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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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schemenhaft zu erkennen. Sein Antlitz lag im Schatten seines federgeschmückten Hutes, und dennoch brannten seine Augen wie glühende Kohlen. Es hat schon längst begonnen, dachte Tareisa, berichtigte ihn jedoch nicht.
    Weitere Kanonen feuerten, irgendwo vor ihnen im Nebel.
    »Das sind die Großen«, erklärte Deguay. »Zweiunddreißigpfünder. Die Linienschiffe schießen auf etwas.«
    Die Wartezeit wurde zur Qual, die durch die brennenden Schmerzen nicht gerade angenehmer wurde. Inzwischen donnerte es immer wieder dumpf im Nebel; wie die Schritte von Riesen erschien Tareisa der Klang. Vorsichtig öffnete sie sich der Vigoris, um ihre Sinne auf die Reise zu senden.
    Der Nebel würde sich langsam unter dem strahlenden Auge der Sonne auflösen, da der Zauber über keine Kraft mehr verfügte. Aber noch würde es dauern, bis die dichten Nebelbänke aufbrachen und sich die Sicht klärte. Weit ab hinter ihnen spürte die Maestra die Totwey . Vor ihnen hingegen war etwas anderes.
    »Ein Schiff«, raunte sie. »Es hält auf uns zu!«
    »Kanonen klar«, rief der Capitane und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Alles wartet auf mein Kommando!«
    In seiner Stimme schwang etwas mit, was Tareisa überraschte – Vorfreude. Er lief auf dem Achterdeck auf und ab, gab Befehle und spähte in die Nebelfetzen.
    »Wo?«
    »Dort etwa«, antwortete die Maestra und wies nach Backbord voraus. Noch wagte sie nicht, sich weiter zu öffnen, denn die Vigoris brannte noch stark im Gespinst um sie herum,
und sie fürchtete einen Stoß, den sie vielleicht nicht auszuhalten vermochte.
    Deguay hastete zum Steuerrad und warf das Ruder herum. Die Todsünde folgte und legte sich sanft auf die Seite. Das unheimliche Dröhnen der Geschütze vor ihnen hielt weiter an und gab ihrer Fahrt eine gespenstische Atmosphäre.
    Ein Schatten erhob sich unvermittelt vor ihnen aus dem Nebel, zunächst nur eine Ahnung von Masten und Tauen, dann ein ganzes Schiff, größer als die Todsünde , mit hohen Rahen und gesetzten Segeln. Eine Glocke ertönte, Stimmen riefen, aber noch war keine Menschenseele an Bord des Schiffes auszumachen.
    Tareisa musste nicht die Flagge am Heck sehen, um die Herkunft des Schiffes zu erkennen. Sie erwarteten Fregatten, doch dies hier war ein kleineres Kriegsschiff.
    »Eine Korvette«, bestätigte Deguay ihren Verdacht. »Vermutlich geschickt, um uns abzufangen.«
    Noch immer wendete die Todsünde , doch der durch den magischen Nebel besänftigte Wind ließ das Manöver quälend langsam werden. Die Korvette war nur noch vierzig Meter von ihnen entfernt, da rief jemand ihnen auf Thaynrisch zu: »Dies ist Ihrer Majestät Korvette Sanx . Geben Sie sich zu erkennen, fremdes Schiff!«
    Beinahe hätte Tareisa über den Namen des Schiffes gelacht. Nur den Thayns mochte es einfallen, ihre Schiffe nach einem altertümlichen Begriff für Frauen des horizontalen Gewerbes zu benennen, doch dann drehte Deguay am Steuerrad, so dass ihr Schiff einen hastigen Ruck zur Seite machte, und brüllte: »Feuer!«, und das Lachen blieb ihr in der Kehle stecken.
    Das Deck erzitterte unter der Salve, die brüllend und flammend aus der Flanke der Todsünde schlug. Rauch mischte sich mit Nebel, und der beißende Geschmack von Schießpulver
stieg Tareisa in Mund und Nase. Sie konnte dank des Rauchs und des Nebels nicht erkennen, welchen Effekt die Breitseite gehabt hatte, aber sie hatten die Korvette vom Bug her getroffen, und das aus nächster Nähe.
    Deguay brüllte bereits weitere Befehle und warf das Steuerrad in die entgegengesetzte Richtung herum. Während die Piraten aufjohlten und den Gegner mit Verwünschungen und Schmährufen bedachten, reagierte die Todsünde nur langsam. Gewehre und Pistolen wurden abgefeuert, eine einzelne Kanone der Korvette donnerte auf, und das Geschoss schlug krachend in die Bordwand ein.
    Obwohl sie sich noch geschwächt fühlte, sammelte Tareisa sich. Es fiel ihr schwer, sich inmitten des Chaos zu konzentrieren. Die Schreie, die Schüsse, der gesamte Lärm war ihr ungewohnt. In der Takelage der Sanx blitzte Mündungsfeuer auf, und auf dem Achterdeck brach ein Pirat schreiend zusammen.
    Der junge Mann wälzte sich auf dem Deck, Blut spritzte aus einer Wunde an seinem Hals, und er brüllte vor Schmerzen. Dann, innerhalb weniger Augenblicke, wurde er leiser und leiser, während seine Bewegungen – ebenso wie der Blutstrahl – schwächer wurden und schließlich nur noch seine Beine zuckten.
    »Gebt es ihnen, meine Teuren!«,

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