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Sturz ins Glück

Sturz ins Glück

Titel: Sturz ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Witemeyer
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er dort immer aß. So zart, dass es auf der Zunge zerfiel und man nicht einmal kauen musste.
    Adelaide hatte ihre Entscheidung getroffen. Wenn Henry das Restaurant im Clark House besuchte, würde sie dort wohnen. Wer weiß, vielleicht konnten die Angestellten dort ihr sogar Henrys Adresse geben.
    „Ich werde ins Clark House gehen, meine Herren.“
    Der Grüne grinste seine Konkurrenten triumphierend an, dann strich er seine Weste glatt und wandte sich wieder Adelaide zu. Er bedachte sie mit einem majestätischen Nicken. „Wunderbar. Ich kümmere mich um alles.“
    Die anderen Männer brummten ärgerlich, ließen jedoch von ihr ab und wandten sich wieder der Menge zu, um sich das nächste unwissende Opfer zu suchen. Adelaide öffnete erleichtert ihre Handtasche und zog zwei Koffertickets hervor. Sie reichte sie dem Mann zusammen mit ein wenig Kleingeld. „Wenn Sie bitte so freundlich wären, meine Koffer zu holen. Ich hole meine Stute ab.“
    „Sehr gut, Miss.“ Er steckte die Münzen ein und holte einen Block hervor. „Ihr Name, bitte?“
    „Adelaide Proctor.“
    Sein Stift bewegte sich schnell über das Papier. „Ich kümmere mich darum, dass Ihr Zimmer vorbereitet wird und ein Schlüssel für Sie am Empfang bereitliegt.“ Er blätterte um und schrieb noch mehr auf. „Wenn Sie diese Notiz in Turner’s Livery vorzeigen, bekommen Sie einen Nachlass auf Ihre Buchungen.“ Er riss die Seite aus dem Block und reichte sie ihr. „Gehen Sie einfach einen Block am Clark House vorbei. Dann auf der rechten Seite.“
    „Danke.“
    Der Mann machte sich auf den Weg zum Gepäckwagen und überließ es Adelaide, sich auf dem Bahnhofsgelände zurechtzufinden. Jetzt, wo die Menschenmassen sich verlaufen hatten, hatte sie einen besseren Blick auf die verbliebenen Waggons auf den Gleisen und erspähte einen Arbeiter, der gerade einige Pferde entlud. Sofort erkannte sie Sabas glänzenden Schweif, als ihre Stute vorsichtig und nervös die Holzrampe hinuntertänzelte. Der Stallbesitzer in Cisco hatte versucht, sie davon zu überzeugen, ihm ihre Stute zu verkaufen, bevor sie nach Fort Worth gegangen war, aber sie hatte es nicht übers Herz gebracht. Ihr Vater hatte ihr Saba als Fohlen zu ihrem sechzehnten Geburtstag geschenkt. Im gleichen Jahr war er gestorben. Saba verband Adelaide mit dem einzigen Elternteil, den sie jemals gekannt hatte. Sie hatte dieses Band unmöglich trennen können.
    Als sie am Rande des Bahnsteigs angekommen war, hob sie den Saum ihres Reisekleides gerade so hoch, dass er nicht in den festgetretenen Schmutz hing, und ging auf den Pferdewaggon zu. Der Arbeiter hatte Saba zu einem Trog geführt. Adelaide ließ ihre Stute in Ruhe trinken, bevor sie sie schließlich zum Mietstall führte.
    Um sich dafür zu entschuldigen, dass sie ihr Pferd stundenlang in einem stickigen Waggon untergebracht hatte, erbat sich Adelaide einen Striegel von einem Stalljungen und pflegte das Fell ihrer Stute selbst.
    „Was denkst du, Mädchen? Ist das hier ein guter Ort, um ein neues Leben anzufangen?“ Staub rieselte aus Sabas ebenholzfarbenem Fell, als Adelaide den Striegel in langen Zügen darübergleiten ließ. „Ich weiß, dass Henry nicht der Romantiker ist, von dem ich immer geträumt habe, aber er wird ein guter Versorger sein.“
    Saba schnaubte unbeeindruckt.
    „Ach, pst.“ Adelaide zog sich einen Holzschemel heran und stellte sich darauf, um auch Sabas Mähne zu striegeln.
    Auch wenn Henry nicht so leidenschaftlich wie Charlotte Brontës Mr Rochester oder so ritterlich wie Jane Austens Mr Darcy war, hatte er doch seine Vorzüge.
    Es war höchste Zeit, dass sie ihre kindischen Träumereien aufgab. Seit Jahren wartete sie darauf, dass ein Held aus den Seiten eines Romans entstieg und ihr Herz im Sturm eroberte. Doch das war nie geschehen. Und sie war es leid, zu warten. War es müde, übergangen zu werden, weil die Männer sich eher für die gute Familie als für den Charakter interessierten. Sie würde sich ab sofort ihr eigenes Schicksal schmieden. Sie mochte nicht ihren Helden gefunden haben, doch einen zufriedenstellenden Ersatz.
    * * *
    Nachdem sie ihr Zimmer im Clark House bezogen und ihr Reisekleid abgelegt hatte, kleidete Adelaide sich in ein zitronengelbes Batistkleid, das sofort ihre Stimmung hob. Anschließend machte sie sich auf den Weg in den Speisesaal des Hotels, um ihr Abendessen einzunehmen.
    Als sie dort ankam, gab es keinen freien Tisch, also ließ sie sich im angrenzenden Wartebereich nieder.

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