Succubus Dreams
und klappte es zu.
Ich wollte Seth sagen, dass er zusammenbrechen würde, dass sterblich zu sein genau das bedeutete. Ich wollte ihm tausend Dinge sagen, wie schon im Krankenhaus, aber ich schluckte erneut meine Gefühle hinunter.
«Du musst es einfach langsam angehen lassen», sagte ich. «Und ich möchte dazu beitragen, dass du nichts allzu Verrücktes unternimmst.»
«Genau. Weil mein üblicher Lebensstil körperlich so anstrengend ist.»
Das hatte was für sich. Die meisten Tage verbrachte er sitzend und schreibend. Auf diese Weise war es sehr unwahrscheinlich, dass eine weitere Arterie platzte.
«Ich möchte bloß, dass du vorsichtig bist», sagte ich stur. «Du bist gestern angeschossen worden, schon vergessen? Das ist nicht dasselbe wie ein Sturz auf dem Eis.»
«Da hast du auch überreagiert.»
«Ist es so falsch, sich um dich zu sorgen?»
Seufzend kehrte er an seine Arbeit zurück. Ich hatte das Gefühl, nicht der Einzige zu sein, der sich zornige Worte verkniff. Den größten Teil des Tages verbrachten wir auf diese Weise und sprachen nur wenig. Wann immer er sein Interesse an etwas bekundete – etwas zu essen, zu trinken usw. –, sprang ich rasch auf und holte es ihm. Ich war die perfekte Krankenschwester/Dienerin. Schließlich, so etwa um die Zeit des Abendessens, stand er offensichtlich kurz vor dem Platzen.
«Unternehmen deine Freunde heute Nacht nichts?», fragte er steif.
«Willst du mich loswerden?»
«Frag ja bloß.»
«Sie spielen Karten.»
«Du gehst nicht hin?»
«Nein, ich bleibe hier bei dir.»
«Du solltest hingehen.»
«Ich möchte dich nicht allein lassen. Falls du etwas brauchst.»
«Dann nimm mich mit!»
«Was?», rief ich aus. «Aber du musst…»
«…dich schonen, ausruhen, darfst dich nicht anstrengen. Ich weiß, ich weiß. Aber sieh mal, ich krieg hier allmählich den Kabinenkoller, und ehrlich, ich glaube, etwas Ablenkung täte dir ebenfalls gut.»
«Seth…»
«Georgina», unterbrach er mich. «Es wird nicht wesentlich anders als jetzt schon. Weiter rumsitzen, nur mit…»
«…besserer Gesellschaft?»
«Das habe ich nicht gemeint», sagte er.
Es ging weiter hin und her, und währenddessen überlegte ich, wann wir diesen Punkt in unserer Beziehung erreicht hatten. Bislang war zwischen uns alles Schwindel erregend großartig und voller Gefühl gewesen. Wann hatten wir diese Grenze überschritten, dass wir uns jetzt so zankten? Seit wann gingen wir einander nur noch auf die Nerven? Im Film brachten lebensbedrohliche Situationen die Menschen eigentlich immer zusammen.
Schließlich gab ich nach und wir fuhren zu Peter und Cody hinüber. Die Bande – heute Nacht bestehend aus Hugh, Peter, Cody und Carter – war sehr überrascht, uns zu sehen, da Seth gesellschaftliche Zusammenkünfte mit Unsterblichen meistens mied. Aber sozial gestört oder nicht, Seth spielte gern Karten. Es war eine analytische Aktivität, an der er seine Freude hatte, und er musste dabei meist nicht sehr viel reden.
Kurz bevor das Spiel losging, tauchte Niphon auf. Er und ich funkelten einander kurz an und übersahen uns dann im Weiteren.
Unausweichlich kam schließlich Seths Schussverletzung zur Sprache.
«Du hast dich für sie vor eine Waffe geworfen?», fragte Peter, eindeutig beeindruckt.
«Nun ja», erwiderte Seth. Ihm war unbehaglich zumute, da so viele Augenpaare auf ihn gerichtet waren. «Eigentlich habe ich bloß versucht, sie wegzustoßen.»
«Du meinst, ihn zu entwaffnen?»
«Nun… nein. Eher so was wie… wegstoßen. Ich weiß wirklich nicht, wie man jemanden ‹entwaffnet›.»
«Ich hab gedacht, du hättest vielleicht Kurse in Kampftechnik besucht, damit du diese Kampfszenen in deinen Büchern schreiben kannst», erklärte Peter.
Seth schüttelte den Kopf. «Bin in meinem ganzen Leben nie in einen Kampf verwickelt gewesen. Bis gestern Nacht.»
«Erstaunlich», sagte Cody. «Setzt dein Leben im Namen der Liebe aufs Spiel.»
Ich starrte die Vampire ungläubig an, während sie sich weiter darüber ergingen, wie erstaunlich Seths Heldentat gewesen war. Sie bombardierten ihn mit weiteren Fragen nach dem Überfall, und der Ärger, der seit letzter Nacht in mir schwelte, loderte immer heller auf. Niphon auf der anderen Tischseite hörte mit einem höhnischen Grinsen zu. Carter verbarg, wie üblich, seine Gefühle. Ich hätte gern gewusst, weshalb er nicht mit den anderen Engeln unterwegs war, aber die Sache mit Seth drängte sich jetzt vor meine Neugier.
Eines kam mir
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