Styling deluxe / Roman
nach London gekommen, um Model zu werden. Svetlana hoffte unvermittelt, dass das Mädchen klug genug war, sich von all diesen fiesen Typen fernzuhalten, die Modelkarrieren versprachen und Mädchen wie dieses zum Lap Dance und viel, viel schlimmeren Dingen verlockten.
»Guten Tag«, ertönte Svetlanas Stimme, als sie sich ihrer Haustürschwelle näherte. »Ich bin Svetlana Wisneski. Warum belästigen Sie mich?«
Das Mädchen antwortete auf Ukrainisch.
Sie sagte nicht viel, aber ein eventueller Passant wäre schockiert über die Wirkung der wenigen Worte auf die atemberaubende Frau im pinkfarbenen Chiffonkleid gewesen. Sie erblasste unübersehbar, taumelte leicht zur Seite und musste sich haltsuchend an den Türrahmen lehnen.
Hätte dieser Passant zufällig auch noch die ukrainische Sprache beherrscht, dann hätte er die verheerenden Worte verstanden, die das Mädchen von sich gab.
»Guten Tag, ich bin Elena, ich bin zweiundzwanzig Jahre alt, und du bist meine Mutter.«
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22.
Die Oxfam-Dame:
Orangefarbener Kleiderrock aus Wildleder (Oxfam, Camden)
Blaue Bluse (Oxfam, Highgate)
Blaue Strumpfhose (M&S)
Braune Westernstiefel (Camden Market)
Geschätzte Gesamtkosten: 74 £
»Möchten Sie unseren Prospekt mitnehmen?«
B isher hatte Annie beinahe schon vier Stunden ihres kostbaren Sonnabendvormittags mit der Lokalisierung ihrer verschwundenen Sachen zugebracht.
Ed hatte auf der Suche nach den hochgeschätzten Stücken, die bei der großen Benefizentrümpelung versehentlich unter die Räder gekommen waren, zahlreiche Telefongespräche mit Lehrern, der Schule, sogar mit dem Hausmeister geführt.
Hunderte von Säcken mit ausgemusterter Kleidung, Bettzeug, Büchern und Spielsachen hatte die Schülerschaft von St. Vincent’s zusammengetragen. Alles war in der Sporthalle der Schule eingelagert und wurde jetzt sortiert und an die einschlägigen Wohltätigkeitsvereine weitergereicht.
»Die Kleidung geht zum größten Teil an Oxfam«, hatte Ed Annie berichten können. »Die Zweigstelle in Nord-London hat eine Lieferung von der Schule bekommen; vielleicht sollten wir dort anfangen. Ich telefoniere weiter und gebe dir Bescheid, wenn ich irgendetwas Brauchbares in Erfahrung bringe.«
Kaum hatte Annie diese Worte vernommen, sprang sie auch schon in ihren Jeep und raste zu dem Laden, bevor die Frühaufsteher mit den Adleraugen unter den Schnäppchenkäufern mit einem ihrer erlesensten Teile den Laden verlassen konnten.
Leider konnte die Frau hinter dem Verkaufstresen keine ihrer Fragen beantworten, doch als sie Annies Aufregung bemerkte, entschloss sie sich, jemanden anzurufen, der am Tag zuvor Dienst gehabt hatte, und zu hören, ob diejenige Näheres wusste.
Annie sah sich im Laden um und zuckte zusammen, als sie einen ihrer geblümten Paul-Smith-Röcke auf einer Stange entdeckte.
Sie stürzte hin und überprüfte die Größe. Ja! Es war ihrer. Eindeutig!
Hastig warf sie den Rock auf den Tresen.
»Das ist meiner!«, informierte sie die Verkäuferin.
Die Entdeckung des Rocks stimmte sie hoffnungsfroh, doch ihre unermüdliche Durchsuchung der anderen Kleiderständer führte zu keinem Ergebnis.
»Möchten Sie nachschauen, ob Ihre Säcke vielleicht noch im Hinterzimmer stehen?«, bot die Frau an.
Annie wurde in den hinteren Teil des Ladens geführt, wo sie auf Anhieb erkannte, dass kein lebensrettender Stapel von prallen Wäschesäcken mit ihren geliebten Siebensachen vorhanden war. Die Frau zeigte auf den riesigen Altkleiderberg und erklärte hilfreich: »Nun, wenn die Säcke schon ausgepackt sind, liegen die Sachen dort zum Sortieren bereit. Tut mir leid, wir hinken zurzeit ein bisschen hinterher; wir sind unterbelegt.«
Annie betrachtete den Haufen. Ihn zu durchsuchen würde den ganzen Vormittag in Anspruch nehmen. Hierher kam die zum Tode verurteilte Kleidung. Von ihren Sachen konnte doch wohl nichts auf dieser Müllhalde gelandet sein?
»Okay«, stimmte sie zögerlich zu, doch kaum hatte sie nach dem ersten schrumpeligen, formlosen und fleckigen Zara-Top gegriffen, klingelte das Ladentelefon.
Die Verkäuferin kam zurück und verkündete: »Gute Nachrichten! Janice, die gestern gearbeitet hat, sagt, dass nur Ihr Rock hier ausgepackt wurde. Als sie sah, wie hübsch die Sachen sind, haben sie alles zu Oxfam Style gebracht – das ist eine Art Oxfam-Edelshop in Camden.«
Annie schnappte sich ihren Rock vom Tresen und raste zur Tür.
»Aber den müssen Sie bezahlen!«, rief die Frau hinter
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