Suche nicht die Suende
die warme, dunkle Höhle ihrer Handfläche. Heiß und weich, ein wenig feucht; ihr Schweiß würde besser riechen als jedes Parfüm. »Du musst es mich wissen lassen«, sagte er, und seine leise Stimme ließ etwas in ihm zusammenzucken; er klang selbst betrunken.
Ihre Augen weiteten sich leicht, als er ihre Hand streichelte. Er beobachtete es. Er beobachtete alles und jedes an ihr: Seine Sinne fühlten sich an wie Bänder, die miteinander verschlungen waren und plötzlich mit großer Kraft bis zum Zerreißen gespannt wurden. Sie waren so in ihrem Fleisch verankert, dass sich jede noch so kleine Bewegung, die sie machte, in seinen Nerven fortsetzte. Und das war …
Es war so quälend wie die Hölle.
Ich weiß, wie man flirtet
, hatte sie zu ihm gesagt. Hatte ihn gewarnt, höchstwahrscheinlich.
»Das ist aber kein Flirten.« Seine Stimme klang prägnant genug, um sich wieder zu konzentrieren. Abrupt ließ er ihre Hand los und schaute demonstrativ zu Elma hinüber. Aber in Wahrheit stellte er einfach seine Fähigkeit auf den Prüfstand, etwas anderes anzusehen, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, auf irgendetwas anderes als Gwen.
Jesus Christus.
Die Schlaflosigkeit zermürbte ihm das Hirn.
Als ihre Hand seinen Arm berührte, musste er sich zusammenreißen, sie nicht fortzustoßen. »Was?«, fragte er kurz. Jetzt wäre eine gute Zeit für Elma, wieder ängstlich zu werden, aber nun war sie zu sehr damit beschäftigt, sich von ihrem amerikanischen Tischnachbarn bewundern zu lassen.
»Was habe ich falsch gemacht?«
Er wandte sich ungläubig um. Gwen sah durch das, was zwischen ihnen geschehen war, ganz und gar nicht verunsichert aus. Weit davon entfernt. Herrgott, sie
grinste
.
»Du hast gesagt, es wäre kein Flirten«, sagte sie ernst. »Ich möchte wissen, an welcher Stelle ich etwas falsch gemacht habe. Hat es etwa so ausgesehen, als würde ich mich nicht zu dir hingezogen fühlen? Habe ich nicht genügend Komplimente gemacht?«
»Es war kein Flirten«, sagte er knapp, »weil du den Eindruck gemacht hast, du würdest sofort deine Röcke heben, sobald ich eine Münze auf den Tisch lege.«
Eine Sekunde zu spät bedauerte er diese Worte. Sie waren einem Zorn entsprungen, der sich nicht missdeuten ließ: Seine gottverdammte
Eitelkeit
war davon verletzt gewesen, wie unbeteiligt sie ausgesehen hatte.
Sie versteifte sich und wurde blass.
»Es tut mir leid«, sagte er ruhig. »Verzeih mir, Gwen. Das war eine abscheuliche Bemerkung.«
»Ja«, sagte sie. Ihre Unterlippe zitterte.
»Die passend gewesen wäre, wenn sie gestimmt hätte«, fügte er hinzu. »Aber das tat sie nicht. Du hast sehr gut geflirtet. Das gebe ich zu.«
Ihr Versuch zu lächeln misslang. »Behandle mich nicht von oben herab, Alex. Nicht
jeder
von uns ist dazu geboren zu wissen, wie man mondän und kultiviert ist. Einige von uns müssen diese Tricks erst lernen.« Sie blickte auf ihren Teller. »Ich – ich versuche nicht, jemanden zu verführen, ganz gewiss nicht. Aber ich habe dir gesagt, dass ich … einfach nur ein bisschen Spaß haben möchte.«
Die Worte lösten plötzlich Ungeduld in ihm aus.
Spaß.
Was für ein naives kleines Ziel. Durch irgendeinen unerklärlichen Umstand ging sie ihm unter die Haut. Wäre er noch zwanzig, vielleicht hätte er es dann genossen, ein oder zwei Wochen lang ihr Amüsement zu sein. Wenn er ein gänzlich anderer Mann wäre, könnte er einen Vorteil aus ihrer Unschuld ziehen, könnte ihr Verlangen gegen sie wenden, es ausnutzen und für seine Bemühungen drei Millionen Pfund verlangen.
Dieser Gedanke klang nach, ärgerte ihn. Sie auszunutzen wäre so leicht. »Gwen«, begann er, aber als sie aufschaute, verstummte er.
Sei vorsichtig
, wollte er sagen.
Sei auf der Hut – vor jedem.
Aber welchen Einfluss würde eine solche Warnung haben? Er erinnerte sich nur zu gut an ihr kleines Lachen von gestern, als er über die Gefahr einer Entführung gesprochen hatte.
Sein Gewissen rührte sich. Ein unbehagliches, lästiges Gefühl. Wenn er den Viscount ausfindig gemacht hatte, würde er diesem Stück Scheiße ganz genau zeigen, was Männern widerfuhr, die ihr Wort nicht hielten.
Nun, alles konzentrierte sich auf diesen Ring. Sobald er ihn zurückhatte, gäbe es keine Entschuldigung mehr für Gwen, noch in Paris zu bleiben. Wieder in der Obhut seiner Schwestern würde es ihr gut gehen.
Trotzig neigte sie das Kinn. »Mr Carrega hat angeboten, mir heute Nacht die Stadt zu zeigen.«
Der italienische Bursche?
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