Succubus on Top
unausgesprochene Kriegserklärung.»
Das verfehlte seinen Eindruck auf den Dämon nicht. Er merkte natürlich, dass Carter ihn mit ins Boot holen wollte, aber es funktionierte dennoch. Nicht umsonst war Stolz eine der sieben Todsünden. Als getreuer Diener der Hölle war Jerome schlicht und einfach dafür anfällig. Ich hatte früher schon erlebt, dass sein Stolz mit ins Spiel kam; und er mochte es gar nicht, wenn ihm andere ins Handwerk pfuschten. Während der Dämon also von Natur aus schon viele Schwächen hatte, würde ich sagen, dass diese eine mehr als alle anderen Antrieb zum Handeln war.
«Wir können uns nicht selbst einmischen», sagte er ausdruckslos. «Das weißt du. Obwohl wir hier das Sagen haben, würden wir dadurch einen echten Krieg anzetteln. Ich für meinen Teil kann auf die Folgen eines solchen Kriegs gut und gern verzichten.»
«Einverstanden», murmelte der Engel und verfiel wiederum in Schweigen.
Ich sah zwischen ihnen hin und her und wartete darauf, dass einer von beiden einen brillanten Plan auf den Tisch legen würde. Einen, in dem Engel und Dämon in Ehrfurcht gebietender Glorie kämpften, um Alec und seinen Lieferanten zu vernichten.
«Georgina könnte es tun», sagte Carter schließlich.
«Was?», quietschte ich. So war das aber nicht gemeint gewesen. Beide richteten die Blicke auf mich.
Helle Empörung blitzte in Jeromes Augen auf und verblasste dann ebenso rasch, wie sie erschienen war. «Hmm. Vielleicht.»
«Wovon redet ihr eigentlich? Ich ziehe nicht in die Schlacht, keinesfalls!»
«Es wäre nicht so ganz eine Schlacht», bemerkte Carter, dessen Gesicht prompt wieder ernst wurde. «Aber wenn du einen Fehler begehst, könnte es gefährlich werden.»
«Warum ausgerechnet ich?»
«Weil du, Georgie, eine geringere Macht bist als wir. Du stehst wesentlich weniger unter Beobachtung als wir, und die Folgen deiner Handlungen sind auch nicht so gravierend. Es ist ein Unterschied, ob ein Land den Krieg erklärt oder eine kleine Splitterpartei zuschlägt.»
«Prächtig», sagte ich und sank in meinen Stuhl zurück. «Ich bin also eine Splitterpartei.»
Carter lächelte wieder. «Möchtest du Doug nicht helfen?»
Ein Augenblick verstrich. «Das weißt du doch.»
«Als ich sagte, es würde gefährlich werden, habe ich es auch genauso gemeint, aber wenn wir vorsichtig sind, kommst du ungeschoren davon.»
Ich dachte an Dougs abgrundtiefe Verzweiflung und sein unbekümmertes Verhalten. Der Gedanke, dass Ambrosia ihn ‹vernichtete›, war für mich entscheidend. «Ja, okay. Ich tu’s. Was es auch ist. Gefährlich oder nicht.» Ich hielt inne. «Äh, was ist es denn?»
Keiner gab Antwort.
«Oh, nun kommt schon! Ihr könnt nicht von mir erwarten, dass ich da ins Blaue hinein werkele!»
«Es sind einige Vorbereitungsarbeiten erforderlich», erwiderte Carter, der meine Bestürzung offensichtlich genoss. Aber sein Gesicht zeigte auch einen anderen Ausdruck… Stolz, dachte ich. Guter Stolz, weil er seine Handlungen für rechtens hielt. Nicht schlechter Stolz, der zu überstürzter Vorgehensweise verleitete. «Sobald alles vorbereitet ist, geben wir dir Bescheid. Ich werde dich schon finden.»
Ich schnitt ein Gesicht. «Du wirst verstehen, dass mich diese Antwort nicht so richtig zufriedenstellt.»
«Und du wirst verstehen», gab Jerome zurück, «dass das die beste Antwort ist, die du erhältst.»
Carter war etwas netter. «Du könntest jedoch in der Zwischenzeit versuchen, Zugang zum Lieferanten zu bekommen. Schließlich ist er derjenige, mit dem du es zu tun haben wirst. Geh Alec weiterhin um den Bart. Tu, was du tun musst!»
Ich nickte. Jemanden um den Bart gehen, das konnte ich im Schlaf. Ich war erleichtert, wieder in vertrauten Fahrwassern zu sein.
Nachdem ich sie verlassen hatte, schob ich den Ambrosia-Auftrag erst mal beiseite und ging zu Seth hinüber, für ein Spiel Scrabble, zu dem wir uns schon lange verabredet hatten. Ich schwor mir, diesmal nicht zu schwindeln, vermutete jedoch, dass dieser Vorsatz davon abhängig wäre, wie schlimm das Spiel für mich stünde. Bei meinem Eintreffen war Seth jedoch nicht in der Verfassung für ein Spiel.
Er saß am Schreibtisch in seinem Schlafzimmer. Seine Stirn war bewundernswert gefurcht, während er auf seinen Bildschirm starrte und anscheinend allein durch geistige Entschlossenheit etwas zustande bringen wollte. Sein Appartement hatte ein Büro, aber darin standen unausgepackte Kisten, sodass dieses Zimmer hier zu einer
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