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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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erwiderte der Admiral. »Jetzt und hier. Schicken Sie einen Boten.«
    »Was, um diese Uhrzeit?« Seine Verblüffung stand Holt deutlich ins Gesicht geschrieben. Noch immer schien er nicht begriffen zu haben, was Thyranes Anwesenheit bedeutete. Seine Inkompetenz in Kombination mit dem guten Schuss Selbstherrlichkeit kratzte an Thyranes Nerven und verstärkte den Druck hinter seiner Stirn.
    »Es gehört nicht zu meinen Angewohnheiten, dringende Angelegenheiten aufzuschieben, Thay«, erwiderte er ruhig. »Falls dies Ihre Gewohnheit ist, kann ich darauf keine Rücksicht nehmen. Schaffen Sie mir diesen Protektor herbei, so schnell als möglich, und mein Bericht über Ihre Fähigkeiten wird vielleicht nicht ganz so katastrophal ausfallen, wie es derzeit um ihn steht.«
    Die Drohung war hohl, da ein Bericht Thyranes kaum Gewicht haben würde, aber die Beleidigung erfüllte ihren Zweck. Holts Kopf lief puterrot an, und er sprang beinahe aus dem Sessel.

    »Das ist eine bodenlose Frechheit, Thyrane, und Sie werden dafür zur Verantwortung gezogen werden!«
    »Schreiben Sie doch einfach eine Protestnote an die Admiralität, Holt«, entgegnete der Admiral und erhob sich ebenfalls. »Die können zu dem Berg gelegt werden, den andere vor Ihnen aufgetragen haben. Aber bis dahin tun Sie Ihre Pflicht, verdammt noch mal!«
    »So redet man nicht mit mir«, protestierte Holt und hob drohend den Finger vor Thyranes Gesicht. »Das wird Folgen haben!«
    »Was denken Sie, warum man ausgerechnet mich auf diese Mission geschickt hat?«
    Thyrane fixierte Holt mit einem eiskalten Blick. Sein Gegenüber schwieg, also antwortete der Admiral für ihn: »Weil Sie, der Gouverneur, der Protektor und wer auch immer mir nicht schaden können. Weil meine Karriere bereits vorbei ist und niemand hier Macht über mich hat. Also, tun Sie einfach, was ich Ihnen sage, und Sie sind mich bald wieder los.«
    Noch immer zeigte Holts Finger auf sein Gesicht, und ganz kurz hatte Thyrane die Vorstellung, ihn zu packen und Holt Manieren auf die alte Art beizubringen. Sein Blick war auf das kleine Gliedmaß gerichtet, das fast wirkte, als würde es losgelöst von Holts Leib einfach mitten im Raum schweben. Der Zorn seines Gegenübers war deutlich, praktisch mit Händen greifbar, aber Thyrane wusste, dass seine Worte durch den roten Schleier in das Hirn darunter sanken. Es war die Wahrheit, und Holt konnte sich ihr nicht verschließen.

ROXANE

    Der Wind frischte merklich auf. Die See war nun von einem fast schon metallenen Grau, mit weißen Kronen auf den Wellen. Wolken zogen über den Himmel, weiße Fetzen vor grauen Wolkenbergen, in denen sich Licht und Schatten zu einem verwirrenden Spiel trafen. Die Fregatte lag gut vor dem Wind, der das Segelwerk blähte. Das Schiff stampfte durch die Wellen, und immer wieder wehte Gischt über das Deck. Roxane hatte viel Zeug aufziehen lassen, und die Mantikor zeigte nun, was in ihr steckte.
    Zum ersten Mal seit langen Tagen fühlte die Kapitänin sich auf dem Achterdeck wieder wohl. Der scharfe Wind schnitt ihr in die Haut, doch das war angenehmer als die drückende Hitze der Sturmwelt. Sie hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und schritt langsam auf und ab, glich die Bewegung des Schiffes aus und beobachtete die Rudergänger. Auch wenn der verschwommene Horizont keinen Anhaltspunkt bot, da See und Himmel grau in grau verschmolzen, war sich Roxane sicher, dass der Kurs korrekt war.
    Die Besatzung hatte sich in ihre Mäntel und Jacken gehüllt. Viele trugen Mützen oder Tücher um die Stirn gewickelt, einige hatten sich wohl von ihrem Prisengeld sogar Pelzmützen geleistet, doch ihre Füße waren noch immer bar jeden Schuhwerks. Trotz des rauen Wetters war ein Großteil der Seeleute,
die gerade auf Freiwache waren, an Deck. Wegen des Seegangs hatte Roxane alle Stückpforten schließen lassen, damit bei der Schräglage der Fregatte kein Wasser eindringen konnte, und dadurch war es unter Deck wohl schnell stickig geworden.
    Der fahle Tag verschlang fast alle Farben; lediglich Leutnant Cuddens Uniformrock schien er nichts anhaben zu können, denn das Rot leuchtete so hell, als stünde er auf einem sonnenüberfluteten Paradeplatz mitten in Lessan. Der Leutnant erklomm die wenigen Stufen zum Poopdeck mit lässigen Sprüngen, die für einen Offizier durch und durch unangemessen waren. Sein Haar war zwar fest nach hinten gebunden, doch hatte der Wind bereits die ersten Strähnen aus ihrem Gefängnis gezerrt. Unvermittelt

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