Styling deluxe / Roman
Ordnung, du kannst es mir sagen«, fügte Tamsin hinzu. »Schwangere Moderatorinnen jagen mir keinen heiligen Schrecken ein, im Gegensatz zu einigen männlichen Produzenten, die ich dir nennen könnte. Einen heiligen Schrecken jagen mir vielmehr botoxunterspritzte berufsjugendliche Moderatorinnen ein.«
»Ich glaube nicht«, antwortete Annie auf die Babyfrage, fühlte sich dann jedoch gedrängt zuzugeben: »Aber mein Partner wünscht sich verzweifelt ein Kind. Ich glaube allerdings nicht, dass ich das alles noch einmal durchstehen kann.«
»Was denn? Die Schwangerschaft? Die Geburt? Die Babyzeit? Den Schlafmangel? Das alles ist schrecklich, aber es lohnt sich.«
Annie überlegte kurz. Nichts davon traf es. Es war … es war schwer zu verstehen, woher ihr Widerstand kam … und noch schwerer, ihn in Worte zu fassen.
»Ich hatte nie so viel Angst«, begann Annie jetzt versonnen, »wie in den Wochen nach Lanas und Owens Geburt. Sie waren so winzig, ich hatte so große Verantwortung, und das war noch nicht alles … Der Gang zum Standesamt, um die Geburt registrieren zu lassen, in diesem hochoffiziellen roten Buch. Es war, als hätte ich etwas in Gang gesetzt, das ich selbst nicht verstand.« Sie schluckte, doch Tamsin nickte nur knapp als Aufforderung fortzufahren. »Als die Geburten registriert waren, mit Uhrzeit und Datum und allen Einzelheiten, konnte ich nur noch daran denken, dass sie eines Tages auch in das schwarze Buch eingetragen würden, das auf dem Schreibtisch des Standesbeamten liegt.« Annies Erinnerungen an die Eintragung ihres Mannes ins Sterbebuch drängten kurz an die Oberfläche.
»Man ist so verletzlich, wenn man gerade entbunden hat«, pflichtete Tamsin ihr bei. »Ich habe ein paar verrückte Sachen gemacht, von denen ich nicht mal geträumt hätte, wenn ich mich nicht in diesem postnatalen Zustand befunden hätte. Es ist, als hätte man sich gehäutet, man ist der Welt auf eine andere Art als vorher ausgesetzt.«
»Ja, aber genauso fühlte ich mich auch, als mein Mann gestorben war … Ich habe zweieinhalbtausend Pfund für ein schwarzes Valentino-Kleid für die Beerdigung ausgegeben«, hörte Annie sich beichten. Und davon wussten auf der ganzen Welt nur zwei andere Menschen. »Ich weiß bis heute nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Ich war besessen von der fixen Idee, dass es mehr kosten musste als mein Hochzeitskleid und dass es umwerfend aussehen musste, nur für ihn.«
»Oh, das tut mir so leid, ja … Das habe ich in
Screentalk
gelesen. Roddy Valentine.« Tamsin sah sie offen an, und Annie erkannte das erschrockene Mitgefühl in ihrem Blick. »Wie furchtbar …«, fügte Tamsin hinzu.
»Ist schon gut«, sagte Annie mit einem Lächeln und zuckte mit den Schultern. »Das Leben ging weiter. Wir alle haben unseren Frieden gemacht.«
»Vom Fernsehstandpunkt aus gesehen, gefällt uns das – unsensiblerweise«, entgegnete Tamsin leise. »Annie Valentine, die Nigella der Kostenbudgetierung.«
Annie lächelte und dachte an Ed.
»Ich kann dir nicht sagen, wie viele dumme Mädchen ich Tag für Tag kennenlerne, die versessen darauf sind, Fernsehmoderatorin zu werden«, fuhr Tamsin fort, »aber jemanden zu treffen, der wirklich Kontakt zu Menschen herstellen will – Kontakt zu den Menschen in der Show und zu den Zuschauern –, das ist selten. Und es ist ein Glücksfall.«
Annies Nervosität war einem benommenen, atemlosen Schwindelgefühl gewichen.
Channel 4? Nigella? Frauenzeitschrift-Show? Lustig, flippig? Tamsin sagte immer genau das Richtige und stellte sich offenbar exakt das vor, was Annie gern gemacht hätte und was sie sich von Finns Show eigentlich erhofft hatte.
»Wie bist du an
Juhuu
-Finn geraten?«, wollte Tamsin wissen.
»Ah ja, ich habe seine Frau bei
The Store
als persönliche Einkaufsberaterin betreut«, antwortete Annie.
»Der Haarschnitt?«, unterbrach Tamsin sie. »Warst du verantwortlich für den Haarschnitt?«
Annie dachte an den Tag, als Kelly-Anne mit ihren langen lackschwarzen Locken zu ihr in die persönliche Beratungssuite gekommen war, als Connor auftauchte, sich einmischte und ihr Haar sich an seinen Blazerknöpfen verfing. Und Svetlana hatte die Locken einfach abgeschnitten. Kelly-Anne wäre vor Schock fast gestorben.
Annie sah Tamsin an und fragte sich, ob es gut für sie sein könnte, wenn sie für das Massaker an dem langen Haar verantwortlich war. »Nicht direkt«, wich sie aus, »aber meiner Meinung nach sah es wirklich gut aus.«
»Die
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