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Styling deluxe / Roman

Styling deluxe / Roman

Titel: Styling deluxe / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Reid
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zumal sie den körperbetonten Look mit einem locker fallenden violetten Pulli relativierte.
    Am eleganten Gelenk der eleganten Hand, die ihr geboten wurde, sah Annie den pink-violetten Armreif, den sie in der vergangenen Woche bei Topshop gekauft hatte. Plötzlich fiel die Nervosität von ihr ab, ihr Lächeln wurde breiter, und zum ersten Mal, seit sie Miss Marlise gesehen hatte, schöpfte sie Hoffnung.
    »Hi, Tamsin, schön, dich kennenzulernen«, sagte sie begeistert. »Diesen Armreif habe ich auch!«
    »Tatsächlich? Ist Topshop nicht einfach toll? Ich kaufe dort so viel.«
    »Die aktuellen kleinen Röckchen sind perfekt …«, griff Annie den Faden auf.
    Tamsin nickte. »Ich habe mir schon zwei gekauft. Okay, komm mit«, forderte sie Annie auf, »lass uns plaudern! Amelia, stell bitte keine Anrufe durch!«
    Auf dem kurzen Weg den Flur entlang bemerkte Annie gerahmte Fotos, Preisurkunden und Werbeseiten und wurde wieder von Ehrfurcht ergriffen. Da war Tamsin, wie sie von einer Schar berühmter Fernsehgesichter umarmt, geküsst und beglückwünscht wurde. Da war eine Titelstory über eine von Tamsins neuen Sendungen … du liebe Zeit, da hatte sie Regie geführt?
    Tamsin sah sich nach Annie um.
    »Oh, Verzeihung!«, sagte sie. »Das ist meine Angeberwand, lass dich davon nicht abschrecken. So bin ich eigentlich gar nicht.«
    »Nein … hm … sehr eindrucksvoll«, brachte Annie hervor.
    »Hübsche Stiefel«, bemerkte Tamsin, als sie ihre Bürotür öffnete und Annie eintreten ließ. »Ich glaube nicht, dass die von Topshop sind.«
    »Nein«, bestätigte Annie.
    »Sag’s mir nicht«, verlangte Tamsin, »sonst will ich gleich hin und Geld zum Fenster rauswerfen!«
    Tamsin hatte ein sehr hübsches Büro mit weißgestrichenem Holzfußboden, pinkfarbenen Wänden, einem weißen Sofa, einem weißen Schreibtisch und zwei von diesen hochwertigen Esszimmerstühlen aus Plexiglas. Ein weißes Bücherregal mit DVDs, etikettierten Schachteln und weißen Ablageboxen nahm eine ganze Wand ein.
Ein richtiges Girlie-Zimmer,
dachte Annie unwillkürlich. Es roch sogar parfümiert. Wenn sie normal hätte aus- und einatmen können, hätte sie den Duft als Gardenie und Jasmin identifiziert, doch jetzt hatte die Nervosität sie wieder im Griff.
    »Bob war so nett und hat mir ein Demoband mit Ausschnitten von der Serie geschickt, die du mit Donnie Finnigan gedreht hast«, begann Tamsin, nachdem sie Annie einen der »Geister«-Stühle zugewiesen und selbst auf dem zweiten Platz genommen hatte. »Du warst gut«, fuhr sie fort, »bist gut mit den Frauen umgegangen und hast ihnen die Befangenheit vor der Kamera genommen. Du machst den Eindruck, als hättest du echt Spaß an der Sache.«
    »Ja«, bekräftigte Annie.
    »Das Mädchen mit dem kurzen Haar, das sich dir gegenüber geoutet hat, finde ich ganz toll! Tina? Das ist phantastisches Fernsehen!«, erklärte Tamsin begeistert.
    »Tatsächlich? Ja!«, stimmte Annie zu. »Sie hat mir eine Dankeschön-Karte geschickt und geschrieben, ich hätte ihr Leben verändert.«
    »Aber du arbeitest nicht mehr mit in der Serie?« Tamsin neigte ihren Kopf. Sie fixierte Annie mit kühlen grauen Augen und wartete unübersehbar auf eine nähere Erklärung.
    Annie zermarterte sich das Hirn nach Connors Rat zu diesem Punkt. Irgendetwas über künstlerische Differenzen, kreative Kräfte, unterschiedliche Ethos, oder müsste es Ethen heißen?
    »Finn fand Tinas Umstyling schrecklich; er hat die Episode rausgeworfen. Außerdem hatte er kein Geld, und ich war die Moderatorin, die keinen wasserdichten Vertrag hatte, was ihm sehr gelegen kam.« Wie sie Tamsin bisher erlebt hatte, entschied Annie, dass sie ein Mensch war, der die Wahrheit vertrug, der sie sogar zu schätzen wusste.
    »Wie gut lief die Show?«, wollte Tamsin nun wissen.
    Das war der nächste Hammer. Hätte Annie nicht gewusst, dass Miss Marlise vor etwa zehn Minuten erst auf diesem Stuhl gesessen und die gleiche Frage gestellt bekommen hatte, hätte sie vielleicht diplomatisch geantwortet: »Ich fand die erste Episode ganz gut« – und es dabei belassen.
    So aber musste sie ausführlicher werden.
    »Ich glaube, sie lief gar nicht gut«, begann Annie. »Die ganze Idee war einfach …« In Gedanken an Reste von Connors Vortrag hielt sie inne.
    »Dumm?«, schlug Tamsin vor.
    »Ja«, stimmte Annie erleichtert zu, »wir sollten diese Frauen in einer halben Stunde in völlig andere Menschen verwandeln. So ist das Leben nicht, auch nicht im Fernsehen!

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