Bürger schützte. Doch schon nach wenigen Momenten richteten sich ihre Gedanken wieder auf den bevorstehenden Bericht, und ihre Stimmung fiel erneut in das trübe Loch, das sie seit dem Gefecht nur selten verlassen hatte.
    Die Mannschaft merkte scheinbar nichts von den düsteren Vorahnungen ihrer kommandierenden Offizierin. Sie erledigte
ihre Aufgaben schnell und tadellos. Die Matrosen stiegen in die Wanten und holten unter den wachsamen Blicken der Offiziere die Segel ein.
    Auch wenn niemand zu sehen war, wusste Roxane, dass die Fregatte genauestens beäugt wurde. Doch die Mantikor gab sich keine Blöße, und schon bald drehte sie sich am Anker in den Wind, während die Gasten noch die Segel an den Rahen verstauten. Roxane befahl, ein Boot klarzumachen, übergab das Kommando an den Diensthabenden und stieg unter Deck.
    Ihr erster Gang führte sie durch das Kanonendeck nach vorn zum Lazarett. Schiffsärztin Tabard hatte Aella etwas abseits ein wenig Raum geschaffen, in dem sie eine Nische mit Tüchern abgespannt hatte. Die ehemalige Zweite Offizierin lag regungslos in der schmalen Koje. Zunächst glaubte Roxane, dass sie schlief, doch dann sah sie die offenen Augen, die grübelnd an die Bordwand starrten. Die junge Frau schien um Jahre gealtert, ihre Wangen waren eingefallen, die Haut wirkte blass und wächsern. Als sie Roxane bemerkte, stützte sie sich auf ihren verbliebenen Arm auf und lächelte. Erst jetzt erinnerte sie Roxanne für einen kurzen Moment wieder an die Offizierin, die sie zu Beginn ihrer Reise kennengelernt hatte.
    »Wie geht es Ihnen, Leutnant?«, erkundigte sich Roxane steifer, als sie es vorgehabt hatte.
    »Wir sind in Lessan, nicht wahr?«, antwortete Aella mit einer Gegenfrage.
    Roxane räusperte sich. »Das ist richtig. Ich werde gleich an Land gehen und meinen Bericht abgeben. Ich sorge dafür, dass man Sie ins Hospital bringt. Dort kann man sich besser um Sie kümmern.«
    »Keine Eile, Käpt’n«, erwiderte Aella und verzog das Gesicht. »Die Mantikor wird wohl das letzte Schiff sein, das ich als Offizierin verlasse. Kein Gang, auf den ich mich freue.«

    Einige Momente lang überlegte Roxane, was sie antworten sollte. Eine Lüge wäre leicht gewesen, ein kleiner Widerspruch, ein Lächeln. Vielleicht wäre es richtig gewesen, aber sie brachte es nicht über sich.
    »Es tut mir leid«, erklärte sie stattdessen. Unwillkürlich nestelte sie an den untersten Knöpfen ihres Uniformrocks, eine Angewohnheit, die sie eigentlich erfolgreich abgelegt zu haben geglaubt hatte. »Ich habe Ihr Verhalten unter Feuer im Bericht lobend erwähnt, Thay.«
    Was immer das auch wert ist . Vermutlich würde man eine Stelle an Land für sie finden, die sie trotz ihrer Verwundung noch ausfüllen konnte.
    »Danke. Ich werde das alte Mädchen vermissen.« Aella neigte den Kopf, und ihre Augen nahmen wieder diesen geistesabwesenden Ausdruck an, als erinnere sie sich an etwas. Mit einiger Mühe ließ sie sich zurücksinken und strich mit der

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