Styling deluxe / Roman
Haus und ihre Abfindung zu bekommen, wurde Svetlana übel. Sie hatte geschworen: keine Skandale in der Zukunft und keine Geheimnisse in der Vergangenheit. Sie hatte es versprochen! Sie musste Harry aus dem Haus und sich Elena so weit wie möglich vom Hals schaffen, bevor es zu einer schrecklichen Katastrophe kam.
»Maria nimmt dich mit in die Küche«, sagte Svetlana schnell entschlossen. »Geh bitte leise nach unten und warte dort auf mich!«
Unverhofft trat ein Lächeln auf Elenas Gesicht. Sie griff sich ihre zwei Koffer, schleppte sie durch die Haustür und folgte Maria ins Untergeschoss.
»Was war denn los?«, wollte Harry wissen, als Svetlana ins Wohnzimmer zurückkam.
»Ein zum Äußersten entschlossenes ukrainisches Mädchen auf Jobsuche«, erkläre Svetlana so beiläufig wie möglich. »Hab ich beschlossen, Maria soll ihr Tasse Kaffee geben und Bewerbung ansehen.«
»Sind alle ukrainischen Mädchen zum Äußersten entschlossen?«, fragte Harry.
»Alle, die es bis hierher geschafft haben«, bestätigte Svetlana mit einem kehligen Lachen.
»Mein liebes, geliebtes Mädchen …«, begann Harry, »bitte sag, dass du mich heiratest!« Die Bitte brannte ihm seit seinem Eintreffen in Svetlanas Haus auf den Nägeln.
Er legte seinen Arm um sie, und sie blickte in seine freundlichen Augen. Bei Harry fühlte sie sich geborgen.
Svetlanas Leben hatte aus einem einzigen langen Kampf mit mächtigen, anmaßenden Persönlichkeiten bestanden, und wenn Harry sie so ansah, erinnerte sie sich, warum sie überhaupt so fest zur Heirat mit ihm entschlossen gewesen war. Als Igor ihr alles, ihre Kinder eingeschlossen, hatte wegnehmen wollen, war Harry ihre Rettung gewesen. Er hatte vor Gericht für sie gekämpft.
»Offen und ehrlich«, so hatte er den Sieg bezeichnet.
Und als er sich in sie verliebt hatte, war er der erste Mann in ihrem Leben gewesen, der Rücksicht auf ihre Wünsche nahm.
»Ja«, sagte sie zuversichtlich, »lass uns heiraten, Harry!«
Unverzüglich wandten ihre Gedanken sich wieder Elena zu. Dort unten in der Küche tickte eine Zeitbombe, die jeden Augenblick hochgehen konnte. Wie sollte Harry ihr je verzeihen, dass sie ein so dunkles Geheimnis hütete, wenn so viel auf dem Spiel stand?
»Vielleicht wir sollen Hochzeit vorverlegen?«, fragte Svetlana mit ihrem reizendsten, gewinnendsten Lächeln.
»Na, na«, lachte er, »das könnte ein bisschen heikel werden. Einladungen sind verschickt, die Örtlichkeit ist im Voraus gebucht. Ich glaube nicht, dass wir die ganze Sache einfach vorziehen können.«
»Versuch es für mich, Harry!«, schmeichelte Svetlana. »Muss ich so schnell wie möglich deine Frau werden.«
Er gab ihr einen ausgiebigen, liebevollen Kuss auf den Mund und hoffte, sie könnten dort weitermachen, wo sie vor kurzer Zeit aufgehört hatten. Doch Svetlana löste sich von ihm und verkündete: »Du musst jetzt gehen, mein Liebster.« Mit einem Blick auf ihre Uhr schwindelte sie mühelos: »In Viertelstunde hab ich Friseurtermin.«
Harry lächelte nur und schüttelte den Kopf, als wollte er ihr sagen, dass jedes Haar ihres hübschen Köpfchens am richtigen Platz saß, und wieso brauchte sie dann jetzt einen Friseur?
»Wir gehen später heute Abend essen?«, fragte Svetlana. »Dann du kommst mit und bleibst über Nacht bei mir.« Begleitet wurde diese Bitte von einer Hand, die zwischen Harrys Beine glitt und verspielt zudrückte.
Nachdem sie Harry hinausgeleitet hatte, schloss Svetlana nachdrücklich die Tür hinter ihm, atmete zur Beruhigung tief durch, wappnete sich und ging zur Küche im Untergeschoss hinunter.
In dem großen gutausgestatteten Raum sah sie Elena, eine Tasse Kaffee vor sich, am Tisch sitzen, während Maria am Herd stand und in Speisen rührte, die sie für die Kinder zubereitete.
Die Frauen schwiegen, doch Svetlana konnte nicht glauben, dass Elena nicht Englisch sprach. In Osteuropa sprach jeder ein bisschen Englisch. Ohne wenigstens Grundkenntnisse dieser Sprache zu besitzen, war an Auslandsreisen nicht einmal zu denken.
»Sprichst du Englisch?«, fragte Svetlana auf Englisch.
»Ja«, lautete die Antwort, doch dann folgte auf Ukrainisch: »Aber ich würde lieber privat mit dir reden.«
»Okay«, erklärte Svetlana sich einverstanden, »komm mit, wir gehen in mein Büro.«
Dieser kleine Raum befand sich ebenfalls im Untergeschoss. Svetlana hatte im Grunde gar keine Verwendung für ein Büro. Sie hatte mit dem Gedanken an ein Geschäftsunternehmen gespielt,
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