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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Hotels saß und den ersten Gang einer Reihe unerträglich mittelmäßiger Speisen ertrug, während er langsam von der Wolke eines schwülen Parfüms erstickt wurde. Zur Linken hatte er einen ausgezeichneten Blick auf Gwens kompliziert geschlungenen Haarknoten: sie hatte sich ganz von ihm abgewandt, völlig vereinnahmt von dem blonden
Italiener
zu ihrer Linken. Gegenüber saßen zwei ergrauende Deutsche, die sich als Österreicher vorgestellt hatten, vermutlich um Spucke in ihrem Essen zu vermeiden; sie waren entweder taub oder schwermütig und konzentrierten sich ausschließlich auf ihre Teller. Zu seiner Rechten, irgendwo in der nasenbetäubenden Parfümwolke, saß Elma. Über ihm hallte das Aufeinanderprallen eines Dutzends Sprachen von der vergoldeten Decke wider und ließ die Kronleuchter, die in einer Reihe hingen, erzittern.
    Fast beneidete Alex diese Kronleuchter. Zumindest war die Luft dort oben frei vom Gestank des Bouquet Impérial Russe.
    »Sie sieht recht wohl aus, nicht wahr?« Elma klang leicht nervös. »Mr Beecham war ganz und gar gegen diese Reise, aber sehen Sie nur, wie fröhlich sie zu sein scheint!«
    »Gewiss doch«, sagte er trocken. Gwen schien so fröhlich wie eine dieser wahnsinnigen mechanischen Puppen zu sein, die in Madam Montesques Haus der Wunder Kinder terrorisierten. Inzwischen machte der arme Italiener den Eindruck, als würde er allmählich von einem Hagelsturm niedergerungen. Was um alles in der Welt erzählte Gwen ihm denn da? Wahrscheinlich eine unentwirrbare Mischung aus Komplimenten über seine Person und Erklärungen bezüglich ihrer erfolgten Befreiung.
Gestern habe ich eine Serviette auf den Boden geworfen und ein Glas zerbrochen. Heute habe ich mein Gesicht bemalt. Und morgen, man kann nie wissen, morgen könnte ich auf den Bürgersteig spucken …
    Wenn sie das tat, wischte sie es hinterher auf. Darauf würde Alex wetten.
    »Mr Beecham war überzeugt, wir würden sie nicht aufmuntern können«, sagte Elma ein wenig verzweifelt. Lieber Gott, jetzt rückte sie näher. Er wandte das Gesicht ab, um kräftig durchzuatmen. »Aber ich sage Ihnen eines – er hat so wenig Verständnis für das Herz einer Frau. Im letzten Winter dachte ich, ich würde an Schwermut sterben, so schrecklich trüb war das Wetter. Wochenlang kein einziger Sonnenstrahl. Aber eine kleine Ferienreise hat er nicht einmal in Erwägung gezogen. ›Du kannst im Wintergarten Karten spielen‹, hat er zu mir gesagt. Nun, um Gwens willen habe ich mich dieses Mal durchgesetzt. Ich habe ihm gesagt: Was kann Paris schon schaden? Selbst wenn sie dem Viscount über den Weg läuft –
er
wird sich hüten, ihr zu nahe zu kommen. Und jetzt sind
Sie
hier. Nun müssen wir uns über gar nichts mehr sorgen! Nicht wahr?«
    Alex verzichtete auf einen Kommentar. Er sah eine Vielzahl von Dingen, über die man sich durchaus Sorgen machen konnte. Er wartete noch immer auf eine Antwort des peruanischen Handelsministers. Die Frau, die er vor Kurzem gebeten hatte,
diskret
zu erfragen, wem das Haus in der Rue de Varenne gehörte, erzählte ihm gerade Geschichten über ihren Mann. Und der
vin ordinaire
an diesem Tisch trank sich dicker als Stierblut.
    Letzteres hätte ihn nicht sonderlich gestört, würden ihn nicht beide Frauen mit der Begeisterung hartgesottener Seeleute trinken.
    Alex griff nach seinem Glas Sodawasser. »Das hier ist eine schöne Pariser Sitte«, sagte er und kippte die Hälfte des Wassers in Elmas Wein. Dann streckte er den Arm aus und goss die andere Hälfte in Gwens Glas. Der Italiener warf ihm einen flehenden Blick zu. Alex lächelte maliziös.
    »… kaufe alle Blumen in Paris«, sagte Gwen soeben, »und fülle ein ganzes Hotel damit! Wäre das nicht schrecklich lustig? Ich denke, dann wären alle gezwungen, sich wegen des Niesreizes woanders einzuquartieren!
Sie
würden doch nicht niesen, oder? Sie scheinen
viel
zu männlich, um niesen zu müssen.«
    Gott im Himmel. Jemand musste ihr wirklich beibringen, wie man flirtete.
    Elmas Atem wehte an sein Ohr. »Ja, Sodawasser, eine sehr gute Idee. Dass ist Gwens drittes Glas heute Abend; sie hat sich vorhin schon eines aufs Zimmer bringen lassen. Ich wollte sie davon abhalten, das heißt, ich habe
versucht
, sie davon abzuhalten, aber sie hat zu mir gesagt, dass
ein
Glas nicht schaden könne, was vermutlich richtig ist. Man sagt, Wein mache das Blut dicker, nicht wahr? Und sitzen gelassen zu werden zehrt an der Verfassung.« Eine Spur von Angst huschte über ihr

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