Styling deluxe / Roman
überzeugend wie beim ersten Mal.«
»Quatsch!«, widersprach sie. »Ich möchte wetten, du machst das ständig.«
Sie fasste wieder Cath ins Auge. Diese schlenderte durch das Geschäft und betrachtete ratlos die Schuhe. Hier gab es alle möglichen neuen Farben, Formen, Absätze und Designs. Augenscheinlich war alles so anders als beim letzten Shopping, als Cath lediglich nach preislichen und praktischen Gesichtspunkten gewählt hatte.
»Schau dich nur um«, drängte Annie, »hier gibt es bestimmt etwas, das dir gefällt! Ehrlich, sag einfach Bescheid, wenn dir
irgendetwas
ins Auge sticht, denn das verrät uns vielleicht, worauf du stehst. Dein Liebesmuskel«, fügte sie mit einem frechen Zwinkern hinzu, »es geht darum, deinen Liebesmuskel aufzubauen. Der hatte in letzter Zeit offenbar nicht genug Training.«
Darüber musste sogar Cath kichern.
Die dritte Tour durch das Geschäft, und nach drei Vierteln der Wegstrecke sah Annie es – Cath reckte ihren Arm und nahm ein Paar kirschrote Lacklederslipper aus einem der oberen Regale.
Annie sah zu, wie Cath, erfreut und fasziniert, die Slipper in ihren Händen drehte.
Rasch wandte Annie sich an die Verkäuferin, die sich an sie gehängt hatte und gern ins Fernsehen wollte. »Okay, ich brauche diese Slipper in Größe 39 und alles, was Sie sonst noch aus rotem Lackleder in dieser Größe haben.«
Mit geringem Aufwand an Überredungskunst brachte Annie Cath dazu, in den Slippern im Geschäft auf und ab zu schreiten, und Cath war sichtlich zufrieden.
»Gut, die nehmen wir«, entschied Annie.
»Nein!«, protestierte Cath. »Ich habe nichts, was ich dazu anziehen könnte.«
»Wir kaufen dir noch eine flotte rote Jacke und vielleicht eine rote Handtasche dazu. Vielleicht einen glänzend roten wasserdichten Mantel, der kein Anorak ist. Findest du sie nicht
herrlich?
«, fragte Annie.
»Ja«, gestand Cath schüchtern.
»Na also! Die nimmst du, und basta!« Annie hatte längst vergessen, dass sie gefilmt wurden. »Auf jeden Fall sind sie viel, viel schöner als diese da.« Sie zeigte auf die traurigen, abgelatschten schwarzen Pantoletten, die Cath zum Einkaufen angezogen hatte. Svetlanas starken Akzent imitierend, sagte sie: »Müllsack!«
»Also gut, meine Liebe, du hast offenbar einen uneingestandenen Hang zu Leuchtendrot. Was hältst du von diesen hier?«
Behutsam klappte Annie den Deckel auf und wickelte das Seidenpapier von einem hinreißenden Paar Mary Janes aus rotem Lackleder. Sie wusste, dass sie die bequemlichkeitsliebende Cath nie im Leben zu einem Paar hoher Stöckelschuhe würde überreden können, hoffte jedoch, dass diese schicken Schühchen eine Chance bei ihr hatten.
»Oh! Na ja …« Cath betrachtete die Schuhe so überrascht, als käme etwas so Hübsches niemals für sie in Betracht.
»Probier sie einfach mal an!«, lockte Annie.
Und bevor Cath protestieren konnte, wurden ihr die schwarzen Socken aus- und Füßlinge angezogen, und sie zeigte ihre zierlichen weißen Fesseln in den feinen Schuhen.
»Lauf mal!«, befahl Annie.
Bob ging an einer Wand des Geschäfts in die Knie, um Caths unsichere Schritte mit der Kamera einzufangen.
»Sag bloß nicht, dass sie dir nicht gefallen!«, warnte Annie. Cath schritt dahin, blieb stehen und betrachtete ihre Füße ausgiebig in den Spiegeln.
»Wie passen sie?«
»Wirklich gut.«
»Du kannst sie zu Hosen, Jeans, Röcken und Kleidern tragen«, beschwatzte Annie sie, »und sie gehen auf unsere Rechnung, vergiss das nicht! Du brauchst nicht zu überlegen, wie du das Geld dafür wieder einsparen kannst.«
Cath musterte ihre Füße eine geschlagene Minute lang im Spiegel.
»Sprich mir nach!«, verlangte Annie.
»Ich finde sie hinreißend.«
Bobs Kamera zoomte Caths Gesicht heran, aber trotzdem gelang es ihr, schüchtern zu wiederholen: »Ich finde sie hinreißend.«
»Und gleich noch einmal, mit mehr Gefühl!«, zog Annie sie auf.
»Ich finde sie hinreißend!«, sagte Cath, blitzte Annie lächelnd an und wurde rot.
»Schluss mit den Gewissensbissen! Jeder Mensch braucht Schuhe«, erklärte Annie. »Da dürfen es auch gern hübsche Schuhe sein, und, Schätzchen, sie kosten nur fünfundvierzig Pfund!«
Im Grunde fand Annie das ernüchternd. Vor etwa einem Jahr hatte sie aufgehört, Schuhe in Geschäften an der High Street zu kaufen, und fragte jetzt: »Hast du eine Ahnung, wie viel ich für die da ausgegeben habe?« Sie deutete auf ihre aufwendigen Stiefel. »Einen ganzen Batzen vom Erbe meiner
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