Styling deluxe / Roman
Kinder.«
Die roten Slipper und die glänzenden Schühchen wurden eingepackt und gebongt, und Annie zahlte aus dem Umschlag mit den zweihundertfünfzig Pfund in bar, die Finn ihr am Morgen ausgehändigt hatte.
»Keine Kreditkarte?«, hatte Annie verblüfft nachgefragt.
»Glaubst du, ich würde dich mit einer Kreditkarte losschicken?«, lautete seine Antwort. »Wir zahlen immer noch an der Rechnung, die meine Frau auflaufen ließ, als sie dich bei
The Store
besucht hat.«
»Ah ja.« Annie erinnerte sich noch sehr gut an den Tag, als Kelly-Anne sich vertrauensvoll der persönlichen Einkaufsberatung anheimgegeben hatte und um mehrere tausend Pfund erleichtert nach Hause gegangen war. Aufgrund einer Art Haar-Unfall hatte Kelly-Anne letztendlich ihr Haar kürzen lassen müssen … um ganze sechzig Zentimeter.
Ein Kleid für Cath zu finden würde bestimmt nicht einfach sein. Annie war den Geschäften an der High Street ausgeliefert, mit einer unsicheren, überaus körperbewussten Kundin mit Größe 42 und einem inzwischen auf hundertfünfundfünfzig Pfund geschrumpften Budget. Hätte sie noch bei
The Store
gearbeitet und Geld ohne Ende zur Verfügung gehabt, wäre die Lösung dieses Problems ein Leichtes für sie gewesen: dank der italienischen Labels, die die kurvenreichere Mama in kunstvoll geschnittenen Taft mit Bügeln, Struktur und klug gewählten Farben hüllten.
An den Schuherfolg reihte sich eine sehr entmutigende Sitzung im Umkleideraum von Wallis. Cath listete vor dem Spiegel stehend im Geiste ihre Schwachstellen auf; Annie merkte es ihr an. Diesen Ausdruck hatte sie schon auf so vielen Gesichtern gesehen. Die Liste begann mit: »Ich hasse mein Haar, ich hasse meine Augensäcke, ich hasse meinen Hals, meine Schultern, mein Dekolleté«, und so ging es weiter bis zu: »Ich hasse meine Knubbelknie, meine Knöchel und meine hässlichen Zehen.«
Bei John Lewis war es noch schlimmer, und Annie bekam mit, wie Bob sein Filmmaterial löschte. Seine Kurzanweisung lautete: glückliche Frau, neu gestylt, atemlos vor Erstaunen darüber, wie umwerfend sie jetzt aussah.
Dann rief Finn an.
»Hi, wie geht’s?«, fragte er Annie. »Hast du unsere Pomeranze schon in eine Prinzessin verwandelt?«
Annie verzog das Gesicht wegen der grausamen Bemerkung, bevor sie so munter wie möglich antwortete: »Hm … ja, ich glaube, wir sind auf dem besten Weg«, während sie zusah, wie Cath sich vor dem Spiegel drehte, in einem absolut hoffnungslosen Kleid, das besser als Schutz für Obdachlose oder so zu verwenden gewesen wäre.
»Ich kann’s kaum erwarten zu sehen, was du dir hast einfallen lassen!«, sprudelte Finn voller Begeisterung hervor. »Okay, wir treffen uns um drei Uhr heute Nachmittag im Starbucks unten im Einkaufszentrum zum Zwischenbericht und einer raschen Sichtung des Filmmaterials.«
»Ich dachte, wir hätten den ganzen Tag Zeit«, entgegnete Annie und sah mit einem Blick auf die Uhr, dass es bereits 13:50 Uhr war.
»Fürs
Filmen
«, erklärte Finn, »nicht fürs Shoppen. Das ist ein kleiner Unterschied, Annie!«
Sie klappte ihr Handy zu und wusste, dass sie rasch zur Tat schreiten musste. »Okay, Cath, zieh das aus!«, befahl sie knapp. »Gib nicht dir die Schuld, sondern diesem erbärmlichen Sack von Kleid! Ich muss recherchieren, und zwar schnellstens.«
Im nächsten Moment schickte Annie eine SMS an Paula, ihre Exassistentin. Ja, Paula war etwas über einsachtzig groß und gebaut wie eine Stabhochspringerin auf Diät, aber sie hatte eine Schwester, Jamilia. Jamilia, ebenso kurvenreich wie lebhaft, war eine sehr modebewusste Frau mit kleinem Budget.
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis Jamilia persönlich auf Annies verzweifelte Frage antwortete: »Wo bekommt man an der High Street heiße Kleider in Größe 42?«
Auf dem Handydisplay erschienen die Zauberworte: »Coast, Dthy Prkns.«
»Gut, auf geht’s!«, ordnete Annie an und hakte sich wieder fest bei Cath unter.
Cath durfte sich bei Dorothy Perkins nicht lange umsehen, denn die Zeit wurde nun ernsthaft knapp. Stattdessen wurde sie im Umkleideraum mit dicht verschlossenen Vorhängen vor den Kameralinsen verborgen.
Dann durchsuchte Annie das Geschäft: Kleiderständer für Kleiderständer, Kleid für Kleid, ganz profimäßig, wie es ihre Art war.
Schließlich nahm sie etwas mit wirklichem Potenzial vom Bügel. Es war strukturiert und schwarz mit dreiviertellangen Spitzenärmeln, damit Cath sich nicht so nackt fühlte.
Annie persönlich
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