Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
Linienschiff nicht von einem Ruderboot unterscheiden konnten und den Besatzungen der Marine mit ihrer Borniertheit nur das Leben schwer machten. Bei diesem Publikum konnte er ungeteilte Sympathie erwarten.

    »Es gab einen Streit, laute Worte wurden geäußert. Aber er wich nicht von seinem Kurs ab. Kein Wunder, denn so hätte er das ganze Geld für sich einstreichen können.
    Ich zog unverrichteter Dinge ab, aber mein Kopf rauchte. Abends ging ich mit den vertrauenswürdigsten meiner Jungs und Mädels an Land, und wir traten die Tür des Prisenbüros ein, brachen den Geldschrank auf und nahmen uns, was uns zustand.«
    Einige der Zuhörer lachten auf, andere rissen erstaunt die Augen auf. In seiner Erzählung klang die Angelegenheit weitaus überlegter, als sie eigentlich gewesen war. Thyrane erschauderte insgeheim, als er sich wieder daran erinnerte, wie sein Dickkopf, angefeuert vom Alkohohl, Überhand gewonnen hatte, jegliche Vernunft ihn verlassen und er im Zorn mit gezogener Waffe ein thaynrisches Prisenbüro geplündert hatte.
    »Leider zog der Lärm einige Seesoldaten an. Die meisten von uns konnten entkommen, doch mich haben sie erwischt und ins Gefängnis geworfen, wobei selbiges ein lausiges Loch in einer heruntergekommenen Baracke war.
    Aber noch war nicht aller Tage Abend; im Hafen lag mein Schiff mit zweihundertfünfzig treuen Seelen darauf, und sie sind noch in der gleichen Nacht an Land gekommen und haben mich herausgehauen.«
    »Und das Prisengeld?«
    »Habe ich behalten und verteilt, so wie es Brauch ist.«
    Kapitän Bercons strich sich mit der Hand über die Stirn. »Was für eine Geschichte! Sie haben tatsächlich das Prisenbüro ausgeraubt?«
    »Mit Verlaub, Thay, damals sah ich es nicht als Raub, sondern als die notwendige Überführung des uns zustehenden Geldes. Leider wurde meine Meinung nur von wenigen geteilt, und als ich nach Thaynric zurückkehrte, stellte man
mich vor ein Kriegsgericht, nahm mir mein Kapitänspatent und entließ mich unehrenhaft aus der Marine.«
    Dieser Teil der Geschichte war weniger angenehm und eignete sich kaum für eine Heldenerzählung. Aber noch schienen die Offiziere zu sehr von der vorher gezeigten Courage des Admirals beeindruckt zu sein, um dies zu verstehen.
    Bevor sie die Wendung allerdings kommentieren konnten, ertönte vom Deck der lang ersehnte Ruf: »Land in Sicht!«
     
    Es war nicht seine erste Ankunft in der Sturmwelt, aber die letzte lag bereits ein gutes Dutzend Jahre zurück. Noch immer war die drückende Schwüle in den Gassen der vorherrschende Eindruck, selbst jetzt, da es zügig auf Mitternacht zuging und die Sonne schon lange untergegangen war.
    Trotz des Fahrtwindes der Kutsche stand Thyrane schon bald der Schweiß auf der Stirn, die er immer wieder mit einem Taschentuch abtupfte. Obwohl die Stunde spät war, waren die Straßen noch gut gefüllt; zum einen lockte die Ankunft eines großen Schiffes wie der Imperial immer Händler und Huren aus ihren Schlupflöchern, zum anderen schien es den Menschen der Sturmwelt einfach nicht gegeben zu sein, lange in ihren Häusern und Hütten zu verweilen. Selbst Corbaner übernahmen bald nach ihrer Ankunft diese Gewohnheit, und so fand das Leben hauptsächlich draußen statt. Ausgenommen das der besseren Gesellschaft Thaynrics natürlich, die sich oben an den Hügeln eine kleine Enklave errichtet hatte, in der die Uhren genauso wie im Heimatland tickten. Vielleicht sogar noch penibler , dachte der Admiral bei sich. Immerhin muss man gerade in der Fremde zeigen, welche hohen Standards man setzt . Ihn selbst plagten solcherlei Anflüge nicht; dreißig Jahre auf See unter dem rauen Volk der Marine und fast zehn Jahre im Parlament, dessen Mitglieder Thyrane insgeheim für nicht weniger rau hielt, hatten ihn von jedem
Wunsch nach gesellschaftlicher Achtung befreit. Er zog es vor, sein Leben und seine Taten – statt der Etikette – für sich sprechen zu lassen.
    Die Kutsche klapperte über die unebene Straße. Einige der wichtigeren Wege waren inzwischen gepflastert, aber selbst hier sorgte der häufige, wolkenbruchartige Regen für Löcher und Lücken. Das Wetter, das der Sturmwelt einerseits eine einzigartige Vegetation schenkte – deren Duft dem Admiral bereits in die Nase gestiegen war, sobald er einen Fuß an Land gesetzt hatte -, war andererseits eine ständige Prüfung für alles von Menschenhand Geschaffene. Schiffe faulten schnell und wurden von Bohrwürmern durchlöchert, Hurrikane fegten über die

Weitere Kostenlose Bücher