Styling deluxe / Roman
Paula noch eins drauf.
»Mein Personalrabatt wird mir wirklich
entsetzlich
fehlen«, gestand Annie mit einem Seufzer.
»Ganz bestimmt, Annie Valentine!«, musste Nadine, eine der Verkäuferinnen, die gerade die Suite betraten, ihr zustimmen.
Sie führte ein Aufgebot von etwa zehn weiteren Kolleginnen an. Jetzt konnte die Party also beginnen.
»Sie wird keinen Personalrabatt mehr brauchen«, konterte Dale aus der Herrenbekleidung, »oder, meine Liebe?« Er legte die Arme um Annies Taille. »Sie geht zum Fernsehen, und sie wird reich! Wir werden im Heat-Magazine über sie lesen und zu Weihnachten ihre Bücher kaufen, stimmt’s, Püppchen?«
Annie hatte ein flaues Gefühl in der Magengrube. Wenn sie alle wüssten, wie viel sie hier aufgab! Sie meinte, alles für eine äußerst fragwürdige Chance auf Fernsehruhm aufs Spiel zu setzen.
Unter begeistertem Jubel knallte ein Sektkorken. Gläser wurden herumgereicht, gefüllt und klirrten aneinander.
Annie sah Geoff und zwei Damen aus der Buchhaltung eintreten; sie waren bereits im Pub gewesen, um dort auf den Startschuss zu warten. Und jetzt kam Dinah, Annies Schwester, etwas zögerlich herein.
Aber immer noch keine Spur von Ed und ihren Kindern oder ihrem besten Freund Connor oder ihrer Chefin, Helena Montserrat.
Dinah, Annies jüngere Schwester – sie hatte auch noch eine ältere, Nic –, war ein sehr wichtiger Mensch in ihrem Leben. Sie wohnte ganz in ihrer Nähe im Norden von London, mit ihrem Mann Bryan und ihrer Tochter Billie. Sie war ein ängstlicherer, nicht so impulsiver Mensch wie Annie und zerbrach sich freundlicherweise häufig Annies Kopf, doch sie stellte eine enge Vertraute und Helferin in jeder Lebenslage für Annie dar.
»Hey, du!«, rief Dinah und winkte knapp. In Kleidungsfragen entschieden künstlerischer und experimentierfreudiger als ihre große Schwester, trug sie etwas lebhaft Fliederfarben-Blaugrünes aus der jüngsten Kaufhaus-Kollektion. Während Annie Marken und langlebige »Schlüsselelemente« liebte, bevorzugte Dinah billige Mode aus Kaufhausketten oder, noch besser, Secondhandläden.
»Dinah!« Annie schloss ihre Schwester in die Arme. »Sind Ed und die Kinder schon hier?«
»Nein, aber sie sind bestimmt auf dem Weg.«
»Und die Mungobohne?« Das war ihr derzeitiger Spitzname für Connor, ihren Schauspieler-Freund. Connor war kürzlich nach LA gezogen, weil er seinem neuen amerikanischen Agenten zufolge »hier und jetzt total angesagt« war und daraus Kapital schlagen musste. Laut Connors Berichten hatte das Leben in LA ihm nicht gestattet, den unbekümmerten, feuchtfröhlichen Lebenswandel fortzusetzen, den er als Schauspieler in London genossen hatte. Nein. Das Leben in LA bestand offenbar aus endlosen Meetings, einer Ernährung von Tofu und Mungobohnen und fünf Stunden Schwitzen pro Tag unter einem Personal Trainer, was alles so affig und lächerlich wirkte, dass Annie und Dinah es als ihre Pflicht ansahen, ihn bei jeder Gelegenheit damit aufzuziehen. Da Connor sich für vier Tage in London aufhielt – zum Vorsprechen, nicht nur wegen Annies Party –, hatten sie jetzt ihre große Chance.
»Ist die ganze Vertragsangelegenheit nun geklärt?«, fragte Dinah ihre Schwester mit leiser Stimme, sah ihr aber in die Augen.
»Ach!«, rief Annie. Hier wollte sie nicht darüber sprechen.
»Der Vertrag?«, bohrte Dinah. »Kriegst du, was du haben wolltest?«
»Schätzchen, ich kriege genug, um mühsam über die Runden zu kommen, und mehr sage ich jetzt nicht«, antwortete Annie grimmig.
»Oh nein!«, flüsterte Dinah. »Ist es schlimm?«
»Noch schlimmer«, flüsterte Annie zurück.
»Was willst du tun?«
Aber es war zu spät; von allen Seiten stürzten sie sich auf Annie. So viele Leute, mit denen sie reden musste. Annie hatte das Gefühl, von einem Grüppchen zum anderen weitergereicht zu werden – wie ein Päckchen auf einem Kinderfest.
In einer Ecke gegenüber entdeckte sie Ed und die Kinder, die sich mit Dinah und Paula unterhielten, aber es dauerte noch ein paar Minuten, bis sie sich von der Gruppe, die sie mit Beschlag belegte, loseisen und zu ihnen gelangen konnte.
»Ihr seht fantastisch aus!«, rief Annie. »Meinetwegen habt ihr euch so große Mühe gegeben.«
Owen, der sich das international anerkannte »schicke« Outfit für Zwölfjährige zu eigen gemacht hatte – gebügeltes Hemd, gebügelte Khakihose, leidlich saubere Converse-Schuhe –, wurde als Erster umarmt. Er nahm es klaglos hin, obwohl seine
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