Succubus Dreams
Anstalten umzukippen, also bin ich hin, um ihr zu helfen, und das Ende vom Lied war, dass ich die Hälfte aß.»
«Süß», sagte ich. «Äh, das Wortspiel war nicht beabsichtigt.» Es war völlig unerheblich, dass ich in den letzten paar Monaten einen Typen in einem Bürosessel gebumst, bei einem anderen die Lederpeitsche verwendet hatte und mit einem dritten ins Hinterzimmer eines vergammelten Clubs gegangen war. Ich hatte nach wie vor eine Schwäche für romantische Geschichten.
«Danach hat sie mich hin und wieder um Hilfe gebeten, sobald ihr klar geworden war, was ich tun konnte. Es sollte eigentlich bloß das sein… lediglich Hilfe bei ihren, du weißt schon, beruflichen Aufgaben. Nach einer Weile jedoch ging es nicht mehr anders. Wir blieben die ganze Zeit über zusammen.»
Ich verschluckte ein weiteres Stück Lasagne. Sie war göttlich. Ernsthaft. «Weiß es einer der anderen Engel?»
«Ja, so halbwegs. Joel duldet mich jetzt kaum noch…»
«Aber ihr beide habt offensichtlich keinen, äh, ihr seid…»
«Nein, aber das ist auch egal. Es muss nicht körperlich sein. Wirklich, die reine Ironie. Engel sind Wesen der Liebe. Sie sollen alle Welt lieben und nicht eine Person mehr als eine andere.»
«Bescheuert», stellte ich unerschütterlich fest.
«Für dich vielleicht. Und für mich vermutlich auch. Aber für sie… nun ja, sie widmet ihre gesamte Existenz dem Dienst für eine Macht sowie eine Sache, die größer ist als wir alle. In etwas verliebt sein – oder jemanden – lenkt ab. Du kannst nicht zwei Herren dienen, ohne am Ende einen zu verraten.»
Ich senkte wieder den Blick und überdachte seine Worte. «Und ihr beide bleibt trotzdem zusammen. Gewissermaßen.»
Er zuckte die Schultern. «So gut wir können. Vielleicht sollte ich mit meinem Leben weitermachen, aber, ehrlich, ich möchte mit niemand anderem zusammen sein. Ich akzeptiere sie so, wie sie ist. Deswegen liebe ich sie. Ich bin lieber mit ihr unter eingeschränkten Bedingungen zusammen als gar nicht.»
Im Nacken überlief mich eine Gänsehaut. Er hatte gerade eine Variante dessen geäußert, was Seth mir die ganze Zeit über zu sagen pflegte, damals, als ich ihn ständig dazu drängte, mich zu verlassen und sich jemand anderen zu suchen. Ich hatte seine Wahl mittlerweile akzeptiert und konnte mir ein Leben ohne ihn ehrlich nicht mehr vorstellen. Aber dennoch. Manchmal verstand ich einfach nicht, wie er mit allem zurande kommen konnte; zu hören, dass eine andere Person sich ebenfalls dafür entschieden hatte, war erfrischend.
Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, fragte Vincent freundlich: «Trete ich dir zu nahe? Carter hat einen Freund erwähnt…»
«Nein. Ja. Ich weiß nicht. Er – Seth, mein Freund – sagt dasselbe wie du. Dass es, wenn es nicht anders sein kann… na ja, dass es dann so sein soll.»
«Genau. Und so geht das Leben weiter.» Vincent faltete die Zeitung zusammen. «Obwohl ich dir eines sagen möchte: Sowohl deine als auch ihre Seite ist so bescheuert, dass es nicht mal mehr komisch ist. Warum die Regeln? Warum muss ein Sukkubus stets einem anderen das Leben wegnehmen, wenn er mit ihm zusammen ist? Warum bleibt dir keine Wahl? Und warum kann Yasmine keinen Geschlechtsverkehr haben? Warum kann sie sich nicht verlieben?»
Gute Frage. Ich glaube nicht, dass Vincent wirklich eine Antwort von mir erwartete, aber ich musste dennoch eine geben.
«Weil es eben so ist. So funktioniert das System. So hat es schon immer funktioniert.»
«Das System ist völlig bescheuert», wiederholte er.
Ich überlegte und nickte. «Zweifelsohne.»
Lächelnd griff er nach seinem Mantel und streifte ihn über. «Für einen Sukkubus bist du in Ordnung.»
Vincent machte sich mit seiner Bande von Engeln wieder an die Arbeit, worin sie auch immer bestehen mochte. Ich beneidete ihn fast darum, weil ich etwas zu tun hatte, worauf ich mich nicht im Geringsten freute. Es war ein weiteres notwendiges Übel.
Ich musste Tawny einen Job verschaffen.
Nach dem Debakel mit der Tanzstunde hatte ich Hilfe zugesagt. Gegen meinen mysteriösen Energieverlust oder englische Romanzen konnte ich vielleicht nichts unternehmen, aber ich konnte ganz bestimmt etwas tun, um Niphons Abreise zu beschleunigen.
Ich fuhr nach SeaTac hinab, einer Stadt, die ihre Existenz völlig dem Seattle-Tacoma International Airport verdankt. Sie ist eher ein Schatten, der sich wie eine Decke aus Langzeit-Parkplätzen und billigen Hotels um den Flughafen herum
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