Suchanek, Andreas - Heliosphere 2265 - Band 3: Enthüllungen
Präsidentin jedes Mal zugegen gewesen war. Kartess hatte außerdem mehrere Sondersitzungen ihres Kabinetts einberufen und konferierte dauernd mit dem Verteidigungs- und dem Innenminister. Nicht einmal Juris Informanten konnten ihm erzählen, was dort besprochen wurde.
Natürlich war das auch nicht notwendig. Es war klar, worauf die Sache hinauslief. Die Präsidentin hatte keine Wahl, musste einfach aktiv gegen die Parliden vorgehen. Wie sollte sie es der Öffentlichkeit verkaufen, dass sie nichts unternahm und ihre eigenen Bürger den verdammten Sternenköpfen überließ.
Nur noch wenige Admiräle sprachen sich gegen einen Krieg aus. Sogar Sjöberg war überraschend still geworden, wenn es um dieses Thema ging. Das Argument, dass der Angriff auf Schiffe der Parliden schließlich die Leben von Menschen kosten würde, hatte Juri recht schnell ausgehebelt. Genau genommen waren die versklavten Offiziere Geiseln. Und eine Regierung durfte sich von Geißelnehmern nicht erpressen lassen. Eine andere Möglichkeit als einen direkten Angriff gab es schlicht und einfach nicht. Die Zweifler waren endlich in der Minderheit.
Und dabei hatte Juri noch nicht einmal seine schärfste Waffe gezückt. Er warf einen Blick auf das mobile Pad, das vor ihm auf der Konsole lag. Er hatte den Bericht erneut gelesen, den Randall ihm über einen Mittelsmann beim Geheimdienst besorgt hatte. Darin wurde die ganze Wahrheit offenbar, die die Präsidentin noch immer unter Verschluss hielt.
In den vergangenen vier Jahren waren drei Kolonien in den Randgebieten der Solaren Union quasi entvölkert worden. Die Bewohner: spurlos verschwunden. Eine geheime Ermittlungseinheit versuchte - bisher vergeblich - die Sache aufzuklären. Um die Angelegenheit offiziell zu erklären, hatte man den Erios-Virus zu Hilfe genommen. Dieser, sich durch die Luft verbreitende Erreger, war absolut tödlich und es gab bisher kein Gegenmittel. Erstmals auf der Kolonie Erios aufgetreten, hielt er nun als Ausrede her und erklärte offiziell das Verschwinden der Kolonisten.
Juri wusste es besser. Die Parliden waren dafür verantwortlich, es gab keine andere Erklärung. Dass die Regierung nicht längst gehandelt hatte, war ein Armutszeugnis. Doch jetzt, mit dem Wissen um die Versklavung und der psychischen Folter von unzähligen Terranern, musste Kartess aktiv werden.
Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Sjöberg zu, der gerade einen Monitor nahm und gegen die Wand warf. Juri schüttelte den Kopf. Beim ersten Besuch hatte der Admiral fast das gesamte Labor demoliert. Sein Feind verlor nicht oft die Fassung, doch in dieser Situation konnte Juri es nachvollziehen.
Er selbst hatte seine Großeltern im Parlidenkrieg verloren, seine Eltern im Kampf gegen den Eriin-Bund und seine Frau sowie seinen einzigen Sohn - Ironie des Schicksals - an das echte Erios-Virus. Der Inkompetenz der bisherigen Regierungen war es zu verdanken, dass noch keines der drei Probleme gelöst war.
Gerade brach Sjöberg schluchzend über dem Stasetank, in dem seine Frau lag, zusammen. Juri schaltete ab, wollte dieses erbärmliche Schauspiel nicht länger mit ansehen müssen.
Zugegeben, allein der Gedanke, dass Offiziere der Space Navy - bei vollem Bewusstsein! - als Sklaven dienten, auf ihre eigenen Schiffe schossen und zu wer weiß was noch missbraucht wurden, machte ihn krank. Gedanklich hatte er bereits die Flotte zusammengestellt, die dem Hauptsystem der Sternköpfe einen Besuch abstatten sollte. Die HYPERION konnte mit ihrem Interlink-Antrieb in das System fliegen und die Phasenstörer beseitigen, die Hauptflotte folgte und legte die Hauptwelt der Parliden in Schutt und Asche.
Er lächelte bei dem Gedanken.
*
Büro der Präsidentin, Paris
Ione Kartess hatte längst aufgehört, ihre ViKo-Drinks zu zählen. Seit mittlerweile achtundvierzig Stunden war sie auf den Beinen und traf sich abwechselnd mit Spezialisten des Geheimdienstes, dem Verteidigungsminister und Yoshio Zhang von der Admiralität der Space Navy. Dazwischen wurden immer wieder Sitzungen des Admiralitätsrates anberaumt, der die verschiedenen Szenarien einer militärischen Intervention durchspielte.
"Also gut, was können Sie mir berichten, Collin", wandte sie sich an ihren Verteidigungsminister.
Collin O'Sullivan gehörte zur eher gemäßigten Fraktion des Kabinetts, und genau deshalb hatte sie ihn auf diesen Posten gesetzt. Der untersetzte Rotschopf, dessen Gesicht von Sommersprossen übersät war, dachte zuerst
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