Succubus Dreams
unter ihm wegknicken, aber er konnte es letztlich doch gerade halten.
«Komm schon», sagte ich und steuerte ihn zum Eingang. «Wir sollten gehen.»
«Wir sind gerade erst angekommen.»
«Oh, so plötzlich Fan von Scott Hamilton?»
«Nö, aber du. Es war bloß ein Sturz.»
Vielleicht war es bloß ein Sturz gewesen, aber der Gedanke, dass Seth verletzt worden war, hatte sich in meinem Herzen festgefressen. «Nein, nein. Gehen wir. Ich habe Hunger.»
Dem Ausdruck auf seinem Gesicht nach zu schließen, wusste er genau, dass ich nicht so viel Hunger hatte, aber er widersprach nicht mehr. Nachdem wir die Schlittschuhe wieder gegen unsere normalen Schuhe eingetauscht hatten, freute es mich, dass er gehen konnte, ohne zu humpeln. Das hätte wirklich noch gefehlt: Er verletzte sich, und ich wäre daran schuld!
«Ich bin nicht aus Glas», sagte er zu mir, als wir zum Abendessen fuhren. Er war bemerkenswert gut beim Erraten meiner Gedanken. «Du musst mich nicht beschützen.»
«Passiert instinktiv», sagte ich leichthin. Im Hinterkopf hatte ich jedoch sein schonungslos offenes Gespräch mit Erik. Sie waren sterblich. Sie konnten sich verletzen. Sie konnten sterben.
Dabei war ich über die Jahrhunderte hinweg immer wieder Zeugin geworden. Jedes Mal, wenn ich eine engere Beziehung zu einem neuen Sterblichen einging, hatte ich so zu tun versucht, als könne es ihm oder ihr nicht geschehen. Aber es geschah immer, und am Ende traf mich diese kalte Wirklichkeit, wie sehr ich sie auch verdrängen wollte.
Tatsächlich beschäftigte mich dieses Wissen den Rest des Abends, den ich mit Seth zusammen verbrachte. Es war dumm, natürlich, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, aber ich hatte zu viele kleine Dinge in meinem Leben gesehen, die zu einer Katastrophe geführt hatten. Als ich später im Bett neben ihm lag, ertappte ich mich dabei, dass ich an eine Reihe von Ereignissen zurückdachte, die ebenfalls klein angefangen und in einer Katastrophe geendet hatten.
Vor mehreren Jahrhunderten hatte ich in einer kleinen Stadt in Südengland gelebt. Damals nannte ich mich Cecily und hatte flammend rotes Haar sowie große, männermordende Augen so grün wie Saphire.
Etwas ist komisch am Mittelalter. Moderne Menschen haben stets das Bild frommer, gottesfürchtiger Leute, die sich strikt ans göttliche Gesetz halten, vor Augen. Nun gab es damals gewiss fromme Menschen, aber die Sache mit dem Gehorsam ließ so einiges zu wünschen übrig – sogar unter dem Klerus. Nein, stimmt nicht. Insbesondere unter dem Klerus. Mächtige Kirchenmänner lebten oft in Saus und Braus, während das gemeine Volk sich verzweifelt irgendwie den Lebensunterhalt zusammenkratzen musste. Die Ironie daran war, dass diese Verzweiflung zum Reichtum der Kirche beitrug, da die Bevölkerung darauf hoffte, dass ihr Los in der nächsten Welt ein besseres wäre, und entsprechend Geld spendete. Reichtum und Macht führten jedoch zu Korruption, und der Bischof der Stadt, in der ich lebte, war einer der korruptesten.
Und ich war seine Mätresse.
Vorgeblich arbeitete ich als Dienerin in seinem Haushalt, aber den größten Teil meiner Arbeit erledigte ich im Bett. Er scharwenzelte um mich herum und versorgte mich mit hübschen Kleidern und anderen Kinkerlitzchen, und alle wussten von unserer Beziehung. Die Menschen sahen, dass es eigentlich falsch war, aber die meisten nahmen es einfach hin. Viele andere Bischöfe – und Päpste – hatten ebenfalls Mätressen, und wie gesagt, nicht alle waren so fromm, wie es moderne Romantiker gerne glauben.
Einfach mit einem verdorbenen Bischof in Sünde zu leben, entsprach nicht völlig den Anforderungen meiner Tätigkeit. Schließlich war ich in jenen Tagen eine echte Draufgängerin, und ihn zu verführen war nicht allzu schwer gewesen. Wenn ich es nicht getan hätte, so wäre es eben eine andere gewesen.
Also bumste ich mich durch die Gegend, wenn ich konnte, erhielt regelmäßig Kicks und hatte viel Spaß dabei. Einmal hatte ich echt richtigen Spaß mit zwei Mönchen, die sogar das Messer zückten, nachdem sie entdeckt hatten, dass ich mit beiden geschlafen hatte. Ich weiß nicht, was sie sich davon erhofften. Ich sah sie auch kaum, da ihr Kloster weit außerhalb der Stadt lag. Außerdem hatte ich in Anbetracht dessen, wie mittelmäßig beide Beziehungen gewesen waren, sowieso nicht viel Interesse, einen der beiden erneut aufzusuchen.
Ungeachtet dessen fochten sie ein wildes Duell aus, das viel Blut kostete, bis es einem
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